Minutenpopper

Den ersten Hecht wird ein Jungangler wohl nie vergessen, auch wenn es ein kleiner war, und meiner kam aus einem Gewässer der Kniphauser Sielacht in der Nähe von Wilhelmshaven. Ich hatte Gerüchte über gute Fänge in einem Abschnitt gehört, den man Weißer Floh nannte. Bis dahin waren es mit dem Fahrrad etwa 15 Kilometer, aber wir fuhren damals mit vollem Gepäck auch schon mal die doppelte Strecke, um am Ems-Jade-Kanal zu angeln. Mit einem Hi-Lo Wobbler, den mein Vater mir geschenkt hatte, fing ich einen schlanken 55er, und ich weiß nicht ob je ein Hecht mein Herz höher oben im Hals schlagen ließ. Ich war 12. In den Jahren danach folgten weitere Hechte, und wenn ich eine Sache erinnere, dann sind das die Bisse unmittelbar vor den Füßen. Eigentlich fing man nie einen Hecht auf einen weiten, punktgenauen Wurf, auf den man stolz sein konnte, sondern meist dann, wenn der Köder fast schon wieder angehoben werden musste. Selbst in unseren trüben Gewässern war das ein visuelles Erlebnis, oft verbunden mit einem gehörigen Schreck. Obwohl es das Wort in der Jugendsprache damals noch nicht gab, wollten wir Jungs so gerne cool sein, aber die Hechte spielten nicht mit. Die Überfälle auf den Köder kamen überraschend aus dem Nichts, und statt mal wieder wie Peter Stone oder Richard Walker oder Fred Taylor der abgeklärte Erfolgsangler zu sein, stand man mit krummer Rute im Schilf mit einem Puls und Blutdruck, der unsere Jugend verspottete. Dieses Gefühl ist im Laufe der Jahrzehnte zwar etwas milder geworden, aber im Grundsatz ist es immer noch da.

Die Herstellung eines Hechtpoppers aus vorgefertigten Teilen ist, wie man in den USA sagt, nur ein Lüftchen, a breeze.
Trotzdem sehen fertige Popper immer aus wie 10-Dollar-Fliegen.

Der Fliegenköder, mit dem man solche Gefühle auch im Alter immer noch erzeugen kann, ist der Popper. Kein anderer Köder führt so oft zu explosionsartigen Bissen genau vor den Füßen. Ich habe darum die Neigung, häufiger einen Popper ans Vorfach zu „knüpfen“ als in der Situation angebracht wäre. Popper sind doch eher ein Sommerköder, ideal für die Ränder von Kraut und Schilf, ideal in der Nähe von Gestrüpp und Bäumen, Brücken und Pfosten. Die Polder, in denen ich gern fische, sind nicht sehr tief, und auch in der kalten Jahreszeit bekommt man immer wieder Bisse auf den Popper. Er sortiert die richtig aggressiven Fische aus, und ein Biss auf einen an der Intermediate gefischten Streamer ist schön, immer gern, aber ein Popper-Biss erzeugt dieses Jungangler-Gefühl von Glück, Staunen und Hilflosigkeit. Ich mag das. Wer keine Lust hat, lange mit Balsa oder Schaumstoff zu schnitzen, sollte einmal den Bausatz probieren, den die Firma Wapsi auf den Markt gebracht hat. Die Körper sind fertig, und der passende Haken nimmt sie so schnell auf als würde man sich Socken anziehen. Ich verklebe die Teile gern mit 5-Minuten-Epoxy, denn Sekundenkleber kann zu schnell binden und man ruiniert einen Körper und einen vorbereiteten Haken. Den Haken kann man meist retten, den Körper nicht. Ich komme gerade vom Polder, 3. November 18, und hatte einen mittleren Hecht, so um die 70 cm. Deshalb machen diese Zeile besondere Freude. Der Herbst ist der Frühling des Winters, habe ich unlängst gelesen, und darum gibt es keine Ausrede. Wir müssen ans Wasser, Sie und ich. IK

Im Polder greifen sogar die Zander an, selbst wenn sie kaum 3 Pfund haben so wie dieser.