Man kann ganz gut ohne Pelz leben. Aber kann man ohne Fell überhaupt binden?
Haben Sie schon einmal überlegt, welchem einzelnen Material außer Stahl Sie die meisten Fische verdanken? Es gibt ein paar Anwärter auf diesen Platz, und ich nehme an, dass Pfauengras, schwarzes Floss, rote Wolle oder brauner Hahn zu den Favoriten gehören, aber wenn ich all die Jahre durchdenke, komme ich doch zu keinem eindeutigen Ergebnis. Bei den Forellen könnte es durchaus graues Dubbing sein, genauer Bisam, immer noch aus dem großzügigen Stück, das Oberstudienrat Matschke aus Göttingen mir einst schenkte. Er war in einem meiner Bindekurse – ich war Student und brauchte das Geld – und hatte den Mantel von einer Tante. Dubbing hat einen nicht zu unterschätzenden Marktanteil beim Bindematerial. Ich bin immer ganz verwundert, was es kosten kann, nur ein paar Tütchen zu bestellen. Ich habe Hunderte davon im Haus, auch noch so ganz alte Sachen wie fertige Dubbingstränge von Palu, und der geringste Teil ist Naturdubbing. Das liegt daran, dass es ja so viele Tiere und Pelze nicht gibt. Damit ist das Reizwort gesagt und wir müssen uns ihm stellen. Pelze! Die beliebtesten Dubbings sind u.a. Bisam, Biber, Hase, Kaninchen, Opossum, Maulwurf, Grauhörnchen, Waldmurmeltier, Mink und Seehund. Bei jedem Tier stellen sich ganz unterschiedliche Emotionen und Assoziationen ein, da wir es wie Hase und Kaninchen aus der Küche kennen, es wie Maulwurf, Bisam und Nutria als mindestens störend empfinden, es niedlich finden wie die Hörnchen, unangenehme Dinge wie die Robbenjagd oder Pelztierfarm assoziieren oder es so fremd finden wie Biber und Opossum. Direkt gegenüber der Gaula Lodge von Per tummelte sich jahrelang ein Biber. Als er dann eines Jahres nicht mehr zu sehen waren und wir Gäste nachfragten, sagte einer der Guides: Der ist sicher eine hübsche Mütze geworden! Das kam nicht gut an. Nun denn, welche Einstellung man zu Pelzdubbing haben möchte, muss man selber wissen. Ich stelle mal der Reihe nach vor was es so alles gibt und enthalte mich fast jeder Bewertung. Aber vorher noch ein Wort zur Aufbereitung. Naturdubbing sollte man nicht geschoren in Tütchen kaufen. Und man beurteilt es nicht von oben, wie ein Modemacher, sondern von unten, wie ein Automechaniker. Die Grannen, die ja einen Pelz ausmachen, interessieren uns überhaupt nicht. Man schneidet ein Stückchen Fell zurecht und zupft dann alle Grannen aus. Das ist viel ökonomischer als das Dubbing mit einer Dubbingharke herauszukämmen. Der Tipp kommt von A.K. Best, und das ist der Fliegenbinder, dem ich mich jederzeit und mit größter Bewunderung unterordne. Und da bin ich ja nicht in schlechter Gesellschaft.
Biber – Beaver
Biber soll recht schmackhaft sein und wird in Kanada und Finnland gern gegessen, vermutlich auch in Russland, aber als Europäer fehlen uns da die Erfahrungen. In Ländern mit gesicherter Verbreitung gilt er als jagdbares Wild und ist also legal im weltweiten Bindehandel zu finden. Auch bei uns. Es steht also die eigene Entscheidung an, ob man die Legalität akzeptiert und mit Biber bindet, denn längst nicht alles was legal ist, ist ja auch in Ordnung. Biber hat im Dubbing eine hell- bis mittelgrauen Färbung mit einem zusätzlichen Farbstich ins Braungelbe oder im Ansatz Blaue. Das Dubbing ist mit das wertvollste Material auf dem Markt und gilt als das beste Dubbing für Trockenfliegen. „Bleached Beaver“ ist zwar durch Bleiche etwas denaturiert, aber immer noch das Original.
Bisam – Muskrat
Bisam hat in der Unterwolle eine blau- bis schiefergraue Farbe mit in Beige- und Brauntönen auslaufenden Spitzen. Genau das macht sie so besonders. Die Struktur ist noch weicher als Biber, ähnlich wie Kaninchen, und das Haar lässt sich hervorragend dubben. Man erkennt beim Blick auf die Unterseite sehr schon den Farbverlauf, der Naturdubbings ausmacht. Die Grautöne, Beigetöne und Brauntöne mischen sich später am Haken für uns fast unsichtbar, aber wohl nicht für die Forellen. Dubbing ist wie eine lautlose Hundepfeife. Wir hören nichts, aber der Hund kommt. Und wir sehen nichts, aber die Forelle beißt. Es ist viel wertvoller als sein Preis und sein Image, und nur weil die Deich- und Dammuntergräber beim Landratsamt als Plage gelten sind sie am Bindetisch trotzdem gern gesehene Gäste. Jedenfalls gut durchgegerbt.
Dachs – Badger
Der Dachs wird eher für seine Grannen geschätzt, mit denen man sehr schöne Lachsfliegen und Streamer binden kann. Dachsgrannen waren einst die Unterlage bei den ersten „Sunray Shadow“. Sie sind die europäische Antwort auf Silberfuchs und ein ebenso wertvolles Material. Alte Rasierpinsel auf Flohmärkten sind die ideale Quelle. Dachsdubbing ist sehr lang und changiert vom Weißen ins Beige, höchstens Hellbraune. Es spinnt sehr gut und lässt sich prima beimischen. Am Haken verarbeitet kann man es von Opossum fast nicht unterscheiden, eignet sich aber eher bis Größe 16. Opossum ist etwas feiner und kann ab da übernehmen.
Känguru
Ja, Skippy, was entscheiden wir denn da. Kängurus gelten in Australien ja nur darum als Plage, weil sie in Landschaften, die zur Viehhaltung kaum geeignet sind, den Kühen und Schafen das Gras wegfressen. Prämienjäger schießen sie zu Tausenden ab, hängen sie in Kühllaster, und so landen sie letztlich auf dem weltweiten Hundefuttermarkt. Das ist für uns Europäer, die vor einem Beuteltier eine gewisse Ehrfurcht haben, schwer annehmbar. Kängurus sind ein Symbol von Fürsorge und Mütterlichkeit. Das mag verklärt und falsch sein, aber man kann sich selbst ganz einfach testen, wenn man mit Känguru bindet und das Dubbing so richtig klasse findet, dann ist es okay. Hat man im Ansatz ein schlechtes Gewissen, dann nicht. Außerdem sollte man bedenken, dass es über 60 Arten Kängurus gibt und der Packungsaufdruck „Känguru“ mehr als lächerlich ist. Natürlich nennen manche Anleitungen aus Australien und Neuseeland Känguru, aber warum man 18.000 Kilometer entfernt damit binden muss, erschließt sich nicht. Lieber Marc-Uwe Kling lesen.
Maulwurf – Mole
Der Maulwurf bringt sogar extrem tierliebe Menschen gegen sich auf, hat er es erstmal bis unter ihren Rasen geschafft. Er steht bei uns unter Schutz, wird aber im Mutterland des Rasens, in England, stramm verfolgt. Damit er flott durch seine Gänge rutscht und flutscht, hat er ein grannenloses Fell aus kurzen dunkelschokograuen Haaren. Es fasst sich an wie Samt und Seide und hat dem weichen Stoff Moleskin seinen Namen gegeben. In der Verarbeitung sind die weichen Haare dann aber sperriger als zunächst angenommen und lassen sich schwer dubben. Ohne Wachs geht es kaum. Bindet man das Material in einer Schlaufe ein, nimmt man ihm einen Teil seiner Superkraft, nämlich den durchscheinenden Faden. Natürlich kann es gelingen eine völlig undurchsichtige, kompakte Dubbingnudel aus Maulwurf zu spinnen, die jedoch mit jedem anderen grauen Dubbing austauschbar wäre. Es gilt hier das Gegenteil von Alpecin, ich will meine Haare verlieren, und je schütterer sich der Maulwurf um einen Faden schmiegt, je fängiger wird er sein.
Nerz
Der Europäische Nerz ist vom Aussterben bedroht und seit 2011 als kritisch bedrohte Art gelistet. Nur in sehr abgelegenen Gebieten in Europas Osten gibt es noch Bestände. Darum beschäftigen wir uns nicht einmal theoretisch mit seinem Fell.
Mink
Der Amerikanische Nerz ist, was die Bedrohung angeht, das Gegenteil vom Europäischen und hat sich in vielen Regionen als Schädling etabliert. Tausende sind aus Pelztierfarmen ausgebrochen und haben in Schottland und Skandinavien große Populationen gebildet. Man findet verschiedene Naturfarben von beige, braun, grau und schwarz, und auch fleckige Mischungen. Das Tier gehört nicht in die europäische Natur und verdrängt und gefährdet andere Marderarten. Das Dubbing vom Mink ist etwas steif und eignet sich nicht für Kleinstfliegen, denn die Grannen wird man nicht völlig los, lässt sich aber optimal rückfetten und ist ein ideales Sedgedubbing.
Amerikanisches Opossum
Das Amerikanische Opossum hat eine sehr helle, langhaarige Unterwolle in einem Farbverlauf von weiß zu hellem graubraun. Das Dubbing eignet sich darum ideal als Beimischung zu anderen Unterwollen, die man aufhellen oder besser spinnbar machen möchte. Das Opossum ist in den USA ein jagdbares Wild.
Australisches Opossum
Das Australische Opossum hat die gleiche Qualität wie sein amerikanischer Kollege, ist aber in der kräftigeren Unterwolle dunkler und zeigt einen Farbverlauf von beige zu dunklem anthrazit. Diese Tierchen haben sich in Neuseeland zu so einer Plage entwickelt, zum Nachteil vieler schützenswerte Arten, dass es auf den beiden Inseln berufliche Opossumjäger gibt. Unser Dubbing kommt darum oft aus dem Land der großen Forellen, und derweil man damit eine Nymphe für bayrische Forellen bindet, sollte man dankbar bedenken, dass man schon mal in einem Bundesland fischt, von dem andere träumen. Aber mit diesen Nymphen einmal dort zu fischen, wo das Dubbing herkommt, ist wohl unser aller Traum.
Seehund – Seal
In unserer aller Köpfe, so wir alt genug sind, stecken vermutlich noch die Bilder der „Robbenjagd“ auf dem Eis von dem kanadischen Festland. Man steuerte von See aus die Eisfelder an, und mit Knüppeln, an denen ein Haken war, erschlug man die auf dem Eis liegenden, gerade erste geborenen Robben. Mit dem Haken wurden sie zu Sammelstellen gezogen. Robbenjäger war ein Beruf auf dem Eis des schon leergefischten Meeres. Der weiße Schnee, das rote Blut, die Kindergesichter der Robben, gehäutete Babyrobben neben ihren Müttern, die Schleifspuren und überhaupt die ganze Brutalität der Jagd schufen eindrückliche Bilder. Viele Tierschützer, allen voran Brigitte Bardot, protestierten gegen die Robbenjagd, und die EU verschärfte mehr und mehr ihre Einfuhrregeln. Trotzdem werden in Kanada bis zum heutigen Tag jedes Jahr etwa 350000 Robben erschlagen und vermarktet. Die wirtschaftliche Bedeutung tendiert zu Null. Felle und Fleisch erbringen keine Million. Angeblich kann das Robbenschlagen den Kabeljaubeständen helfen. Ich halte das für Unfug. So, und nun kommen wir, denn natürlich kam das hochgelobte Sealdubbing genau aus dieser Quelle, aus den Trimmings des Fellhandels. Der britische Bindehandel griff darum auf schottische Quellen zurück, aber nachdem die USA unlängst schlicht verkündet haben, wenn ihr weiter Robben schießt, dann wollen wir euren Lachs nicht länger, ist da Endzeit angesagt. Naturschutz und Export/Import wurden verknüpft. Eine richtig gute Idee. Um es kurz zu machen: Seal ist out! Ich binde nicht damit.
Grauhörnchen – Grey Squirrel Fuchshörnchen – Fox Squirrel
Squirrel allein wäre eine lustige Überschrift, oder, als ob man die zehn amerikanische Hörnchenarten unter einen Deckel bekommen könnte. Unter Auslassung der acht, mit denen man eher nicht bindet, verbleiben zwei: Das Grey Squirrel und das Fox Squirrel. Das amerikanische Grauhörnchen gehört nicht in unsere Natur und macht unserem europäischen Eichhörnchen das Leben schwer. Es hat in Italien einen Brückenkopf angelegt und macht sich daran die Alpen zu überwinden und zu umgehen und wird in den nächsten Jahrzehnten bei uns ankommen. In Großbritannien ist es schon weit verbreitet. Hat man dann eines im eigenen Garten, bitte trotzdem nicht mit dem Luftgewehr zur Tat schreiten. Erstens Ordnungswidrigkeit, die Kugel kann das Gelände verlassen, zweitens Straftat, nämlich Tierquälerei und töten ohne Grund. Beides ist ernst. In Amerika werden Grauhörnchen ganz normal bejagt, in Großbritannien als Schädling verfolge, und so ist das Dubbing im Bindehandel frei verfügbar. Das Fox Squirrel hatte das Pech von Dave Whitlock mit einer Nymphe als Bindewild bekannt gemacht zu werden und ist in den USA in den meisten Staaten ein normales Jagdwild. Gerade für junge Jäger, also Teenager, sind Fox Squirrel oft der Einstieg in die Jagd. Für die frühen Siedler waren Fox Squirrel ein begehrtes Alltagsessen. Nun denn, nicht unsere Welt. An der Basis von Squirrelschwänzen findet man eine schöne Menge, mit der man das Material gut antesten kann.
Eichhörnchen
Unser Eichhörnchen ist ebenso possierlich wie geschützt, ein Liebling der Kinder und Senioren. Es versteht sich von selbst mit seinem Fell nicht zu binden.
Waldmurmeltier – Woodchuck
„How much wood would a woodchuck chuck if a woodchuck could chuck wood; a woodchuck would chuck all the wood if a woodchuck could chuck wood.“ Dieser bei wohl allen Englischlehrern bekannte Zungenbrecher bezieht sich auf Punxsutawney Phil, das aus Film und Fernsehen bekannte Waldmurmeltier, auch Groundhog genannt. Die Unterwolle des Woodchucks ist braun, die Grannen sind gebändert in schwarz, braun, wieder schwarz und weiß. Die Grannen sind wegen der „Ausable Wulff“ von Francis Betters in Bindekreisen berühmter als das Dubbing. Die Unterwolle eignet sich gut für Fliegen mittlerer Größe, und hat einen Farbverlauf von anthrazit zu beige. Man müsste schon sehr intensiv mischen, wollte man diesen Ton anderweitig herstellen. Ist der Film jedoch über den heimischen Bildschirm geflimmert, sollte man Frau und Kindern gegenüber nicht mehr erwähnen, womit man da gerade bindet. Sonst grüßt Sie täglich Ihre Familie nicht mehr. Entlassen wir also den verschlafenen Punxsatawney Phil wieder in seine Höhle. Seine Vorliebe für Gemüsegärten wird ihm ohnehin einen gefährlichen Sommer bescheren.
Kaninchen – Rabbit
Hier muss man zwischen dem weißen Kaninchen und dem Wildkaninchen unterscheiden. Das Weiße lässt sich eigentlich nicht mehr als Naturdubbing qualifizieren, ist aber als ideales Färbefell vermutlich das am meisten benutzte Dubbing überhaupt. Es steht mehr oder weniger unentgeltlich zur Verfügung, lässt sich maschinell entgrannen und dann färben und scheren. Das Dubbing lässt sich sehr leicht verarbeiten und Wachs ist eher hinderlich als nötig, so gut spinnt die Wolle. Es eignet sich besonders gut für Trockenfliegen oder als Beimischung, wenn man einer Naturfarbe etwas beimengen möchte, was diese nicht hat, etwa gelb zu grau. Das Wildkaninchen wird nicht nur von Kindern mit dem Hasen verwechselt, sondern ist auch am Bindetisch dem Hasen sehr ähnlich. Allgemein kann man sagen Kaninchen ist etwas grauer, Hase eher etwas brauner. Auch Wildkaninchen wird gern überfärbt, neuerdings auch mit Pflanzenfarben, zum Beispiel mit Zwiebelschalen. Wer sich dafür interessiert findet bei den Wollfärberinnen im Internet schöne Anleitungen, und man kann verschiedene Äste, Rinden, Knollen und Blätter auch kaufen. Ein Naturdubbing im eigentlichen Sinne hat man aber nur dann, wenn man am ungefärbten Leder den unveränderten Zustand erkennen kann.
Hase – Hare
Die berühmte Hasenmaske ist neben dem Goldfasanschopf sicherlich das archaischste Bindermaterial in unseren Kisten. Am Schopf ist ja der Schnabel mit dran, und die Hasenmaske mit Ohren und Vibrissen, den Schnurrhaaren, sehen aus wie Beutereste vor einer Höhle mit Jungfüchsen. Beides sollte man Kindern im Grundschulalter nicht zumuten. Die finden uns sonst unsympathisch. Die Hasenmaske ist jedoch seit mehr als 200 Jahren das Dubbing schlechthin. Man findet auf ihr vom „Hares Ear“ bis hin zur Körperwolle alle möglichen Wollen, mit denen man Forellen fangen kann. Halford hat die berühmte „Hares Ear“ Trockenfliege einst ausgelistet, weil er sie zu nymphig und insektenübergreifend fängig fand. Sie fing praktisch immer. Das passte nicht in sein System. Hasenwolle hat wenig und kurze Grannen und die können auch gern im Dubbing verbleiben. Sie lässt sich exzellent spinnen und ergibt eine braungraue Melange. „Hares Ear“ dagegen, der Rand der Hasenohren, ist das wollige Äquivalent zur spanischen Hechel. Es sieht aus, als hätte man eine Pardohechel zerschnibbelt und als Dubbing benutzt. Die Haare sind sehr kurz, die Farbunterschiede hoch, und man hat braun, schwarz und weiß in einer Mischung, als würde man Licht und Schatten einbinden. Kauft man das Dubbing denaturiert, also geschoren in einer Tüte, entgeht einem leider die Qualität des direkten Pickings. Aber man steht vor seinen Kindern besser da.
Zusammenfassung
Nachdem nun die Wände und Türen zum Escape Room „Dubbing“ fertig verbaut und vernagelt sind, oder besser gegerbt und vernäht, und Sie leichtfertig innen stehen blieben, stellt sich die Frage nach dem Ausgang. Muss man alle diese Dubbings bevorraten und sind sie unverzichtbar für bestimmte Fliegen. Obwohl ich es als junger Fliegenfischer so gern glauben wollte, fängt Material an sich keinen Fisch. Wir möchten solche Dinge glauben, aber sie stimmen nicht. Denn das Ziel ist das Ziel, nicht der Weg. Will man eine bestimmte Fliege binden, dann ist eine Musterfliege der beste Kompass. Ein Foto, ein Film, eine Maling, eine Zeichnung, eine kluge Beschreibung, alles hilft uns weiter, und auch eine Materialliste ist immerhin eine vage Richtung. Aber wenn da Biberdubbing steht, und ich nehme exakt das Gleiche, muss meine Fliege der Musterfliege nicht entsprechen. Vielleicht habe ich ein Stückchen Dachs, mit dem ich dem Original viel näher komme. Wenn ich das verarbeite und mir den Wechsel nicht merke, wird das nie jemand herausfinden. Es ist die Farbe, die den Fisch fängt, nicht das Tier. Vielleicht noch Struktur und Anmutung, aber nicht das Tier.
Unsere Altvorderen, allen voran Skues, haben mit akademischer Präzision und predigenden Urteilen Dubbing untersucht und beschrieben. Mischungen, wie die zur „Tups“, wurden erst nach dem Ableben des Erfinders preisgeben. Ich bin eingeschüchtert von der Tatsache, dass sich wirklich große Geister mit den Schattierungen irgendwelcher Fellfusel beschäftigten. Wer bin ich, da meine Stimme zu erheben. Aber selbst ein Zoologe wäre nicht in der Lage, eine Auswahl von verschiedenen grauen Unterfellen dem jeweiligen Tier zuordnen zu können. Beim Dubbing ist der Tiername sozusagen ein Oberbegriff, und bindet man mit dieser Anweisung, ist man schon einmal auf dem grundsätzlich richtigen Fell unterwegs. Vielen Fliegenbindern ist auch die Originalität, die Authentizität ihrer Fliege wichtig. Eine „Opossum & Copper“ ist ohne Opossum nie und nimmer echt. Es gibt also im Grundsatz zwei Wege. Den praktischen, struktur- und farborientierten. Ich mische alles, auch Kunstfasern, bis ich den Effekt habe. Und den nicht minder praktischen, aber traditionellen und rezepttreuen. Ich binde mit Fell und akzeptiere die Verschiedenheit der Natur. Aus Erfahrung kann ich sagen, dass beim Dosenkiebitzen altbekannte und rezepttreue Fliegen deutlich mehr Interesse finden als die schönsten Neuerfindungen und Varianten. Die grundsätzliche Frage, ob man überhaupt mit Pelz binden möchte, sollte jeder Fliegenbinder mit ja beantworten. Wer mit Kunststofffliegen Löcher in Fische macht gewinnt ja bei Peta auch keinen Blumenpott, oder.
Ingo Karwath