Cross Special – Trockenfliege des Monats 3

Ein US Dollar hatte um 1900 umgerechnet auf unsere Zeit einen Wert von ungefähr 34 Dollar. Ein „fly hook“ kostete damals 10 Cent, das wären heute 3,40 USD pro Haken, meint aber die fertige Fliege. Ein „fly hook“ ist eine Fliege, ein „spoon hook“ ist ein Blinker. Weil er sich diesen Preis nicht leisten konnte, hatte Reuben R. Cross einst mit dem Binden angefangen. Seine Behauptung, bei Theodore Gordon in die Lehre gegangen zu sein, ist umstritten. Es gibt da widersprüchliche Aussagen, und Gordon hat mindestens Roy Steenrod unter seine Fittiche genommen, der sein Wissen später großzügig mit anderen teilte. Besonders sympathisch ist sicher Steenrods Einsatz als Bindelehrer bei den Boy Scouts. Wenn Gordon andere Bindeschüler hatte, dann sicher nur unter dem Mantel der Verschwiegenheit. Vermutlich sind viele Binder bei Gordon „in die Lehre gegangen“, indem sie seine Fliegen demontiert haben. Weil verbürgte, von Gordon gebundene Fliegen höchst selten sind und bei Auktionen ins Vierstellige kommen, ist diese Art der Lehre im Nachhinein wohl die teuerste Variante. Rube Cross hat seine Erkenntnisse gut genutzt und brachte 1936 das Buch „Tying American Trout Lures“ heraus. Für zwei Jahrzehnte war er eine bestimmende Figur in der amerikanischen Bindeszene. Reich ist er damit nicht geworden, denn neben dem Binden war er Taxifahrer, Straßenarbeiter, Hausmeister und Rausschmeißer in der Lew Beach Dance Hall. Seine Kämpfe dort hat er durchaus gewonnen, aber eines Nachts zündete man ihm sein Haus an und sein gesamter Besitz verbrannte. Davon hat er sich nie wieder erholt, verzog nach weiterem Ärger mit illegalen Bälgen später nach Rhode Island und arbeitete in einer Munitionsfabrik. Warum mir gerade jetzt die „Cross Special“ als Fliege des Monats in den Sinn gekommen ist, kann ich wohl erklären. Das Jahr eines Trockenfischer sollte nicht mit einer doofen und hässlichen Fliege beginnen, ich nenn‘ mal keine Namen, sondern mit einer schönen, mit einer aufrechten und stolzen Trockenfliege. Das sollte aber an dieser Stelle keine Fliege sein, die sowieso jeder kennt. So kam ich auf die „Cross Special“, die in der Tradition der Catskill Fliegen steht und in der Tat zwei Fliegen kreuzt, nämlich die „Light Cahill“ und die „Quill Gordon“. Da kann man sich nun streiten, sie sähe ohnehin aus wie eine „Light Hendrickson“, aber das ist auch Haarspalterei. Sie ist etwas heller. Cross hat den Bindestil der Catskill Fliegen wirklich geprägt, und die Position des Flügels im hinteren Thoraxdrittel, bei Gordon noch nicht üblich, wird ihm zugeschrieben. Wenn man sich über solche Inhalte streiten möchte, so ist das in jedem Fall besser als Häuser anzuzünden. Was für eine bodenlose Gemeinheit. Das war schon ein Leben mit einigen Tiefen, das Rube Cross meistern musste. So gesehen eine passende Fliege für unsere Zeit, die auch gerade so beschwert ist, und in der man die Momente der Sorglosigkeit suchen, hüten und beschützen muss.

Mit weißer Bindeseide ein Fundament winden und graue (dun) Hechelfibern als Schwanz einbinden.

Den Faden wieder nach vorn führen und ein Bündel Brautentenfibern einbinden, aufrichten und zu zwei Flügeln teilen.

Eine graue Hechel einbinden, den Kiel nach hinten knicken und nach links weg überwickeln.

Hinten wieder angekommen weißes Fuchsdubbing anspinnen und einen Körper wickeln.

Die „Cross Special“.

Den Bindefaden an der Hechel vorbei nach vorn bringen, die Hechel winden und einen mageren Whip Finish setzen. Den Kopf lackieren.

Ingo Karwath