Wachs yourself

Kolophonium, Bienenwachs und Rizinusöl sind erfreulicherweise einfach zu erwerben, aber insgesamt doch etwas teuer.

Ein Hobbyimker mit Verdauungsproblemen, der zudem Geige spielt, ist uns anderen bei dieser Sache weit voraus, aber mit ein paar Klicks im Internet holen wir ihn locker ein. Ich weiß ja nicht, wie Sie es mit Wachs halten, aber ich bin ein überzeugter Verwender von Wachs und Lack. Man sieht jedoch sehr viele Bindevideos, bei denen beides nicht benutzt wird, und ich vermute dieser schlampige Stil ist weit verbreitet. Wachs ist die kleine Schwester von großen Bruder Lack, und hält und schützt und verfestigt ausreichend gut für viele Aufgaben an verschiedenen Haltepunkten. Lack, den der kundige Fliegenbinder früher aus alten Filmresten selbst fertigte, wird auch „cement“ genannt und sorgt für eine anständige Verklebung. Der auf dem Kopf sichtbare Lack, für den ich ja bekannt bin, ist dabei viel weniger wichtig als der unsichtbare Teil, der sich in die Fliege hineinkapillierte und für inneren Halt sorgt. Die kleine Schwester kann aber etwas, was der große Bruder nicht kann, und das ist halten, greifen und klettern. Ein gewachster Faden kann über Schrägen gewunden werden, an denen ein ungewachster Faden abrutscht, und klammert überhaupt besser und fester. Ein gewachst eingebundener Flügel lässt sich schwerer aus den Wicklungen ziehen als ein ungewachst überwundener. Bis auf den heutigen Tag trauere ich dem alten Overton Wonderwax nach, dass in der Qualität irgendwie verschwand und nicht wiederauftauchte. Aber es gibt ja die beiden Formeln 721 und 522, mit denen man selbst zur Tat schreiten kann. Man braucht Kolophonium, Bienenwachs und Rizinusöl. 70 Gramm Kolophonium, 20 Gramm Bienenwachs und 10 Gramm Öl ergeben ein festes Wachs, 50 Gramm Kolophonium, 20 Gramm Bienenwachs und 20 Gramm Rizinusöl ein weiches Wachs. Für das harte Wachs kann man eine Gießform für Miniseifen kaufen, und erhält wunderbare kleine Portionen. Für das weiche Wachs kauft man sich Lippenstifthülsen. Eventuell gleich für den ganzen Verein. So ein Gebinde sind schon mal 50 Stück. Das Kolophonium mit dem Wachs und dem Öl erhitzt man vorsichtig mit einer Unterplatte auf dem Herd. Besser man ist dabei allein. Wachs hat einen Zündpunkt von etwa 200 Grad, und den sollte man nie niemals nicht erreichen. Sonst geht die Sache hoch. Ist die 721 Masse heiß, geschmolzen und schön homogen gerührt, füllt man sie in die Förmchen. Bei 522 kann man auch etwas warten, bis die Masse an Sauce Hollandaise erinnert. Es ist überhaupt von Vorteil, wenn man sich mit Saucen auf Eibasis auskennt, dann könnte man erst ein Vanilleparfait machen und dann die Küche für sich missbrauchen. Aber Vorsicht bitte, und die Mengen klein halten. Im Ernstfall Ruhe bewahren und Deckel auf den Topf tun, und schon ist ein Wachsölfeuer aus. Ich übernehme, in bester amerikanischer Manier, keine Verantwortung für eventuelle Nachahmung.

Ich habe 210 Gramm Kolophonium abgewogen.

Hinzu kommen 60 Gramm Bienenwachsperlen.

Und 30 Gramm Rizinusöl.

Das langsame Erwärmen dauert etwa 10 Minuten. Nach 5 Minuten schmilzt das Kolophonium. Nach 10 Minuten hat man eine homogene Masse.

Die fertige Mischung kühlt in einer Eiskugelform ab.

Ingo Karwath