Die zehn besten Methoden – einen Lachs zu verlieren…

Man darf über die eigenen Fehler durchaus  lachen, und wenn man dann ausgelacht hat, dann macht man sie nicht wieder!

Die erste Methode – der Äschenanhieb

Für einen erfahrenen Äschenfischer, und selbiges gilt auch für den Forellenmann, und noch extremer für den wieselflinken Haselspezialisten, ist das Lachsfischen eine Herausforderung im absoluten Grenzbereich. So ähnlich wie Bergsteigen ohne Schuhe. Ich behaupte mal, dass der flotte Anhieb die wirklich allerbeste Methode ist zunächst einen und dann überhaupt viele Lachse zu verlieren. Das Problem ist einfach zu erkennen und einfach zu lösen. Sollte man meinen. Nach meinen bisherigen Erfahrungen aber sind die flinken Äschenfischer sowohl beratungszäh als auch therapieresistent. Bewährt hat sich die Drei-K-Regel, nach der eine gute Kritik kurz, konstruktiv und konkret sein muss. Ein Beispiel. Nach etlichen verhauenen Lachsen im Cauld Stream des Lees Beat am Tweed schreit man dem eifrigen Angler von der deichartigen Böschung zu: „Hau’ nicht an, du Idiot!“ Worauf der zurückbrüllt: „Ich hau’ ja gar nicht an, du Blödmann!“

Dass die Schnur samt Vorfach und Lachsfliege durch den ebenso schnellen wie auch kräftigen Anhieb weit hinten im Gras hängt, bringt den Drei-K-Ansatz selten voran. Man mag es zwar erwähnen, erhält aber die Antwort: „Das war ich nicht!“ Wie man sich denken kann sind insbesondere Floating- und Intermediate-Leinen für den Äschenfischer ein Problem, weil er damit den Biss so schön sehen kann. Ab Sinking 2 wird das Problem zwar kleiner, nicht aber bei gestreckter Schnur. Da rupfen dann der Lachs und der Angler ebenfalls ohne die so wichtige Pause gegeneinander. Richtig wäre es so. Die Fliege quert den Pool, ein Lachs folgt. Man sieht die Rücken- und Schwanzflosse. Kann gar die Größe abschätzen. Nach drei Tagen ohne Biss kommt nun genug Adrenalin für einen Kampf gegen Tyson. Der Kopf wird sichtbar, ein Schwall, der Lachs dreht ab, die Schnur strafft sich, ein Meter klickert von der weich eingestellten Rolle, und jetzt erst greift man ein, hält die Rolle an und hebt die Rute. Kräftig und zügig, jedoch ohne Ruck.

Das erste Problem – die Lösung

Es gibt zwei Möglichkeiten. Die erste Methode wäre autogenes Training. Nehmen Sie das Rutenunterteil mit Rolle in die Hand. Augen zu. Stellen Sie sich den aufregendsten Biss vor und reagieren Sie richtig, so wie oben beschrieben. Machen Sie dieses Training zweimal täglich für vier Wochen. Es wirkt Wunder. Die andere Methode ist einfacher. Schauen Sie beim Lachsfischen nie zum Wasser und zur Fliege. Rolle weich einstellen, werfen, menden, linke Hand hinter den Rücken, wegschauen. Intellektuell anspruchslos, gewiss, aber sehr erfolgreich. 

Die zweite Methode – der missglückte Wurf

Der Wurf mit der Zweihandrute ist mir zwar seit Jahrzehnten vertraut, aber ein richtig toller Könner bin ich nicht. So viele Wochen pro Jahr fischt man letztlich doch nicht, und ich bin einfach nicht ehrgeizig genug für Trockentraining. Nach einigen Tagen der Übung gut eingeworfen, ausgeschlafen, frisch geduscht und motiviert, ist mein Stil vielleicht sauber und ansehnlich. Zehn Stunden später eher weniger. Hinten zu tief oder zu früh, vorn zu stark oder zu schwach, die Schlaufe zu eng oder die Ebenen zu nah. Es gibt viele Möglichkeiten. Dabei kann jeder irgendwie misslungene Wurf einen verlorenen Lachs bedeuten. Denn jeder dieser Würfe kann den Haken brechen, die Fliege verknoten, das Vorfach knoten oder schürfen und unmittelbar einen Biss oder Drill versauen. Drillverluste durch Vorfach- oder Hakenbruch werden eigentlich nie durch den Fisch verursacht, sondern überwiegend durch einen Vorschaden. Bei den wenigen Chancen, die eine Lachswoche meist bietet, ist jeder Fischverlust geradezu tragisch.

Das zweite Problem – die Lösung

Ist ein Wurf irgendwie misslungen, dann kontrolliert man sofort die Fliege und das Vorfach. Das ist ein störender Vorgang mit einer erzieherischen Wirkung. Muss man zu oft kontrollieren, wirft man automatisch kürzer und sauberer, was beides wegen der besseren Kontrolle und trotz der fehlenden Länge meist einen Lachs ans Band bringt. Ohne die Überprüfung von Fliege und Vorfach, die ich auch nach einer Zahl von guten Würfen immer wieder mache, wird man über kurz oder lang Fische verlieren. Nehmen Sie diesen Vorgang einfach als Pflicht an.

Die dritte Methode – die Leinenschlamperei

Die dümmste Sache, die ich jemals gemacht habe, war die aktive Fischerei mit einer DT 8 Intermediate, die ich daheim nur als Testschnur und ohne sie mit dem Backing zu verbinden auf eine Rolle gespult hatte. Ein Biss blieb mir erspart, aber stellen Sie sich das Gesicht dazu vor, wenn die Endschlaufe haltlos durch die Ringe gelaufen wäre. Das Backing selbst, die Schlaufen und das Vorfach waren neu, aber die Verbindung vergessen ist wie backen ohne Hitze. Das wird nichts. Aber außer diesem grand maleur habe ich schon jede Menge andere Tragödien gesehen, bei denen sich Schlaufen lösten, Schnüre rissen und Backing zerfiel. Kunststoffe sind nicht ewig haltbar. Klebstoffe nicht ewig fest. Die tolle Schlaufe aus der Saison 2020 sollte 21 nicht gefischt werden. Das Backing könnte an einigen Stellen mürbe sein. Hat die Schnur eine Verletzung. Ist das Nylon noch haltbar. Ja, so im Sessel sind das ganz unaufdringliche Gedanken. Aber mit 12 Kilo Lachs an der 6er Blue Charm, mit Puls 130 und amtsärztlich bedenklichem Blutdruck geht es bei diesen Fragen um Ihre Existenz als Lachsfänger.

Das dritte Problem – die Lösung

Vor dem ersten Wurf einer jeden Lachswoche ist es eine heilige Pflicht, die gesamte Leine zu prüfen. Optimisten prüfen die ganzen 250 Meter, Realisten nur die ersten 100. Suchen Sie sich eine ausreichend große Wiese und spulen die nötige Schnur ab. Jetzt Meter für Meter testen, die Schlaufen prüfen und dann alles mit großer Sorgfalt wieder einrollen. Das Vorfach muss stets neu und glatt sein, und immer so stark so möglich. Knoten Sie bei Hochwasser keine Zweizolltube ans 40er, nehmen Sie 50er. In den ersten Minuten des erstens Drill ist die Erinnerung an diesen Vorgang der angenehmste aller Gedanken. Sonst hat man ja Sorgen genug.

Die vierte Methode – lose Hülsen

Hülsen ist das falsche Wort, Steckverbindungen ist wohl richtiger. Ganz früher hat man Spliceverbindungen gewickelt, dann kamen Hülsen in Mode, und heute haben wir Steckverbindungen. Und ich würde nie fischen, ohne sie mit kleinen Wicklungen fixiert zu haben. Es ist doch amüsant, dass eine Lachsrute für 1200 Euro nur dann benutzt werden kann, wenn man für 10 Cent Tape anbringt. Sollte den Ingenieuren eigentlich die Schamesröte ins Gesicht trieben. Doch Spey- und Unterhandwürfe entwickeln Kräfte, denen auf die Dauer weder Hülsen noch Steckverbindungen standhalten. Trotzdem sieht man immer wieder Lachsfischer ohne gewickelte Hülsen. Wenn es später einmal zum Rutenbruch kommt, womöglich im Drill, dann wegen dieser Nachlässigkeit. Mit losen Verbindungen werfen führt zu Vorschäden, die dann im entscheidenden Moment zum Bruch führen können.

Das vierte Problem – die Lösung

Es wird zwar nicht gern davon gesprochen, aber auch in der Lachsszene wird hier und da geklaut. Ich habe meine Ruten und Rollen früher überall stehen und liegen lassen, vor einsamen Hütten in Schottland, vor dem Zelt, auf dem Auto, im Rutenraum eines Hotels. Mit unersetzlichen Rollen wie Bogdan und vom Hofe kommt das nicht mehr in Frage. Auch wenn es dann unbequem ist, etwa wenn man die abgebaute Rute täglich wieder aufbauen muss, sollte man immer, auch wenn man ausschließlich aufrecht wirft, die Steckverbindungen tapen. Völlig egal wie man es macht, von oben nach unten oder auch wieder retour oder sogar gegenläufig und mit untergelegten Streifen, schon eine kleine Wicklung über beide Blankteile sichert die Verbindung gegen jede Lockerheit. Und so muss es sein. Sonst nutzt der Rollenklassiker auch nämlich nichts.

Die fünfte Methode – unsichere Knoten

Ich kenne keinen Lachsfischer, der sich seiner Knoten ganz sicher ist. Ein Restzweifel bleibt immer. Der Clinch oder verbesserte Clinch am Drilling einer Tubenfliege ist für mich der Knoten, über den ich mir die wenigsten Gedanken mache. In der Herstellung narrensicher, während der Fischerei in einer schützenden Hülle verborgen, aus der er nur im Drill mal hervorkommen muss. Der Clinch ist der sicherste aller Knoten, weil er selten oder nie misslingt und jederzeit ausreichend trägt. Das eigentliche Problem ist der Double Turle mit seiner doppelten Schlaufe und dem doppelten Schlag. Das ist ein geradezu sensibler Knoten, der mit absoluter Konzentration gebunden werden muss. Der Turle ist nämlich ein Knoten aus alter Zeit, und Nylon verhält sich nun einmal anders als Seidendarm. Trotzdem ist er nach wie vor für Lachsfliegen mit Öhr unverzichtbar und ich konnte keinen angemessenen Ersatz finden.

Das fünfte Problem – die Lösung

Obwohl ich wie gesagt wenig Ehrgeiz habe, trainiere ich Knoten knoten. Im Verlaufe eines Jahres mache ich sicher 500 oder mehr Turles. Das ist mir so ganz nebenbei am Bindetisch fast zur Gewohnheit geworden. Dabei gewinnt man genau die Sicherheit im Umgang mit diesem wirklich komplexen Knoten, um am Wasser keinen Fehler zu machen. Entscheidend für einen guten Double Turle sind nämlich die Schnurstärke, das Hakenöhr, die Feuchtigkeit, die Vorfestigkeit, der Durchzug und letztlich der Zug am Vorfach und am Schnurende. Ich könnte einen Roman davon schreiben, aber das ist sinnlos. Hier macht nicht die Theorie, sondern die Übung den Meister.

Die sechste Methode – die fehlende Rollenkontrolle

Es gibt da einen wunderbaren Film über einen alten dänischen Lachsfischer, der mit der Pfeife im Mund mit abgeklärter Ruhe in einem norwegischen Fluss fischt. Derweil die Kamera sein Tun filmt und er selbst kommentiert, sieht man für eine ganze Zeit eine um die Rolle geschlungene Schnurschlaufe. Ein Biss hätte einen sofortigen Fischverlust zur Folge. Wird man gefilmt und muss dabei auch noch reden, ist so ein Lapsus entschuldbar, aber nicht wenn Sie und ich eine Woche ernsthaft auf Lachs fischen. Dabei kommt es immer wieder vor, dass sich die Schnur in der Wurfbewegung irgendwie an der Rolle verfängt.

Das sechste Problem – die Lösung

Das passiert mir zwar auch immer mal wieder, aber ich habe da eine bestimmte „Macke“ entwickelt und drehe nach jedem Wurf meine Rute samt Rolle leicht nach außen und schaue nach der Schnur. Das ist mir so sehr in Fleisch und Blut übergegangen, dass ich es unbewusst mache und erst auf einem Video mal sehen konnte, was ich da eigentlich tue. 

Die siebte Methode – kein Plan

Lachsfischen kann mental sehr ermüdend sein und dann zu einer teuren Körperertüchtigung werden. Man zahlt 500 Euro am Tag und macht dafür zwölf Stunden Sport in den Disziplinen Waten und Werfen. Fischen und Sport unterscheiden sich durch einen einfachen Gedanken. Der Fischer hofft auf Fisch, der Sportler nicht. Die Grenze ist sowieso fließend. Ohne Hoffnung ist man Sportler. Man macht immer noch die gleichen Bewegungen wie der Fischer, ist von diesem auch gar nicht zu unterscheiden, denkt aber an Meter und Zeit, an ein Bier an der Tankstelle und ein Hot Dog mit Salsasauce. Der Fischer aber denkt: Gleich fange ich einen! Wie man sich denken kann wird diese Hoffnung von Tag zu Tag schwächer und bedarf der sorgfältigen Pflege. Nur ganz große Könner der Eigenmotivation sind nach einer lachslosen Woche am Samstagabend noch so gut drauf wie am Montagmorgen. Und wenn dann am Samstag um 20 Uhr ein 12 Kilo-Lachs beißt, muss man im gleichen Moment ein vollfitter Fischer sein. Kein müder Sportler. Oft ist der Spuk vorbei, bevor man richtig bei sich ist.

Das siebte Problem – die Lösung

Im Verlaufe einer Lachswoche kann man es nicht verhindern, von Zeit zu Zeit als Sportler zu fischen.  Das muss man akzeptieren, und man kann es auch, wenn man vorher einen Minimalplan macht. Ich überlege mir bei jedem Pool und bei jedem Zustand, in dem ich selbst bin, was ich mit einem Lachs am Band tun würde. Der „Waswärewennplan“. Ich überlege mir vorher, wo und ob ich ein beinbrecherisches Ufer stromab rennen werde, wo ich gegebenenfalls mit dem Lachs ein Stück stromab schwimmen könnte, wie ich wieder an Land komme und wie ich die Leine um welchen Felsen führen könnte. Kommt der Biss in meine ganz müde Phase, dann ist immerhin der Plan schon da. Mir hilft das.

Die achte Methode – zuviel Härte

Ein sehr bekannter Autor hat mal geschrieben, so unter tausend Lachse sollte man ruhig sein und bestimmt nicht vom Lachsangeln schreiben. Ich weiß genau wer, aber ich möchte das hier ein wenig abwertend formulieren. Lachsangeln ist nämlich eindeutig eine Frage von Geld, und ein reicher Depp mit tausend Lachsen ist und bleibt ein Depp. Tausend Atlantische Lachse fängt man mit unbeschränkten Geldmitteln in einem Jahr. Man beginnt in Irland, macht in Schottland weiter, jettet dann zwischen Kola und Island hin und her, nimmt den kanadischen Herbst mit und genießt den Saisonausklang wieder in Schottland. Diese Theorie wird eine Theorie bleiben. Als Zahlenspiel ist sie denkbar.  Wir anderen bleiben zurück mit weniger Drills und weniger Erfahrung, und so konnte ich schon einige Drills miterleben, die nach wenigen Sekunden vorbei waren. Ursache war entweder eine zugeknallte Bremse oder eine mit der Hand blockierte Rolle oder Schnur.

Das achte Problem – die Lösung 

Ich habe mal vor Jahren einen Engländer einen Grilse drillen sehen, und zwar volle 15 Minuten. Das macht etwa 7 Minuten auf ein Kilo, und die Spitze der Rute war kaum einmal krumm. Immerhin, der Fisch wurde sicher gelandet. Man kann es so machen. Besonders schlimm ist dagegen übermäßige Härte in den ersten Sekunden und Minuten. Die ersten Sprünge und Fluchten sollte man immer aus einer Position der Ruhe heraus erdulden oder veranlassen. Manchmal kann man einen Fisch behutsam heranführen oder ein Stück mit ihm gehen. Im Idealfall kann man seine Größe erkennen, vielleicht sogar das Geschlecht. Dann ist man vorbereitet für den Tanz. Sie werden wissen was ich meine, wenn Sie mal ein sehr großes Männchen haken. Sie sind die wahren Gladiatoren. Wie auch immer. Ein Lachs muss viel schwimmen und zäh um seine Haltung kämpfen. Dann verliert er. Rohe Kraft und Härte haben da keinen Platz. 

Die neunte Methode – der Winkelwechsel

Nach einem Lachsbiss kann man nicht wirklich wissen, wo der Haken sitzt. Entweder vorn, und das ist schlecht, oder im Winkel rechts oder links, vom Fisch aus gesehen. Ein Lachs steht in der Strömung mit seinem linken Auge zu unserem rechten Ufer. Fischen wir also vom rechten Ufer stromab, und ein Lachs nimmt die Fliege mit einer Drehung nach links, dann sitzt ihm der Haken rechts im Winkel. Dreht der Fisch im Biss nach rechts, dann sitzt ihm die Fliege links im Winkel. Vom linken Ufer selbiges dann viceversa, und damit wären wir dann so schlau wie zuvor. Es gibt nun Lachsfischer, die ein ganz bestimmtes Beißverhalten vorhersagen und annehmen, die meisten Bisse erfolgen in einer Drehung stromab in Richtung auf das Ufer, auf das die Fliege zutreibt. Andere sehen das anders und weissagen uns die andere Richtung. Wieder andere gehen gar nicht von einer Drehung aus und vermuten ein Auf-und-Ab-Steigen des Fisches. Nun denn, her mit der Kristallkugel. Bedingt durch einen Hakensitz, den wir nicht kennen, kommt es im Drill immer wieder zu Verlusten, weil wir unwissentlich in bestimmten ungünstigen Situationen zu viel Zug auf den Haken aufbauen. Und ganz unspektakulär ist der Fisch weg. 

Das neunte Problem – die Lösung

Ich weiß nur eines mit Bestimmtheit: Ein Lachsbiss erfolgt eigentlich immer stromab vom Fischer, und in dieser Konstellation sollten der Fischer und der Lachs auch bleiben. Man sollte rennen, wenn man stromab zuviel Schnur verliert, und man sollte rennen, wenn der Lachs uns stromauf überholen will. Der Winkel der Schnur sollte stets stromab zum Fisch zeigen, nie stromauf.  Die meisten Drillverluste, die ich miterleben konnte, ergaben sich in der Situation Lachs stromauf vom Fischer. Lässt sich das nicht verhindern, sollte man den Fisch nur mit der Strömung kämpfen lassen und wenig Druck geben. Meine eigene Verlustrate liegt im Schnitt bei geschätzten 15 Prozent, jedes Prozent tut weh, aber das variiert natürlich entsprechend den fischereilichen Bedingungen, sprich Lowwater und Minitubes, bei denen der Fisch häufiger mal aussteigt. 

Die zehnte und schlimmste Methode – die versaute Landung

Der erste Norwegenlachs der vorletzten Saison war ein etwa 6 Kilo schweres Weibchen aus einem unteren Abschnitt. 6er „Blue Charm“, 35er Vorfach, 14 Fuß Rute und 100er Rolle. Der arme Fisch, nicht wahr, chancenlos, und während ich schon überlegte meine Prinzipien zu brechen und an die Räucherei dachte, fiel dem auf der Seite liegenden Fisch so einen Meter vor meiner wartenden Hand die Fliege heraus. Einfach so. Mit einer kleinen Bewegung kam er in die Strömung zurück und tauchte langsam ab. Ich habe diese Höchststrafe mit gesenktem Haupt akzeptiert. Drei Tage ohne Fisch, nun dies. Eine Mischung von selbst Schuld und dummem Zufall, denn ich hatte Methode 9 nicht bedacht und hätte den müden Fisch mit ein paar Schritten stromab mit weniger Druck zwanglos auf mich zutreiben lassen können.  Weit häufiger als so ein ruhiger Verlust ist der schreckhafte Verlust, bei dem der Lachs wegen der Steine unter seinem Leib oder weil er nun den Fischer sieht noch einmal seine Kräfte mobilisiert. Ich kenne Lachsangler, die den Lachs vor der Landung mehrmals aktiv schrecken, um ihm diese letzten Kräfte zu rauben. Und ob nun gewollt oder nicht, bei diesen letzten Drehungen und Fluchten gibt es sehr, sehr viele Drillverluste.

Das zehnte Problem – die Lösung

Ich bin ein Anhänger der Softlandung, wenn Sie so wollen, bei der man zunächst einmal die eigene Aufregung kontrollieren muss. Jagdfieber wäre falsch. Und ich bin dagegen, einen Lachs aktiv zu verschrecken. Vielleicht hat man ja Glück und er schreckt gar nicht. In diesen letzten Minuten drillt man zäh, nie hart, und gibt immer wieder die Richtung zum Ufer vor. Das sollte sein wie ein Drill am Gummiband. Den Fisch weich anlaufen lassen und zunehmend Druck aufbauen. Wird der Druck zu stark, doch noch eine komplette Flucht zulassen. Dann wieder die Gummiphase einleiten. Die Erfahrungen, die man als Meerforellenfischer an der Ostsee macht, haben mich sehr geprägt. Meerforellen sind notorische Kurzfighter. Ohne Strömung und ohne Fluchten könnte man ebenso mit einem Steinbock rangeln. Und so wie man die zum Kescher bekommt, habe ich festgestellt, geht es auch mit Lachsen optimal. Ruhig und zäh, ohne Ungeduld, angstfrei, zuversichtlich. Und dann erst hat man das elfte Problem – räuchern, graven, frisch essen oder zurücksetzen. Dieses Problem verkleinert sich jährlich. Release hat sich als Standard etabliert. Nur für einen Grilse kann es mal eng werden, wenn es zeitlich passt. Aber das ist eine ganz andere Geschichte.

Ingo Karwath