Hechte, Hänger und überhaupt die Gesamtsituation lassen den schönsten Vorrat schwinden.
Eine perfekt gefüllte Fliegendose ist ein flüchtiger Moment, nicht zuletzt deshalb, weil immer ein Quäntchen Zweifel bleibt, ob man nicht doch dieses oder jenes Muster lieber hätte binden oder nicht binden sollen. Aber das sind warme Gedanken, trockene Gedanken, Lehnstuhl – und Heizungsgedanken, denn steht man bei pfeifendem Westwind im Bodden, dann ist es mit jeder Spitzfingerigkeit vorbei. Völlig egal wie ordentlich die Fliegen gesteckt sein mögen. Da heißt es aufrecht bleiben, stark bleiben, positiv denken, und rechtzeitig den Kopf einziehen, wenn man fühlt da kommt was. Ich trage beim Hechtfischen zwei Fliegenmatten mit mir herum, von denen ich eine gerade frisch durchgearbeitet habe. Sie enthält je fünf Muster von: „Pike Kicker“, „Northern Light“, „Schwarzer Aal“, „Le Broc“, „Baitfish 2.0“, „Little Purple Dude“, „Motoroil Minnow“ und acht „Vid Gäddsara“ (untere Reihe, rechts nach links, dann oberere Reihe, rechts nach links). Schon mit dieser Auswahl kommt man recht weit, wie ich aus Erfahrung weiß, aber die Reihen werden sich auch ohne Hecht und Hänger ausdünnen. Alle, wirklich alle Hechtvorfächer, die ich bisher probiert habe, welcher Knoten, welche Hülse und welche Öse auch immer, werfen regelmäßig einen Streamer ins weite Nichts. Entweder nach vorn, das ist Schiet, oder nach hinten, da hat man eine Chance. So wie auch eine Peitsche nicht ewig hält, müssen wir akzeptieren, dass die rohen Kräfte, die am Ende des Vorfachs wirken, irgendwann zu diesem verblüffenden Ereignis führen. Man weiß es kommt, und kommt es dann, schaut man mal wieder doof wie Stan Laurel hinterher. In der Regel bricht das Shock Tippet an unterster Stelle, da wo die ganze Energie ankommt und auf den sturen Streamer trifft. Darum genießt man eine schöne Hechtfliegenauswahl so lange es geht, und ein Bild ist eine hübsche Erinnerung. Ich wünschte ich hätte jedes Jahr eines gemacht, denn meine ersten Hechtfliegen waren noch die, die Norbert Eipeltauer in seinem Streamerbuch empfahl. Meinen ersten großen Hecht fing ich im Schärengarten bei Sölvesborg auf eine Tube mit zwei Kunsthaarflügeln, mittig weiß und vorn hellblau, die ich mit Epoxy bestrichen und Silberflitter gepudert hatte.
Ingo Karwath