Der Tippet Safe

Wie übersetzt man eigentlich Schnapsidee ins Englische? Shot idea, booze thought, moonshine concept, ouzo impression, brandy perception. Wie gut, wenn man nur brillante Einfälle hat …

Werkzeug und Anspruch sind minimal.

Da es vorkommen kann, mitten im Alltag plötzlich eine gute Idee zu haben, benutze ich seit Jahrzehnten Kladden in DinA 5, um solche Einfälle sofort zu notieren. Zurzeit ist eine gelbe Kladde von Leuchtturm1917 am Start, aber angefangen hat das mal mit der Marke Brunnen. Danach Moleskin, und jetzt ein deutsches Produkt. Made in Taiwan. Es liegt in der Natur der Sache, dass viele Einfälle nie zu einem Ergebnis führen. Allein die Bremssysteme, die ich zeichnete, sind Legion. Aber schaue ich durch die alten Bände, freue ich mich über meine Scribbel und Gedanken und manchmal realisiert sich da doch noch was. Von Edgar Pitzenbauer, mit dem ich in und nach meiner Zeit als Redakteur einige Briefe wechselte, aber die Einladung nach Slowenien leider nicht angenommen habe, bekam ich im Tausch für zwei „Ingo‘s Zucker“, kleine Ethafoamdreiecke mit 24er und 26er Fliegen in den Kanten, passen in ein Trockendosenfach, mal aufgerolltes Vorfachmaterial in rot und zwei Gummischläuche mit gestrecktem Tippetmaterial. Einer war blau. Irgendwo im Haus müssen sie sein, aber ich weiß nicht wo. Herr Pitzenbauer fischte auf Äschen ein zweiteiliges Vorfach aus dem roten Amnesia und einem Tippet, dazwischen der berühmte Ring. Daraus destillierte ich die Idee, Hechttippets so aufbewahren zu wollen und zeichnete allerlei komplizierte Konstruktionen. Zuletzt eine mit Magnethalterung, also ein Neomagnet in einer Aluminiumglocke, und ein Stahlring oben an der Tube. Das würde bestimmt funktionieren und wäre auch hübsch, aber um die Idee zu erproben, kaufte ich einen Meter 16 mm Schlauch im Baumarkt und schnitt 30 cm ab. Ein Ende gerade, eines schräg. In das schräge Ende machte ich ein Loch, und siehe da, man konnte die Tippets in einen Karabinerhaken an der Lanyard hängen und den Schlauch überziehen und ebenfalls einhaken. Jetzt können die Tippets nicht mehr knicken oder mit ihren Drahtenden Wolle aus dem Pullover ziehen. Als ich damit erstmals am Wasser erschien, zog das Ding einigen Spott auf sich, von wegen „na, Ingo, lässt mal wieder einen raushängen“ und so. Aber mal ehrlich, wer keinen Spott abkann, sollte nun wirklich nicht fliegenfischen, denn darüber sind wir Stockwedler doch erhaben. Und einmal mehr fand eine komplizierte Idee ihren Meister in einer einfachen.

Das Ergebnis ist, jedenfalls für meine Fischerei, enorm praktisch. Shock-Tippets im Bauchladen. Man könnte den Schlauch auch unten verschließen und die Tippets nur einwerfen und auf die Schwerkraft vertrauen. Doch auch Lenin hätte den Karabiner gewählt.

Ingo Karwath