Der schwarze Aal

Für den März empfiehlt der „FliegenBinder“: Abwarten und Aale binden.

Das Binden imitativer Fliegen machte 1982 einen Fortschritt, von dem wir heute noch profitieren. Dave Whitlock brachte sein Buch „Guide to Aquatic Trout Foods“ heraus, und vom Wasserfloh bis zum Salamander ist seither kein Tier mehr vor uns sicher. Wir imitieren alles. Eine wichtige biologische Grenze interhalb des Fliegenfischens war für lange Zeit die Wirbellosigkeit. Die allermeisten Federtierchen, mit denen wir Forellen täuschen möchten, haben ein wirbelloses Vorbild, in der Regel ein Insekt. Flohkrebse und Asseln kommen hinzu, aber mit dem Streamer sind wir dann auch schon bei den Wirbeltieren.

Dem Hechthaken ist eine Tauchperle aufgeschoben worden und der Schwanz aus ca. 12 bis 16 Straußenfibern mit einer Umhüllung von schwarzem Kunsthaar ist schon eingebunden.

Whitlock öffnete das Fenster noch weiter zu den Neunaugen, Aalen, Schlangen, Kaulquappen und Salamandern, und, wirbellos, den Egeln. Diese Tiere fasst er als Kategorie 4 zusammen und bietet uns als Gruppenmuster „Chamois Swimming Leech“, „Lampeel Matuka“, „Eelworm Streamer“ und den „Fur Strip Streamer“ an. Natürlich immer mit Whitlock vor dem Fliegennamen.

Einen Zentimeter weiter rechts verteilt man ein Bündel Bucktail um den Haken, bindet beidseitig 3 Fibern „Lateral Scale“ ein und umhüllt wieder mit Kunsthaar. Dieser Bindevorgang bringt den Faden fast bis zur Perle.

Aale sind also ein bald vierzig Jahre alter Hut unter Forellenfischern, die allerdings mit der natürlichen Größe ihren Kummer haben. Whitlock schreibt er habe nie einen Aal unter 20 cm in einem Forellenwasser gesehen, ist aber zuversichtlich, dass eine 2 kg Forelle den lecker findet. Da kann der Hechtfischer nur leise auflachen, denn Hechte lieben Aale von größerem Format. Die Hersteller von Wobblern haben folgerichtig den „Real Eel“ erfunden, schwer wie ein Pilker, lang wie ein Unterarm. Dieser Idee folgten alsbald auch die Fliegenfischer, und besonders in Irland am Shannon entstanden interessante Aalstreamer. Auch aus Italien habe ich Muster gesehen, dafür weniger aus den Hechtländern Schweden und Finnland.

Nun werden wieder 12 bis 16 Straußenfibern so eingebunden, dass sie nach vorn zeigen. Es entsteht ein Art Taille zwischen Perle und Hakenöhr. Hier legt man eine große Marabouhechel fest und bindet sie ein.

In Anlehnung an die berühmte „Steelhead Taco“ ist nun als Grassroot-Muster ein Aal entstanden, der mit schwarzen Straußenfibern gebunden wird. Das ist ein teurer Spaß, denn Straußenfeder ist ein wertvolles Material. Ein 15 cm Stück für reicht für etwa vier bis fünf Streamer und kostet 4 Euro. Andererseits ist das verglichen mit den Preisen von Hechtfliegen ganz okay, wenn der private Binder für 1 bis 2 Euro Material einsetzt. Wir sind keine Buchhalter, wir sind Fliegenbinder, und müssen das nicht durchrechnen. Darum, ran an den Aal. Zum Räucheraal trinkt man in meiner Heimat ein paar Löffel Korn und reinigt sich damit zum Abschluss auch die Hände. Vor vielen Jahren, als mich Bertil Ekholm Erb von „Flugfiske i Norden“ einmal besuchte, war ich mit ihm im „Spieker“ einen Aal essen. Als wir zum Abschluss einen Korn in die Hände bekamen, war Bertil echt überfordert und machte ein Gesicht wie Don Camillo in der Klemme. Er hätte den guten Stoff wohl gern aus der hohlen Hand geschlabbert, machte dann aber was wir alle taten und rieb sich die Hände sauber. Noch jahrelang hat er davon erzählt.

Zum Abschluss schiebt man mit Epoxy einen Stonfo-Kopf auf. Er legt die Straußenfibern nach hinten um und bekommt in diesem Fall als Kontrast zum schwarzen Aal schöne rote Augen. Den Widerhaken andrücken und mal messen: 18 cm!

Ich habe das gerade zum Anlass genommen nach fünf gebundenen Aalen einen Korn zu trinken. Was mit Rauch geht, geht auch mit Federn. Außerdem hole ich mir morgen einen Aal. Davon zu schreiben genügt mir nicht.

Ingo Karwath