The Wry Fly

Die Kombination von Trocken- und Nassfliege ist ein alter Hut. Jedoch nie unmodern.

Colonel W. Keith Rollo schrieb 1931 in seinem Buch „The Art of Fly Fishing“, dass man, wenn die Forellen Nymphen jagen, eine Nymphe oder eine Nassfliege an die Vorfachspitze knoten solle und darüber eine Trockenfliege als Springer. Zwei Bücher und sechs Jahre später behauptet W.H. Lawrie in „Border River Angling“, er habe die Methode erfunden. In einem Buch, das ich tatsächlich auch habe, nämlich in Dermot Wilson „Fishing the Dry Fly“ von 1957, gibt es einen weiteren Hinweis, und überhaupt soll es mindestens neun Hinweise in älterer Literatur geben, die eine Kombination von Trocken und Nass empfehlen. Man unterscheidet grundsätzlich die Lawrie-Wiggin Methode, Trockenfliege an der Spitze, Nymphe als Springer, und das Rollo-Wilson System, Nymphe an der Spitze, Trockenfliege als Springer. Und Nicholas Fitton schließlich nannte das alles die „Wry Fly“ und fasste im Oktober 1986 in der „Trout and Salmon“ alles mal zusammen.

Rollo-Wilson-Rig. Nymphe an der Spitze, Trockenfliege am Seitenarm als Springer.

Dass ich selber ab 1977 im deutschen Epizentrum dieser Methode fischte war mir damals gar nicht klar, denn sowohl der alte General König und sein Sommergast Dr. Kerstmaker aus Brüssel fischten nur so. Ich war da ein wenig in die Adjudantenrolle geraten, durchaus eine Ehre, und hatte den Vorzug, mit der Gastkarte des Generals eine lange Stecke der Oder befischen zu können. Seine Pacht war nur das Wehr in Hattorf, aber der Herzberger Verein hatte mit ihm verhandelt und man teilte brüderlich alle Kilometer. Unter dem Wehr gab es die größte Artenvielfalt und vor allem die begehrten Aale! Der General war Kursleiter für den Burkart Angelladen in Göttingen, und am Wehr gab es immer mal praktische Übungen und Wasserwürfe. Dabei stand ich als Vorwerfer im Wasser und zeigte die jeweils angesagten Würfe. Die Forellen im ruhigen Wasser galten als unfangbar, aber mit einer „Grey Duster“ ging es doch. Mit meinen speziellen Fliegen hatte ich hier und da brillante Erfolge, aber sowohl König als auch Kerstmaker fingen an den strömenden Stecken viel mehr als ich und es sah auch noch einfach aus. Mir ist nie in den Sinn gekommen, dass ich Zeitzeuge einer unbekannten Kunst war, denn beide fischten die „Wry Fly“, meist eine Carrere Nassfliege unter einer französischen Trockenfliege. 260er Rute, DT 6 F, die Altherrenschnur, Vorfach rutenlang auf 0,20, Fliegen 60 bis 70 Zentimeter auseinander. Lockfliege und Fangfliege, pflegten sie zu sagen. Beide Herren gehörten zu einem losen Club alter Fliegenfischer in Bundrowes, und ich habe irgendwo noch ein Kurszertifikat liegen, weil Udo Hildebrandt und Baron von Staden eines gefälscht hatten und mir mehrmaliges Durchfallen mit schlussendlich glücklichem Rite bestätigten. Hildebrandt, Staden und Karwath bildeten wiederum den „GPYWC“, den „Göttinger Polo, Yacht und Walzer Club“ für beschränkte Mitgliedschaft, der sich ausschließlich dem Fliegenfischen widmete. Sind schon lustige Zeiten wenn man jung ist. Unser unglücklicher Freund Dietrich lebt leider nicht mehr.

Lawrie-Wiggin Rig. Trockenfliege an der Spitze, Nymphe am Seitenarm als Springer.

Ich habe dem General viele Stunden zugeschaut, und er schenkte mir eines Tages seine alte „Pezon“, die Udo an der Spitze flicken konnte und mit der ich dann die Methode versuchte. Leider war ich damals ein unbedingter Anhänger der Einzelfliege und wurde kein Zauberer damit. Aber dass man eine Nymphe hinter einer Trockenfliege nun „Neuseeland-Rig“ nennt und für modern hält, finde ich natürlich lustig. Man kann die Fliegen in alle Richtungen fischen, und eine Strecke stromauf fischen, dann ein Zigarillo am Ufer und stromab zurück war der übliche Ansatz des Generals. Ein gemeinsamer Fischtag mit meinem Freund Preben Torp Jacobsen und den Herren König und Kerstmaker kam leider trotz Verabredung nicht zustande, weil Preben sich bei Udo über Ruten und Bambus verquatscht hatte. Das bedaure ich bis heute. Aber für Preben war ein alter deutscher General wohl auch nicht ganz geheuer, da hatte ich als junger Kerl vermutlich Dinge geplant, für die mir damals das Verständnis fehlte. 

Neuseeland-Rig. Trockenfliege an der Spitze, Nymphe am Hakenbogen angeknotet dahinter.

Ingo Karwath