Pricing

Wie man Rollen einpreist.

Bogdan Reels. Die Wide Baby ist sehr gesucht, die völlig schwarze Large Trout ist selten, die Steelhead ist etwas begehrter als die Trout. Die Schätzung ist nur wenige Monate gültig. Die Tendenz ist Up.

Alle Leserinnen und Leser, die in irgendeiner Form Wirtschaft studiert haben, bitte ich vorab um Entschuldigung. Ich habe von ihrem Fach keine Ahnung, bin nach Ansicht von Frau und Tochter ein Finanzchaot, was ich abstreite, und hau‘ hier trotzdem in die Tasten. Ein norddeutscher Leser fragte mich dieser Tage, wer in Deutschland seriös Rollen bewerten würde. Meine Antwort ist einfach: Niemand! Das ist eine DIY Aufgabe. Rollen und Sammler, sprich Käufer, treffen vor einen Hintergrund aufeinander, den man vage bestimmen kann. Dazu muss man im Internet nach Angeboten oder Verkäufen schauen, die das zu bewertende Rollenmodell betreffen. Bei Spinoza Tackle oder Lang Auction in den USA, bei Turner Tackle oder Freemann‘s in UK. Von dort kommt sozusagen der Takt. Märkte in anderen Sprachräumen sind weit weniger wichtig. Japan vielleicht, aber die Sprachbarriere macht es fast unmöglich, dort Einblicke zu generieren. Ebay ist eine zusätzliche Quelle, aber mit Vorsicht zu genießen. Mit den eingestellten Fotos und der eigenen Fachkenntnis ist man da mindestens auf dem Hochseil. Bei einem Profi-Zwischenhändler kann man sich der Echtheit einer Rolle und ihres Zustandes sicher sein. Aber ein Zwischenhändler kalkuliert mit 30 bis 40 Prozent von oben in seine Tasche. Wenn Sie also für Ihre Bogdan Large Steelhead 2000 Euro haben möchte, stellt der Händler sie für 3000 Euro ein. Das sind dann 900 Euro für den Händler, 2100 Euro für den Verkäufer, und es ergibt sich im Prinzip ein Einkaufspreis und ein Verkaufspreis. Würden sich Verkäufer und Käufer direkt treffen, wäre die Rolle benutzt, aber ohne Schäden, 2100 Euro wert. Das geschieht nicht, und darum muss man den Wert der Bogdan mit 3000 Euro annehmen. Der Rollenmarkt ist zusätzlich noch saisonalen Schwankungen unterworfen, und mein Eindruck war immer, dass im Frühjahr mehr Rollen verkauft werden, um Pachten und Reisen zu finanzieren, und im Herbst mehr Rollen gekauft werden, um die Sehnsüchte der Saison materiell mit in den Winter zu nehmen. Hinzu kommt die Konkurrenz um einzelne Modelle, und das erinnert mich an die Geschichte von Udo Hildebrandt, der auf seinen Auktionen lange Jahre erleben konnte, dass allein zwei konkurrierende DAM Sammler die Preise gestalteten. Wenn Sie heute eine schwarze Bogdan 400 linkshand neuwertig bei Spinoza einliefern, schaut man dort in eine Liste von Blindgeboten und schreibt zuerst dem Kunden, der im Prinzip 8000 Dollar dafür ausgelobt hat. Die Rolle kommt gar nicht erst in den offenen Verkauf, sondern wird mit „sale pending“ eingestellt. Wirklich gesuchte Modelle von Bogdan, vom Hofe, A.L. Walker, Otto Zwarg und Charlton sind im Prinzip unerhältlich, weil sie vor der Einlieferung schon verkauft sind. Da stecken nicht nur Sammler dahinter, sondern auch reine Geldanleger. Was also tun, um eine Rolle zu bewerten. Man kann zunächst die Angebote und Verkäufe der letzten 12 Monate anschauen. Da ergibt sich ein mittlerer Preis, sagen wir 2600 Dollar für unsere oben angedachte Large Steelhead. Dieser ungefähre Preis ist der weltweiten Sammlerszene geläufig. Er ist ein Argument, und er wird gezahlt. Ist die Rolle auf deutschem Boden, musste man für bei der Einfuhr Steuern, Zoll und einen Importeur (!) bezahlen, so über den Daumen 650 Euro. Sie repräsentiert also bei uns einen Wert von ca. 3000 Euro, und das wird jeder seriöse Sammler auch so einsehen. Mit Glück, bei konkurrierenden Käufern oder bei einem Käufer, der eine Sammlungslücke schließen möchte, sind 10 bis 20 % mehr möglich. Dann wird die Luft dünn. Ein Jahr würde ich für den Verkauf mindestens einplanen, bei 3000 Euro, und im zweiten Jahr auf 2800 runtergehen. Oder auf 3200 rauf. Festpreis. In einer Auktion müsste man die Gebühr aufschlagen. Wer will die schon selber tragen. Handeln würde ich nicht. Kunst, Antiquitäten und Rara warten eben auf ihren Käufer. Das ist wie Lachsangeln. Der Köder ist halt eine Rolle. Und hier wie dort kann es sein, dass man mal in einem Jahr nichts fängt. Einen Wurm benutzen entspräche dann einem heftigen Rabatt. Liegt man nämlich unter dem Weltmarktschätzpreis, kommt vermutlich flott ein Angebot. 1980 kostete eine Bogdan Steelhead 3.1/4 mit 1.5/32 Spule 252 Dollar. Hätte man vier gekauft, hätte man jetzt 12.000 Dollar. Wer daran denkt mit Rollen zu spekulieren, sollte aber überlegen, dass er mit einer Investition von 1000 Dollar beim Börsengang von Microsoft nun fast 1,5 Millionen Dollar hätte. Das bringt also nichts. Aber ein Leben lang damit fischen und dann dem nächsten Treuhänder überantworten ist der richtige Weg. Gute Rollen pflegt man ein Stück durch die Zeit, und dann ist der nächste dran. Zahlen muss er trotzdem.

 Ingo Karwath