„Ulven“

Feuer sprühe, Kessel glühe, die „Ulven“ ist ein Zauberstück aus besten Schwestern.

Eine neue Fliege in der Meerforellendose hat es gar nicht so leicht, da einen Stammplatz zu bekommen. Zunächst mal kommt der Lesetest. Man stöbert im Netz bei google, youtube, Insta und Vimeo umher, ob man gute Vibes findet. Dann kommt der Bindetest. Mal schauen wie sie sich bindet, ist es ein schöner, sinnvoller Ablauf. Es folgt der Wannentest. Mal anknoten und vom Stöpsel bis zu Seifenablage zupfen. Ist bis dahin alles gut, kann man fünf Stück binden. Die größte Hürde ist dann der Verdrängungstest. Welche Fliege soll weichen, damit die neue einen Platz bekommt. Hat man das entschieden, bindet man zur Festigung noch mal 20 Stück und verschenkt sie an Freunde. So erhält man vermutlich Fangmeldungen, die man als Nachtest bewerten kann. Haben Sie mitgezählt. Das sind sechs Hürden, und es klingt wie ein logischer Vorgang. Ist es aber nicht. Dann müsste man den Ankauf einer neuen Handtasche ja auch als Logik bewerten, und ich weiß nicht, ob wir auf diesem Weg weitergehen sollten. Hinter der Wahl einer Fliege mag eine diffuse Logik stecken, aber letztlich ist es eine Intuition. Eine plötzliche Bauchgewissheit. Bei mir hat neulich die „Ulven“ die Hürden genommen und steckt nun in der Dose, und eine viel weniger ansehnliche Bärenhaarfliege, die ich „Faulenzer“ nannte, ist in die große Doppeldeckerholzdose umgezogen, die mein Gnadenhof für Ostseefliegen ist. Sie dokumentiert meine binderischen Klimmzüge von Hosengröße 50, da war ich 22, bis jetzt …

Ein paar Wicklungen Blei anbringen, damit das Muster besser eintauchen kann, und hinten eine erste Goldfasanfeder als Hechel einbinden.

Doch zurück von den großen Hosen zu den kleinen Fliegen. Forscht man der „Ulven“ ein wenig nach, stößt man auf so viele verschiedene Bindeanleitungen, dass man an die „Feuerzangenbowle“ denken muss, die Szene wo der Pfeiffer-Rühmann den Professor Crey nachmacht, und jeder dann behauptet der Richtige zu sein. Ganz unabhängig davon, welches Muster man als richtige Urmutter anerkennt, muss man da zu der Erkenntnis kommen, dass die „Ulven“ eher als Serie zu begreifen ist und vermutlich verschiedene Namenszusätze benötigt, so wie z.B. „Red Ulven“, wenn etwa rotes Haar eingebunden wurde. Das absolute Original wird vermutlich so gebunden. Ulven. Haken: Gr. 4 bis 12. Bindeseide: rot. Schwanz: Goldfasan, rot. Hinterkörper: Dubbing, dark purple UV. Hechel: Goldfasan, rot. Flügel: Fuchshaar, grau. Vorderkörper: Dubbing, rainbow mit grau. Hechel: Goldfasan, rot. Flügel: Fuchshaar, grau.

Einen Körper aus Dubbing formen, etwas kürzer als die Hälfte des geplanten Körpers.

Das Bindeprinzip entspricht den irischen Shrimps, und statt der JC-Feder, die man da erwarten darf, wurde hier eben Haar eingebunden. Das jedoch ein Problem ist. Der Name kommt ja nicht von ungefähr, und so darf man vermuten, dass die Fliege außerhalb der Werbepublicity wirklich mit ‚Ulven‘ gebunden wurde! In Skandinavien und auch bei uns ist die Wolfsjagd ein schwer umstrittenes Thema. Wölfe sind ja enorm sympathische Tiere, außer man lebt mit Kindern und Nutztieren mitten unter ihnen. In jedem Fall ist ihr Fell im Bindehandel nicht üblich, und das kann auch gern so bleiben. Da dem so ist, haben Fliegenbinder bei der „Ulven“ zu dem oder jenem ähnlichen Fell gegriffen, und so kamen die Variationen in Gang. Will man nahe am Original binden, sollten die Flügel graubraun sein. Aber man sieht auch braune, rote, weiße, orange, gelbe und grüne „Ulven“, und mit einem Doppelnamen könnte man da Klarheit schaffen. Aber wer bin ich das zu fordern, wo ich die Fliege doch gerade erst eingedost habe. Erfunden hat das Muster der dänische Fliegenbinder Martin Votborg. Und das auch schon vor zwanzig Jahren. Man erkennt Anteile der Schwesterfliegen „Purpil Peril“, „Shrimp“, „Brenda“ und der eher unbekannten „Columbus Punkflue“. Im Grundsatz liegt man als Binder wohl richtig, wenn man das hintere Dubbing aus einem UV Purple irgendeiner Firma bindet, das vordere Dubbing aus einem Rainbow Dubbing gemischt mit etwas grauem Dubbing. Wenn man sich da auf eine bestimmte Marke kapriziert, ist es aber auch okay. Man kann ja dubbingabhängig werden, auf Englisch ‚dubb addict‘, und benötigt dann ‚rehab‘. Da aber für Jahrzehnte keiner das echte Tups-Dubbing kannte und alle mit irgendwelchen Varianten auch fröhlich fingen, glaube ich an eine gewisse Bandbreite. Ich habe das Muster in Größe 8 einsortiert und bin sicher diesen Sommer damit zu fangen.

Jetzt kann man entweder Fuchshaar als Flügel einbinden und dann eine Hechel, oder erst eine Hechel und dann das Fuchshaar. Lässt sich später kaum unterscheiden.

Den Vorderkörper aus dem gemischten Dubbing nicht zu weit nach vorn bringen, sonst bleibt nicht genug Platz für die Hechel.

Das Fuchshaar als Flügel einbinden und die Hechel danach, das ergibt ein kleineres Köpfchen als anders herum. Die Fliege mit Whip Finish und Lack beenden.

Ingo Karwath