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Diese Nymphen sind wie Stan Libuda. Sinnlos sich ihnen in den Weg zu stellen.

Die Tschechische Nymphe ist eine Polnische Nymphe, die sich umgezogen hat. Die Weltmeisterschaften im Fliegenfischen 1985, man mag die Worte kaum tippen, so idiotisch klingt das, wurde von den Polen dominiert. 1989 dann wieder die Polen, und Vladi Trzebunia wurde mit seiner Methode und seinen Nymphen innerhalb kürzester Zeit berühmt, und arbeitete in den Folgejahren mehrere Saisons als Entertainer beim NFC an der Gaula. Guide wäre zu viel. Oder zu wenig. Seine geklöppelten Nymphen ließ er in Polen von gut ausgebildeten Binderinnen herstellen und die Qualität erinnert ein wenig an die teuren Hank Roberts Nymphen aus Guatemala. Den zweiten Platz machten 1985 die Tschechen, damals noch ungeteilt, und in den Jahren bis 2021 haben die Tschechen dann 10mal gewonnen. Nach meiner Auffassung haben die Polen den Trend gestartet, wurden aber von den Tschechen sauber überholt und überrundet. Ein technischer K.O. sozusagen, denn die gut vernetzte tschechische Marketing Offensive hat den polnischen Anteil etwas zu sehr vergessen lassen. Eigentlich führend im Pokalfischen sind in den letzten Jahren die Franzosen, die 9mal obsiegten. Man kann also die Methoden nur sehr schwer voneinander trennen, und die schlauen Amis versuchen das erst gar nicht und nennen alles zusammen Euronymphing. Das subsummiert natürlich auch Skues und Sawyer, und vielleicht sollte man klassisch und modern doch unterscheiden. So ein bisschen Blei unter dem Dubbing gibt es nämlich schon lange. Die Wettkämpfe der Fliegenfischer sind zwar letztlich eine Marketing Veranstaltung, aber ein großes Nationenlernen noch dazu. Geheimnisse werden ausgeforscht, abgekupfert. Eine deutsche Mannschaft kann sich schon darum nicht qualifizieren, weil Wettkampffischen bei uns verboten ist und also keine Vorausscheidungen möglich sind. Nur die doppelte Staatsbürgerschaft wäre ein Zugang. Na ja, und die übliche Thekenmannschaft. Sei’s drum, wer nie gewinnen kann, kann auch nie verlieren.

Green Bobesh. Haken: Czech Nymph Gr. 10 bis 14; Bindeseide: braun; Rückenschild: Scud Back, grün; Innenrippung: Mylar, pearl; Außenrippung: Nylon 0,14; Körper: Dubbing, grün; Thorax: Dubbing, Hasenohr natur.

Green Handsome Bobesh. Haken: Czech Nymph Gr. 10 bis 14; Bindeseide: braun; Rückenschild: Plastik, grün; Rippung: Nylon 0,14; Körper: Dubbing, abgestufte Grüntöne; Thorax: Dubbing, Hasenohr natur.

Hares Ear TB Bobesh. Haken: Czech Nymph Gr. 10 bis 14; Bindeseide: orange; Rückenschild: Latex, mottled brown; Innenrippung: Goldmylar; Außenrippung: Nylon 0,14; Körper: Dubbing, Hasenohr; Thorax: Tungstenperle, schwarz, dann Dubbing, Hasenohr oliv.

Light Olive Hermit. Haken: Czech Nymph Gr. 10 bis 14; Bindeseide: schwarz; Rippung: Nylon 0.14; Rückenschild: Scud Back, klar; Körper: Dubbing, Hasenohr, helloliv; Thorax: Dubbing, Sealersatz, schwarz.

Die Siegertechnik dieser frühen Jahre kann man getrost Tiroler Hölzl nennen, nur eben mit der Fliegenrute rausgeschlenkert. Nun ist aber die FIPS Mouche ein Teil der CIPS, und die Jungs befassen sich auch mit Wettbewerben für Speerfischer. Sie wissen also, wie man schwere Jungs reguliert, und so gibt es Regeln. Die Rute darf 12 Fuß lang sein, das Vorfach höchstens doppelt so lang. Die Schnur muss mindestens 0,55 mm dick sein und muss ein Coating haben, einen Kunststoffüberzug. Haken dürfen bis zu 40 mm lang sein, jeglicher Überstand mit Gewicht ist verboten, Fliegen auf Haken bis 20 mm dürfen 5 mm dick sein, Fliegen auf Haken über 20 mm 4 mm dick. Eine Perle mit 4 mm ist erlaubt. Man darf drei Pitzenbauer Ringe im Vorfach haben und drei Fliegen benutzen. Widerhaken sind verboten. Ich glaube nicht, dass Halford, Skues und Sawyer, dass Gordon, Leisenring und Flick sich das hätten vorstellen können. Aber, ziehen wir mal kurz einen Strich und schauen, was uns an Vereins- und Kartengewässern alles erlaubt ist, muss man schon sagen, das Ereignis WM ist wasserdicht reguliert. Von wegen 10 Gramm Endblei mit Sandüberzug. Ja, gut, gab es mal, aber man hat schlau nachreguliert. Die erlaubten Längen und Durchmesser reduzieren das mögliche Gewicht, und die Natur gibt den Rest hinzu. Natürlich kann man mit dem Durchmesser an die Grenze gehen um das Gewicht zu haben, aber man verliert das sinkende imitative Profil. Das haben die Tschechen, die auch 1985 schon mit den Polen an der Methode dran waren, besser verstanden als der Rest der Welt. Nur die Franzosen, klug wie immer, blieben auch dran und fügten mit ihrem Vorfach und den Schrotkornnymphen später entscheidende Aspekte hinzu, auch wenn letzterer Erfindung wohl spanisch ist. Eine schlanke Nymphe an einem dünnen Vorfach, dazu noch mit einem glatten Rücken und wenig Fusel, sinkt sehr vorteilhaft ab und imitiert eine Köcherfliegenlarve viel besser als ein 5 mm dicker Fuselwurm. Die Tschechische Nymphe, so wie wir sie heute kennen, ist also der beste Kompromiss zwischen Gewicht und Gestalt, gleichzeitig optimiert den Regeln zu entsprechen und perfekt zu tauchen. Ihr glatter Rücken ist wie ein Apnoe Tauchanzug, ihr Dubbingleib ein Täuschkörper. Ähnlich wie bei der seit den fünfziger Jahren unentbehrlichen Sawyer Nymphe darf man sich von ihrer Schlichtheit nicht täuschen lassen. Sie ist in ihrer heutigen Form mindestens ein Endpunkt und das Ergebnis von einem bald vierzig Jahre gepflegten Willen zu siegen. Tschechische Nymphen haben meist keinen Namen, sondern gehören zu Gruppen und werden mit ihren Materialien benannt. Ich referiere mal die mir bekannte Ordnung.

Definitionen

Czech Faggot. Ja, wie soll ich sagen, da müssen die Verantwortlichen wohl mal alle zum Wochenendseminar mit der Gleichstellungsbeauftragten. Angeblich übersetzt sich das mit Reisigbündelnymphe, aber doch nur für Leute, die sich ihre Hose mit der Kneifzange anziehen. Korrekt ist das die „Schwule Nymphe“ oder auch „Schwulennymphe“, denn mit Reisig redet sich da keiner raus, weil diese Nymphen alle Rosa sind. Das weckt schlimme Erinnerungen an die Zeiten des Rosa Winkel, und bei einem Land, dass von den Nazis überfallen wurde, sollte man mit Faggot, Rosa und Reisig keine Wortspiele spielen. Da hilft nur Farbe bekennen: Ja, das hat sich unter Männern halt so eingebürgert mit Faggot, und nun stehen wir da und tragen die Schuld. War nicht wirklich böse gemeint, aber es hat sich auch keiner bemüht, das in Richtung Barbienymphe, Ferkelnymphe oder Cup Cake Nymphe zu verändern. Die Fettnäpfchen lauern ja überall. So oder ähnlich könnte man sich rausreden, aber es ist vermutlich besser, den Namen grundsätzlich zu radieren und rosa einfach rosa zu nennen. Damit würde diese Familie aufhören zu existieren und könnte bei den anderen subsummiert werden. Eine „Pink Larvae“ wäre dann eben nur das, Rosa halt. Czech Hermit. Dieser Nymphentyp zeichnet sich durch einen zotteligen dunklen Thorax aus, der an den struppigen Bart eines Eremiten erinnert. Prima Name und über jede Kritik erhaben. Wann man den Thorax dunkel und zottelig genug findet, um den Namen zu rechtfertigen, bleibt jedem Binder selbst überlassen. Aber das ist eine Unschärfe, die man gut zulassen kann. Czech Bobesch. Das ist das Grundmuster dieser Nymphen an sich. Um in diese Definition zu gelangen, muss eine Nymphe einen erkennbar abgesetzten Thorax haben und eine ausgekämmte Unterseite. Weitere Details sind möglich, aber nicht nötig. Also auch mit einem roten Punkt und/oder eine Tungstenperle bleibt ein entsprechendes Muster ein Bobesch.  Czech Handsome Bobesch. Das sind die Schönlinge unter den Bobesch Nymphen. Thorax und ausgekämmte Beine müssen sein, aber diese Beautys haben einen Körper aus mehreren Dubbingtönen, mehrere Rippungen und/oder einen Glitzerrücken. Czech Larvae. Sehr schlank gebunden und ohne erkennbaren Thorax. In keinem Fall ausgebürstet. Mit diesen Eigenschaften ist eine Nymphe eine Larvae. Die wenigen Nymphen, die ein bestimmtes Insekt imitieren sollen, kann man entweder unter dieser Gruppe erfassen oder sie einzeln benennen. Meist geht es dabei um die Hydropsyche. Czech Bug oder Czech Mate. Unqualifizierte Namen ausländischer Ignoranten, von den Tschechen nur akzeptiert, weil sie aus den Ländern wichtiger Geschäftsfreunde kommen. Czech Scud. Diese Nymphen sollen einen Flohkrebs imitieren oder karikieren. Es gibt sie in natürlichen Farben, aber auch in bunt oder mit einem farbigen Akzent, der in der Natur ja von Parasiten erzeugt werden kann. Typisch sind diese Nymphen ohne Thorax und mit nach unten ausgekämmten Beinchen. Der runde Rücken wird oft besonders betont. Czech Carrot. Eine Carrot muss eine auffällige Rippung zwischen orange und rot haben, also mindestens ein Knopflochgarn, besser noch Floss oder einen Kunststofffaden. Die Grundform ist in der Regel die der Larve, damit die reizende Rippung nicht im ausgekämmten Dubbing verschwindet. Wild Czech Nymph. Das sind Nymphen, die farblich über alle Stränge schlagen und aus sämtlichen Farb- und Glitzerreizen kombiniert werden, die man so kennt. Ihr berühmtester Vorläufer ist vermutlich die Traunnymphe, und es ist schön zu sehen das grundlegende Überlegungen und Lösungen aus den 60ern bis heute Bestand haben, wenn auch auf einem krummeren Haken. 

Bright Green Disco Larvae. Haken: Czech Nymph Gr. 10 bis 14; Bindeseide: gelb; Rückenschild: Scud Back, klar; Innenrippung: Mylar, pearl; Außenrippung: Nylon 0,14; Körper: Dubbing, grün; Kopf: Facettenperle.

Faggot Larvae. Haken: Czech Nymph Gr. 10 bis 14; Bindeseide: weiß; Rückenschild: Scud Back, klar; Innenrippung: Mylar, pearl; Außenrippung: Nylon 0,14; Körper: Dubbing, pink und weiß.

Brown Larvae. Haken: Czech Nymph Gr. 10 bis 14; Bindeseide: braun; Rippung: Nylon 0,14; Rückenschild: Scud Back, braun; Körper: Dubbing, Hares Ear gefärbt.

Hydropsyche Larvae. Haken: Czech Nymph Gr. 10 bis 14; Bindeseide: hellbraun; Schwanz: Rebhuhn, kurze graue Fibern; Rückenschild: Scud Back, klar; Außenrippung: Pfauenfederkiel; Außenrippung: Nylon 0,14; Körper: Dubbing, tan; Thorax: Dubbing, tan; Hechel: Henne, hellbraun.

Red Tag Black Hermit. Haken: Czech Nymph Gr. 10 bis 14; Bindeseide: schwarz; Rückenschild: Plastik, klar; Rippung: Nylon 0,14; Körper: Dubbing, schwarz; Thorax: Dubbing, schwarz.

Wie man jetzt schon ahnen kann, werden sich wohl keine Eigennamen für Tschechische Nymphen entwickeln, denn ich könnte ja z.B. eine „Handsome Carrot Eremit“ binden“, indem ich bunte Dubbings kräftig orange rippe und einen schwarzen Thorax einbinde. Bei uns ist es ja üblich, eine von einem anerkannten Binderezept abgewandelte Fliege Spezial zu nennen, im Englischen sagt man Variant, und eine „Red Tag“ mit einem blauen Schwänzchen ist dann eine „Red Tag Spezial“. Auch nicht so doll. Das von Karel Krivanek erdachte tschechische System der Benennung ist deutlich viel besser, denn wir haben sozusagen eine Taxonomie, die so etwas wie Klasse, Gruppe, Familie und Art anbietet. Tschechische Nymphe wäre dann die Klasse, Bobesch wäre eine Gruppe, Handsome Bobesch eine Familie, und Green Handsome Bobesch eine Art. Die Hermit passt wegen des Thoraxes in die Bobesh Gruppe. Larvae und Scuds wären Familien unterhalb einer Gruppe, die man Naturals nennen könnte, und imitative Ansätze könnte man unterordnen. Unklare Variationen sind Hybriden. Wilde Nymphen sind Mutanten, die überall vorkommen können. Nicht nötig sie erfassen zu wollen. In der Kommunikation über Fliegen können wir natürlich jederzeit die Macrolinse vom Phone einsetzen und visuell informieren, aber es muss ja auch möglich sein, einem Freund zuzurufen, welche Nymphe man gerade fischt. Natürlich wird eine Polbrille der Zukunft das sowieso nebenbei aufnehmen und man kann es über NFC mit einem Freund zwei Pools weiter stromauf teilen, aber es ist ja doch eine Grundlage des Zusammenlebens, für die Dinge auch Worte zu haben. Vielleicht hilft dieser Ansatz da ein wenig weiter. Die Namensgebung ist tektonisch noch sehr jung und Verschiebungen sind wahrscheinlich. Wörtlich übersetzt heißt z.B. Bobesch verdammt und wird laut ausgerufen, wenn man mit einer „Slovak Sand Bomb“ den Blank trifft. Aber nicht nur die Farben und Bindeweisen variieren, auch die Nymphen innerhalb völlig gleichen Aussehens pendeln zwischen dick und dünn. Die unterschiedlichen Formen von gleichen Nymphen entstehen durch die Unterkörper, bei denen man das Blei entweder nur wickelt oder zusätzlich mit einem Rückenschild versieht, der die Rundung betont. Es gibt auch fertige Bleikörper, die wie eine drittel Olive ausschauen. Die tschechische Gerätebranche ist auf diesen jungen Erfolgen gegründet und hat die Nationen, die mit einem geruhsamen Selbstbewusstsein auf viel älteren, man möchte sagen kulturellen Fundamenten ruhen, mindestens verunsichert. Die Engländer haben sich ganz wacker geschlagen und immer dann die Nase vorn, wenn Stillwasser und ruhige Flüsse eine große Rolle spielen. Aber in all den Jahren hat noch nie ein Ami gewonnen, und das kratzt schon am Selbstverständnis der Tackleverkaufsweltmeister. Dieses Fischen mit der kurzen Schnur und unter Spannung muss man mögen, und da es so gar nicht mein Fall ist, sind meine Kompetenzen am Wasser sehr ausbaufähig. Das liegt daran, dass meine Fischerei veraltet, von gestern, old style, überholt, altväterlich und rückständig ist, und Synonyme gibt’s dazu etliche mehr. Ich lass mich auch damit veräppeln, dass ich nicht wie ein Saugbagger den Fluss herunterkomme und eine Zahl wie 22 raushauen kann. Aber denken Sie mal an den Film „Aus der Mitte entspringt ein Fluss“. Die große Sache darin ist, dass es Reverend Maclean nicht gelingt, seine Söhne Paul und Norman ins theologische Amt zu bringen. Er gibt früh auf bei Paul, macht Norman aber nach dem Studium das Angebot, noch einmal zu studieren. Vermutlich kirchenfinanziert, bei den dort üblichen Kosten. Beide Söhne haben eine andere Religion übernommen, das Fliegenfischen, und nun stellen Sie sich mal vor, die beiden hätten den Bighorn tschechisch befischt. Drei Meter Rute, sechs Meter Vorfach, drei Nymphen. Den Film hätte Ed Wood drehen müssen, Redford hätte abgelehnt. Brad Pitt auch.

Olive Scud. Haken: Czech Nymph Gr. 10 bis 14; Bindeseide: oliv; Rückenschild: Scud Back, grün; Rippung: Nylon 0,14; Körper: Dubbing, oliv.

Yellow Green Wild Larvae. Haken: Czech Nymph Gr. 10 bis 14; Bindeseide, gelb; Rückenschild: Scud Back, orange; Rippung: Nylon 0,14; Körper: Dubbing, Polar gelb und grün.

Orange Carrot Larvae. Haken: Czech Nymph Gr. 10 bis 14; Bindeseide: braun; Innenrippung: Antron, rot; Rückenschild: Scud Back, klar; Körper: Dubbing: orange.

Ingo Karwath