Bitte ein Butt!

„Dar wöör maal eens en Fischer und syne Frau, de waanden tosamen in’n Pißputt, dicht an der See, un de Fischer güng alle Dage hen und angeld: un he angeld und angeld.“

Typischer Plattfischstrand.

Das Zitat werden Sie vielleicht kennen, denn so beginnt das Märchen vom Fischer und seiner Frau, Nummer 19 in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm. Daran wird man denken müssen, wenn nach SPO kommt. In St. Peter Ording lassen sich zwei der besten Gaben des Meeres in Bronze bewundern, nämlich Butt und Granat. Dabei sollte man die Frau mit Schiebehamen und den Mann mit Buttpieker mehr beachten als ihre Beute, denn es ist schon hart, dem Meer mit so einfachen Mitteln ein Leben abzuringen. Nur die Armen zogen mit solchen Fanggeräten ins Watt, und nur in der guten Jahreszeit hat das Meer ihnen freizügig gegeben. In der kalten Jahreszeit aber wären selbst unsere besten Expeditionsleiter an so einem Leben verzweifelt und würden sich in ihre warmen Vortragssäle zu ihren surrenden Beamer zurücksehnen. Wenn Sie nun mit Butt und Granat so gar nichts anfangen können, dann kommen Sie vermutlich aus dem Hinterland des Küstenstreifens des Norddeutschen Bundes und sind nicht am Meer groß geworden. Darum hier mal einer kurzer Streifzug durch die Welt der Plattfische. Da gibt es ja so einige, und selbst unsere Fernsehköche moderieren das Thema Plattfisch nicht so ganz trittsicher. Die Scholle werden Sie sicher kennen, aber die eigentlich besser schmeckende Flunder, auch Butt, wird viel weniger angeboten. Zur weiteren Verwirrung tragen Glattbutt und Steinbutt bei, letzterer sehr lecker, aber danke, vor die Wahl gestellt esse ich lieber Flunder. Die helle Kliesche kommt fast gar nicht in den Handel, und sieben Klieschen im Hafen von Wilhelmshaven waren mein bester Fang als Jungangler unter zehn und also ohne Angelschein. Die teure Seezunge mag ich nur dann essen, wenn es so ein richtiger Brocken ist. Sonst, siehe oben, möchte ich bitte Flunder. Und einen Heilbutt am Streamer, das wäre noch mal ein Traum. Es gibt Stellen in Norwegen, da kann es gelingen. Den Heilbutt stelle ich auch in der Küche über den Butt. Aber nur superfrisch, und Olgunn muss ihn kochen.

Aber auch hier gibt es Platte.

Aber warum in die Ferne schweifen. Die guten Nachrichten liegen doch ganz nah. Die beste Qualität haben Granat, also Nordseekrabbe, und Butt, also Flunder, im Spätsommer und Herbst. Alle Plattfische, und hier tut sich die Flunder zusammen mit dem Steinbutt und Glattbutt besonders hervor, leben mehr oder weniger räuberisch. Ich schreibe dies hier am letzten Abend meiner herbstlichen Hechttour, und ich muss Ihnen sagen, dass kapitale Flundern als Nachläufer am Hechtstreamer mein Junganglerherz mehr als erwecken. Da möchte man zum Auto laufen und eine Spinnrute und einen 30 Gramm Kruse-Buttlöffel holen und ein paar fangen. Doch nein, sagt der Hechtangler, konzentrier’ dich, bleib bei deinen Leisten. Du hast alle diese schönen Streamer gebunden und eine Sage-Pike gekauft, du bist ein Hechtfischer. Und ein paar Würfe später folgt die nächste schwimmende Untertasse der „Pike Fly“. Ist schon hart. So ein Boddenhecht hat’s gut. Er schwimmt so vor sich hin, scheucht die Platten hoch, und kann, wenn er will, schnell mal einen fressen. Das kann ich nicht. Die Flundern bei uns im Fischladen kommen aus Dänemark. Ich rechne so. Einen Tag auf dem Kutter, einen Tag im Großhandel und auf dem Laster, einen Tag in Bremerhaven und frühestens am vierten Tag im Laden. Der Händler nennt das frisch, aber nur ein Angler kennt wirklich frischen Fisch.

Zum Glück war ich vor meiner Rügen-Tour auf Fünen und hatte Glück mit dem Wind und dem Wetter. Sonnenschein und milder Westwind. Leider aber lag unser Haus an einem Sandstrand, und die allabendlichen Versuche auf Meerforelle ergaben keine Forelle. Für die eine halbe Stunde entfernt liegende Au hatte ich eine Rolle mit einer DT 7 F und eine Rolle mit einer WF 7 Sinktip eingepackt, und so kam es zum Versuch mit der Sinktip. Vermutlich hat schon jeder Meerforellenangler mal einen Fisch gehakt, der keine Meerforelle war. Früher fing man immer mal wieder einen Ulk, einen Seeskorpion, am Abend kamen die Dorsche, ab Mai die Hornhechte, und bei tiefer Fliegenführung hakt man immer wieder auch Plattfische. Meist Flunder, und in all den Jahren einen Steinbutt. Plattfische mit der Fliege zu fangen hat bei uns so gar keine Tradition. Üblich ist entweder das kleine oder große Brandungsangeln oder die Fischerei mit dem Dänen-Rig oder dem Buttlöffel vom Boot aus. In den USA gibt es dagegen lange schon den Sommerspaß, auf die dort vorkommenden recht großen Flundern mit der Fliege zu fischen. Und während die Streamerfischer im Inland mit Mylar hübsche und ordentliche Fliegen banden, erfanden die Jungs am Strand schon in den 60igern die Mylarfly, die bei uns dann über Dänemark als „Juletrae“ bekannt wurde. Dass eine der bekanntesten Meerforellenfliegen eigentlich eine Flunderfliege ist, kann man als ermutigendes Zeichen werten. Im Prinzip eignen sich auch alle ein wenig blitzenden Bonefish-Fliegen, oder man setzt sich an den Stock und erfindet eine neue Fliege. Das ist wahrlich ein weites Feld. Unabdingbar nötig ist eine Schnur, die entweder ganz oder an der Spitze sinkt. Man kann es auch mit einer Schwimmschnur und einem langen Vorfach versuchen, aber da wir in der Wathose in der Regel Wassertiefen von 1,5 m bis 3 m mit unserer Fliege erreichen können, ist eine korrekt sinkende Schnur ein erheblicher Vorteil. Die Zahl der Bisse nimmt sehr deutlich zu.

Halbe Filets lassen sich einfacher schneiden und braten.

An die Führung der Fliege stellen die Platten keine großen Forderungen, wenn nur zwischen den Zügen und Zupfern auch immer mal der Sand berührt wird. Zwei Kettenaugen sind weit davon entfernt, dort unten für so einen Wirbel zu sorgen wie ein echter Buttlöffel, aber das Prinzip ist ähnlich. Plattfische wollen aufgeweckt werden. Sie geben ihre Tarnung nur für einen guten Weckreiz preis. Dann allerdings verfolgen sie ihre Beute mit einer Geschwindigkeit, die sich sehen lassen kann. Davon wird der Brandungsangler nie etwas mitbekommen. Er schmeißt 200 Gramm Blei mit einem Fahnenstock von Rute und einer Winch von Rolle in die Fluten und fängt dann Fische, die zwei bis dreimal so schwer sind wie sein Blei. Oben wackelt sie Spitze, und dann wird gekurbelt. Selbst wenn eine pfundschwere Flunder durch geschickten Körpereinsatz ihr gefühltes Gewicht erheblich steigern kann, dreht sich dann nur die Rolle ein wenig schwerer. Nun will ich nicht behaupten, dass sich im Gegensatz zur Brandungsrute an der Fliegenrute ein dramatischer Drill entwickeln könnte, aber eine dicke Flunder oder fette Scholle bringen eine erhebliche Biegung in eine 6er, 7er oder gar 8er Rute. Richtig große Platte sind sogar in der Lage Schnur zu nehmen, und sollte in Norwegen mal ein Heilbutt zusteigen, ist zwischen Backing futsch bis Rutenzerstörung alles möglich. Trotzdem muss man wohl sagen, dass das platte Fischen ähnlich wie das Hornhechtfischen für den Meerforellenmann am Strand natürlich nur ein Spaß ist. Unser eigentliches Ziel am Strand ist die 60er Forelle. Davon sollte man sich auch nicht ablenken lassen. Andererseits ist es aber auch richtig, das Meer in seiner Ganzheit anzunehmen. Die lokalen Fischer übersehen oft diesen Aspekt und widmen sich zu den besten Zeiten kurz den besten Stellen. Der entspannte Ferienfischer sieht das anders und wird an seine erste dicke Flunder am Streamer nie vergessen. Sollte Sie Ihre Frau jedoch aus dem Hotel, der Hütte, dem Wohnwagen oder Zelt nicht so viel ans Wasser lassen, wie Sie möchten, denken Sie an Grimm’s Nummer 19 und wünschen sich mehr Zeit am Wasser:

„Manntje, Manntje, Timpe TeButtje, Buttje in der Seemyne Frau, de (…hier Namen einsetzen)will nich so as ik wol will.“

Ingo Karwath