Ohne „Andelle“ und „Lévrière“ kann ein gestandener Fischer nicht in den Mai tanzen…
Auf einem langen 8er oder 10er Haken ein Fundament anlegen und drei bis fünf Fasanenfibern als Schwanz einbinden.
Achtern 20 cm gelbes Nähgarn einbinden und dann einen gelben Körper dubben. Hinten 2 mm, vorne 5 mm Platz vor dem Dubbing lassen.
Dass man mit einer Maifliegennymphe nicht gut fängt ist eine falsche Mär aus England, die auf einer alten Anpassungsleistung ruht, mit der man die Trockenfischer an den Kreideflüssen nicht noch mehr verärgern wollte. Die Skues Nymphen sind ja so klein und fein, dass man ihnen gar nicht ansehen kann, warum sie so ein Aufreger waren. Sawyer und Kite kamen dann mit Kupfer hinzu, und die Plumbum-Amis brachen später alle Dämme. Heute haben wir Tungsten, und das tiefe Wasser ist nicht mehr der Schonraum, den man den Forellen in alten Zeiten zugestand. Selbst Kite hatte noch formuliert, dass die Maifliegennymphe zu erfolgreich sei und man folglich auf sie verzichten solle. Ein Gedanke, dem ein Czech-Nympher mit drei Ein-Gramm-Nymphen am Schleudervorfach wohl nicht zu folgen vermag. In Frankreich fischen viele Angler „nymphe au toc“ mit einer leichten Stippe, die Rolle ganz hinten, damit man sich besser recken und strecken kann, und da kann man so scharf gucken wie man möchte, es macht kein Mü Unterschied, was für eine Rute man in Händen hält. Es war für Jahrzehnte ein offenes Geheimnis, dass ein kleiner gelber Streamer stromab gefischt an englischen Kreideflüssen so ein Art Handgranate ist. Verbotener Köder, verbotener Winkel, die Forellen sind so chancenlos wie ein kaltes Schnitzel in der Fastenklinik. An französischen Flüssen war und ist dem nicht so, denn dort gab es in den 40er Jahren noch Profifischer für Hotels und Restaurants und natürlich einen anderen Kodex. Damit komme ich zur Ausgabe Nr. 1854 von „Repertoire des Mouches Artificielles Francaises“ von Jean-Paul Pequenot aus 25000 Besançon, 19, rue de la Cassotte. Ein Buchgeheimtipp aus den 70er Jahren, im alten Stil so gedruckt und gebunden, dass man jede Seite aufschneiden musste. Darin auf Seite 14 die „Andelle“, und weiter vorn ein stilbildendes Foto. Die Fliege erfüllt eindeutig die Kriterien eines Streamers, denn der rechnerische Bezugspunkt für Streamer ist ja der Normalhaken und dann die doppelte Länge im Erscheinungsbild der Fliege. Kann man hier noch einmal nachlesen: Streamer und Bucktail. Nun ist aber die „Andelle“ eindeutig imitativ gebunden, und darum bewerte ich das Muster als Nymphe. André Ragot hatte die Fliege 1946 und 1947 zusammen mit anderen Fischern aus Rouen und Gisors erfunden, und an den Flüssen Andelle und Lévrière hatte man sie erprobt. Die „Lévrière“ wird ganz ähnlich gebunden wie die „Andelle“, hat aber eine beige Entenfeder um den Leib und eine Grousehechel vorn. Der Körper kann sein wie man mag, und gelb, beige, braun und orange haben sich bewährt. Der Faden aber, mit dem man die Hechel hinten bündelt, hat gelb zu sein. Da ist die Bindeanleitung sehr deutlich. Die Perlenpest hat leider auch vor diesen schönen Mustern nicht halt gemacht, und so gibt es sie mit dem üblichen Goldkopf. Zum Glück, muss man sagen, denn man sollte die leichten und die schweren bei sich führen, die leichte Nymphe für den imitativen Schlupfeinsatz, die schwere Nymphe vor und nach dem Hatch, zum Fluss absuchen. Am See fängt sie auch.
Eine Stockentenseitenfeder als Hechel einbinden und den Bindefaden kurz festlegen und kappen.
Er stört nämlich enorm bei dem was jetzt kommt. Die Entenhechel schön um den Körper verteilen und dann hinten mit der gelben Seide abbinden. Der Fadenzipfel ist wichtig. Nur so fängt die Nymphe. Sagte jedenfalls Monsieur Bitton, den alte Traunfischer vielleicht noch kennen.
Zuletzt den Bindefaden wieder anlegen und die „Andelle“ mit einer grauen Rebhuhnhechel und einem Whip abschließen.
Die „Lévière“ wird ganz genau so gebunden, aber mit einer beigen Körperabdeckung und vorn mit einer Grousehechel.
Möchte man die Nymphen tiefer fischen, einfach einen Goldkopf zufügen.
Ingo Karwath