Männerdeko

Männer dekorieren anders.

Männer haben einen vergleichsweise geringen Drang ihre Umgebung zu dekorieren, und die meisten von uns haben eine Wahrnehmungsstörung, wenn es darum geht solche liebevollen Gestaltungen auch nur ansatzweise zu erkennen. Das ist natürlich in unserer Stammesgeschichte so angelegt, war doch der Mann, der Jäger, meist außerhalb der Höhle unterwegs, und hatte dann am Abend im Feuerschein nicht mehr die Kraft, hübsche Details in seiner Umgebung zu bemerken. Wir können also nichts dafür, dass wir den von gestern auf heute ausgewechselten Untersetzer mit dem neuen Windlicht auf dem Sideboard überhaupt nicht sehen. Wir gucken da ja nur hin, wenn da Antipasti stehen. Der einzige Bereich, den ein Mann ganz gern mal gestaltet, ist der eigene Schreibtisch, das Büro, das eigene Zimmer. Der „King of Deko“ ist für mich eindeutig der Graf von Egeskov, dem berühmten Wasserschloss auf Fünen, das mit den Kindern zu besuchen keinem Meerforellenfischer erspart bleibt, dem es gelungen ist seine Familie von einem Sommer auf Fünen zu überzeugen. Der alte Graf war Bogenjäger, und er hatte seine Halle mit so vielen Waffen und Trophäen dekoriert, dass höchstens mal ein Blumenstrauß da etwas Weibliches andeuten könnte. Der Raum ist manlymanman! Auf diesem Niveau dürfen wir unsere meist ja doch mit einer Gattin geteilte Umgebung nicht gestalten. Aber der eigene Schreibtisch ist eine unumstrittene Domäne des Mannes, und ich erinnere an den von Helmuth Kohl, der rechter Hand mit etlichen Münzen und Medaillen dekoriert war. Im Regal hinter sicher hatte er zahlreiche Sammlerstücke, und auf dem Tisch meist auch ein paar Bronzen. Vor sich die Stifte, links die Telefone. So sieht es auf den üblichen Schreibtischen ja nicht aus, aber ein klein wenig Deko findet man meist auf jedem. Fotos der Familie, vielleicht ein silbernes Auto, eine hübsche Dose, ein Stein, eine Vase oder was auch immer. Möchte sich ein Fliegenfischer eine Fliege als Erinnerung an seine Passion hinstellen, ist er auf Abgreifklemmen zurückgeworfen, die in einem Holzklotz aufgestellt sind. Das haben vermutlich amerikanische Binder erfunden, denn die ersten sah ich 1985 auf der Conclave in Yellowstone. So eine Klemme kostet kaum einen Euro, und ist eine prima Möglichkeit, die Besucher am Bindetisch vom zerstörerischen Fummeln an den Fliegen abzuhalten. Ich wollte das schon immer mal ansehnlicher gestalten, und eigentlich für Lötvorgänge bestellte medizinische Kreuzpinzetten schienen nun ideal geeignet. Nach ein paar Entwürfen auf dem Zeichenblatt entschied ich mich für eine schnörkellose Variante. Aus einem Stück 6065er Alu drehte ich einen 30 mm dicken, 60 mm hohen Ständer mit einem 12 mm Loch, das die Pinzette aufnimmt. Das Ergebnis konnte sich sehen lassen. Die Pinzette hält von Hakengröße 20 bis 6/0 alles zuverlässig fest. Bei ganz kleinen Haken muss man sie auf der Innenseite ein wenig wachsen. Das füllt die Mikrorillen und sie hält dann auch 28er. Die Wahl der Fliege weckt sofort Emotionen, wenn man dort nämlich ein Muster aufstellt, das schon an den nächsten Angeltrip erinnert. Wenn man dann noch aus dem Büro oder Arbeitszimmer kommt und daheim sagt: Oh, was für ein hübsches neues Windlicht!, kann diese durch ein Stück Aluminium geweckte Aufmerksamkeit nur zu unserem Vorteil sein.

Ingo Karwath