Der Nagel vom Ponoi. Einfach. Schwer. Fängig.
Viele Lodges und Camps auf der Kola Halbinsel schicken ihre Guides mit einem Bindeauftrag in die Winterpause. Das ist im Prinzip ein Spiel mit verdeckten Karten, denn man zieht blind ein Muster und muss dann im Winter 500 oder 1000 Stück davon binden. Da kann man Glück haben, „Sunray Shadow“, oder Pech, „Bomber“. Natürlich wird die Arbeit entlohnt und auch belohnt, denn die Fliegen werden entweder von den Gästen gekauft oder gehören schlicht und einfach zum Service der ohnehin teuren Lodges.
Bei 16.000 Dollar für eine Woche kommt es auf ein paar Fliegen ja auch nicht an. Das Trinkgeld für das gesamte Personal beläuft sich dann pro Gast allerdings auf 1500 bis 2000 Dollar und ist ja auch sehr nett. Viele Lodges haben eigene Muster, und aus diesem Umfeld kommt auch die „Ponoi Nail“. Wie man auf einen Blick erkennen kann ein sorgfältig aufgebautes Muster, überschaubares Material, leicht zu binden, ein tolles Angebot von Farbe und Effektivität.
Form, Farbe und Gewicht lassen einen natürlich vermuten, dass das eine Sinkschnurfliege für die frühen Wochen ist. Dieses tiefe Gefische geht sicher nicht nur mir auf den Geist, und in der Tendenz versuche ich immer viel zu früh viel zu kleine Fliegen zu flach zu fischen. Noch mal nachlesen: Ja, stimmt so, das bin ich. Dabei sind Sinkschnurfliegen gar nicht mein Problem. Ich binde ja selbst und habe genug um damit anfüttern zu können. Aber Hänger am 40er, 45er oder 50 Vorfach sind einfach eine Agonie. Man streckt seine Schnur und belastet alle Verbindungen. Ein Bergsteiger würde seine Ausrüstung nach so einer Belastung aussortieren. Was machen wir – weiterfischen.
Darum neige ich, neigt man dazu, seine Fliege einen Tick zu hoch anzubieten. Die „Ponoi Nail“ könnte helfen, das Problem etwas entspannter zu sehen. Mit einem Single oder Zwilling hat man auch weniger Hänger, das Muster wurde an Tausenden Lachsen erprobt, also runter damit. Tief fischen fängt so viel mehr als flach fischen, würde man es konsequent nur machen, wäre man vermutlich erfolgreicher.
Aber den Biss auf „Sunray Shadow“ und die Rückenflosse hinter einer „Hitch Tube“ bekommt man nie zu sehen. Trotzdem, eine handvoll Nägel sollte man mal binden.
Man muss kein großer Hellseher sein, um die Lachssaison 2020 im Moment verloren zu geben. Die Reiseveranstalter hüten sich jedoch das zu sagen. Der Flugverkehr ist mehr oder minder eingestellt, viele der klassischen Lachsländer, modern sagt man ja Destinations, lassen keine Touristen mehr ins Land. Norwegen berichtet schon jetzt 80 % Verluste beim Export von Fisch, Krusten- und Schalentieren. Das ist ein Mittelwert, denn die Spitzenprodukte, die von Restaurants abgerufen werden, ruhen im Prinzip ganz. Der Angeltourismus liegt wohl ebenfalls in diesem Bereich, also 80 bis 100 % minus. Noch kann keiner sagen was werden wird. Sollten wir wieder Reisefreiheit erhalten, mag sich ja doch der eine oder andere Lachsfischertraum erfüllen. Dass die Situation so dynamisch sei, wird ja von allen möglichen Leuten ständig neu in die Mikrofone gesprochen. Schauen Sie doch mal „7 Tage und 6 Nächte“ mit Harrison Ford und Anne Heche. Ich mag den Film, weil da ein alter Knacker so ’ne tolle Frau bekommt. Sagt jedenfalls meine Frau. Da spricht also Harrison Ford den Satz: „Ein Captain hat einfach nicht mit den Armen rumzufuchteln und laut zu brüllen: Scheiße, wir verrecken hier! Das schafft nicht besonders viel Vertrauen.“ Unser Captain, Frau Merkel, schafft Vertrauen. Ich habe mir überlegt, ob ich die Rubrik „Lachsfliege des Monats“ für 2020 einstellen möchte. Wie bei einem Hurrikan nehme ich die „Ponoi Nail“ und nagle damit dickes Sperrholz vor die Fenster zum Lachs. Ergebnis, ich möchte nicht. Ich habe schon als ganz junger Fliegenfischer Lachsfliegen gebunden, in einer Zeit, in der finanziell nicht im Traum daran zu denken war, an einen Lachsfluss zu kommen. Also mache ich hier weiter. Wir werden wieder fischen. Sollten Sie das anders sehen, möchte ich mit den dargestellten Lachsfliegen natürlich keine schlechte Stimmung schaffen. Zum Ausgleich werde ich hier mehr Trockenfliegen vorstellen.
Ingo Karwath