Blutspende

Unbedingt! Aber doch nicht für Hechte.

Zange, Hakenlöser, Hand, die großen Drei. Und die Einzigen.

Es gibt Hechtangler, die betrachten blutende Finger als normal, ja geradezu als Ehrenzeichen für den erfolgreichen Fischer, und das ist eine Einstellung von ungeheurer Blödheit. Im Gegenteil ist es richtig jede Verletzung an sich und auch am Fisch zu vermeiden, und das beginnt mit der Akzeptanz des grundsätzlichen Nicht-Messens! Ein Fisch wird nicht gemessen. Das Ergebnis ist ein völlig belangloser Wert, der aus der Tote-Fische-Zeit überliefert wurde. Welchen Sinn macht denn das ganze Schongehabe und Geplapper, wenn man den Fisch dann umständlich auf eine Matte haut und abmisst, um ihn mit dem Ergebnis 92 wieder schwimmen zu lassen. Man muss schon sehr auf Buchhaltung stehen, um das überhaupt wissen zu wollen. Im Prinzip genügt doch wohl eine Schätzung, die man nach einigen Jahren am Wasser entweder pur drauf hat oder aber durch Anhalten der Rute unterstützt. Da der exakte Zentimeterwert ohnehin nur der Ausgangspunkt späteren Längenwachstums ist, auch als Anglerlatein bekannt, ist doch auch schon der Anfangswert absurd. Wozu den wissen, wenn man später ohnehin addiert. Außerdem ist ein springender 85er wohl deutlich wertvoller als ein träger 95er, wobei ich ehrlich zugeben muss, dass ich bei einem Meterverdacht auch meine Rute anhalte. Vom Ende bis zum zweiten Ring sind es 110 cm, und wenn das auf eine Handbreit drunter einmal hinkommt, freue ich mich. Es würde sehr viel weniger Blut fließen, würde man Hechte nicht messen, und es würden auch mehr Hechte überleben, würde man sie nicht auf Matten legen. Mehr Win-Win geht nicht, und das ist doch wahrlich ein Grund, mit der Messerei aufzuhören. Also, Punkt 1, weniger messen, weniger Blut. Damit kommen wir zum gefährlichsten Hecht, denn das ist der kleine Hecht. Bei ihm liegen die Zähne, die Kiemenreusen und womöglich auch der Hakensitz so nahe beieinander, dass man da tunlichst nicht in die Kiemen greifen sollte. Da ja der Landegriff als cool gilt, glauben viele, das mit kleinen Hechten üben zu können. Aber diese Fische greift man lieber mit dem Opa-Griff im Nacken. In alten Fisch & Fang aus den 60er Jahren sieht man viele Hechtangler, die ihren Hecht am Nacken in die Kamera halten. Knickebocker, Bommelmütze, Hecht tot, so war das damals. Die großen Räuber mussten raus, und heute, mir stockt der Atem, wenn ich das sehe, setzt man selbst am Test Hechte zurück. Jedenfalls wenn Aardvark MacLeod dort für 400 Pfund am Tag Gäste guided. Die Keeper machen es im Januar dann noch so wie früher. Also, Punkt 2, kleine Hecht am Nacken greifen, ergo weniger Blut. Damit kommen wir zur Sportfischerprüfung und der Frage, wie viele Zähne hat der Hecht. Da wir das wissen, gehen wir gleich einen Schritt weiter, denn die 700 oder so Dinger nennt man Fang- und Bürstenzähne. Ein Fangzahn lässt sich nicht mit einem Dorn vergleichen, dem man sich im Garten mal ausliefert. Ein Dorn ist spitz, der Zahn ist spitz und hat Schneiden. Der punktiert nicht, der schneidet, und nur ein Millimeter mehr Tiefe an der Fingerbeere, die besonders schön durchblutet ist, führt zu einer tatortähnlichen Sauerei. Die Hände sind nass, schön weich, und so blutet es, als hätte man sich in der Küche mit der groben Microplane aber so richtig geraspelt. Für diejenigen, die Hecht und Wunden so herrlich manlymanman finden, ist Küchenarbeit mit Raspeln eine hübsche Schonzeitübung. Wer solche Blutungen ganz vermeiden möchte, kauft sich einen Lindy Handschuh. Ich habe einen für die linke Hand, denn ich klemme zur Landung die Rute ab, so’n DIY Halter, schnapp‘ mit rechts das Vorfach, lande mit Handschuh links und ziehe rechts den Hakenlöser aus der Lederhülle. Ist alles gut ausgegangen, halte ich manchmal die Rute noch parallel und schau‘ auf die Länge. Von hinten bis zum ersten Leitring sind es 75 cm, zum zweiten Leitring wie gesagt 110 cm. Das genügt völlig. Ich habe nicht mal ein Maßband. Darum, Punkt 3, Respekt und Handschuh, weniger Blut, eigentlich gar keines. Mit das Gefährlichste, was ein Hecht im Maul hat, stammt von uns, nämlich im übelsten Fall ein 6/0er Haken mit einem 1er Stinger am Titandraht. Am besten schaut man schon vor der Landung wo das alles sitzt. Sieht das nicht gut aus, lässt man den Hecht an lockerer Leine wieder schwimmen. Dann holt man das große Besteck heraus, mit Japanlöser und Seitenschneider, und zieht sich den Fisch wieder heran. Immer auf der Seite zugreifen, die dem Streamer abgewandt ist. Dann muss man schnell entscheiden, wie man operieren will. Den Stinger abzukneifen ist eine Möglichkeit. In der Regel versuche ich erst das größere Problem zu lösen, den tieferen Haken, dann das kleinere, den oberen Haken. Den Hecht schön aufrichten und lange betreuen. Zuletzt, Punkt 4, meide die eigenen Haken. Ich fische auf Hecht ohne Widerhaken und habe da die gleiche Einstellung wie zu allen möglichen Sportsendungen. Ich mag Anfänge und Schlussphasen, Start und Ziel. Den Anfang bekommt man meist gut hin, dann kommt der Teil, wo mal einer aussteigt, und dann der Schluss, die Landung. Backing braucht man selten bis nie, und hat man die vollen hundert Prozent einfahren können, schwimmt ein Hecht des Weges, der von sich glaubt, einem viel größeren Kollegen entkommen zu sein. Glück wird er nicht fühlen, aber wir, Hände heil, Hecht heil, alles gut. Punkt 5 könnte noch sein Courage. Ein auf Teppichboden heruntergefallener Wobbler ist viel gefährlicher als ein Hecht. Während sich der Angler im Wohnzimmer sorglos beugt, schaut uns das Meterkrokodil blutrünstig an. Aber während sich gerade große Hechte meist sehr gut benehmen, hat der Wobbler mit dem vorderen Haken im Teppich eingeschlauft und der Angler punktiert sich mit dem hinteren am Boden fest. Also, nur zu, wird schon. Sich nicht zu verletzen, und das in keinem Fall billigend in Kauf nehmen, ist das oberste Gebot. Hechte sind da eine prima Übung für Barrakudas, und auch andere Tropenräuber können kraftvoll zubeißen. Die Hechtanglervereinigungen in GB und den Niederlanden sind übrigens der Auffassung, dass Bogagrips für Hechte nicht in Frage kommen und setzen das Gerät einem Gaff gleich. Wer so ein Teil hat, ich z.B., sollte es pensionieren. Allein bei Bluefish ist es angeraten. Keine Verletzung heißt keine Infektion, und damit ist nicht zu spaßen. Wird Ihnen jeder Reisemediziner auch so erklären. Wenn es doch einmal passiert, siehe hier: Dr. Feel Good

Falls man doch mal spendet.

Ingo Karwath