Inkara

Tenkara für Verweigerer. Praktisch und preiswert. Der ideale Einstieg. Oder Ausstieg.

Tenkara ist der Name für eine spezielle japanische Fischerei, die ganz ähnlich, eigentlich sogar völlig gleich, nur ohne Bambus, auf der Welt wohl schon immer überall dort betrieben wurde, wo es fliegenhaschende Fischlein gibt. Verschieden intensiv und entwickelt. Als ich in jungen Jahren dem Angeln verfiel, so ungefähr mit sechs, fand meine eine Oma das gar nicht gut. Mit der Hungerpeitsche am Wasser zu stehen fand sie ehrenrührig. Ein Hobby für Arme. Meine andere Oma saß stundenlang mit mir an der Maade und kümmerte sich rührend um die Stichlinge, die ich fing. Wir verwahrten sie in einem großen Einmachglas, dann wurde mir ausgeredet sie den Eltern zeigen zu wollen, und danach kamen sie zurück in die Maade. Catch and release war einfach so ihr Thema, als Christenmensch. Mit einem passenden Stecken und einer Schnur einen Köder aufs Wasser zu tupfen, allgemein als Tippfischen bekannt, ist wohl eine universelle Erfindung des Menschen an sich und hat sich auf den Kontinenten vor der Erfindung der Schrift ergeben. Die Erfindung der Peitsche ereignete sich vor Christi Geburt und Peitschenmacher sollte in späteren Jahrhunderten ein Beruf mit dreijähriger Lehre werden. Dass man also mit einem biegsamen Stecken und einer verjüngten Schnur weiter reicht als der Tippfischer, far and fine, war der altbekannte Vorteil des Peitschenfischers. Das wussten wir ganz unhistorisch schon als Kinder und knoteten Packetschnur und Drachenschnur aneinander, um unsere Haselnussangel zu optimieren. Hungerpeitsche und Wurmgeißel, Volksmund für Angelrute, belegt ganz nett den Zusammenhang. Aber damit kann man natürlich kein Marketing betreiben. Tenkara jedoch klingt nach Karate, Kendo, Jiu Jitsu und Teriyaki und eignet sich viel besser für die esoterische Überhöhung und den anschließenden Verkauf. Mich erinnern die Stecken ganz stark an Palù Ruten. Nur eben ohne Ringe. Ich habe die Vermarktung von Tenkara  mit Interesse verfolgt, bin aber nicht der Mensch, der da ein Praktiker werden möchte. Ich baue mit Herzblut Gespließte und Rollen und hänge natürlich daran, beide Produkte meiner Passion zu verwenden. Ich möchte werfen, drillen und keschern. Auch mal auf 18 Meter. Aber ich bin nicht, was so viele glauben sein zu müssen, ein Tenkaragegner. Nein, im Gegenteil, ich finde die Methode ganz toll, obwohl man zu viele kleine Fische in den lobpreisenden Videos sieht. Neulich habe ich aber mal eines über Tenkara auf Hecht gesehen, irgendwo in Dänemark, und das fand ich spannend. Bei uns hier gibt es viele kleine Hechte im Schilf, so um 60 cm meist, und da scheint mir die Methode ideal. Der Hecht an sich kommt ja oft auf die dritte Präsentation, und das ginge mit Tenkara sehr gut. Eine richtige Tenkara Rute möchte ich aber gar nicht besitzen, und an eine leichte 330 oder 300 cm Fliegenrute eine Schnur zu knoten kommt nicht in Frage, denn die Ringe sind nicht dafür gemacht, einen solchen Zug auszuhalten. Man müsste die Schnur am Griff festmachen, und als ich darüber nachdachte wie, kam mir der Einfall mit dem Elastic. Ich kaufte mir ein 3 Meter Hybrid Elastic in 2,2 mm, für Kopfrutenfischer, bastelt an einem Ende eine Gummiperle und ein Stück Flechtschnur dran, am anderen Ende eine Schlaufe und eine Lederhalterung mit Druckknopf. Die Schlaufe fädel ich von oben durch die Ringe meiner 6er Loop und mache sie am Griff fest. Meine erste Tenkaraschnur werkelte ich mir aus altem Gudebrod Geflecht zusammen und gab 30 cm Draht hinzu. Drei Meter Rute und 3,5 Meter Schnur ergibt eine theoretische Reichweite von 6,50 m. Plus 61 cm für den ausgestreckten Arm! 7 m 11 cm. Nicht schlecht. Ja, gut, das ist alles kein reiner Kram und wird von den echten Tenkarafischern sicher ausgebuht, aber was soll ich sagen, es funktioniert, und man kann damit Hechte fangen. Mit Ungeduld musste ich den 1. Mai abwarten, und siehe da, die Hechte standen wegen des kalten Wassers noch am Schilf und ich konnte gleich beim ersten Versuch zwei fangen. Noch vor dem Frühstück. Ziemlich wilder Drill so mit dem Gummi, denn eine Kopfrute besaß ich noch nie. Ich halte es für eine hervorragende Möglichkeit, diese Art der Fischerei mal für kleinstes Geld zu erproben, und man kann das Tütchen mit dem Elastic in der Weste aufbewahren. Rolle ab, Inkara dran, und schon kann man die Ursprünglichkeit des Peitschenfischens erleben. Nicht nur auf Hecht, so wie ich, sondern natürlich auch auf Forelle. Probieren sie Inkara mal aus. Gegen den Appetit hilft später der Biergarten, und meine beiden Omas haben im Himmel sicher Freude daran, dass ich keinen Hunger leide und meine Fischlein fein zurücksetze.

Das 1,5 mm Geflecht wird auf zwei Zentimeter Länge mit dem Gummi parallel gelegt und mit Bindeseide umwickelt. Dann mit Lederkleber einstreichen und mit Schrumpfschlauch abdecken. Die Gummiperle auffädeln und mit einem Knoten fixieren. Fertig ist die Tenkara-Kupplung.

Für die untere Halterung habe ich einen Lederstreifen mit Klettverschluss beklebt und eine Druckknopfschlaufe angebracht. Dem Kopfrutengummi habe ich eine Schlaufe eingebaut, wieder mit Wicklung und Schrumpfschlauch, und mit leichter Vorspannung kann ich es nun einhängen. Das Gummi dämpft die Aktion der Rute etwas herab und man kann es im Wurf auch hören, aber das vergisst man am Wasser.

Meine längste leichte Rute ist eine CTS 10 Fuß in Klasse 4, darunter habe ich eine Cross ST in 10 Fuß Klasse 6. Beide eigenen sich, ebenso wie alle Euronymphruten, ganz hervorragend für den Umbau auf Inkara. Drei Meter Rute plus 3,5 Meter Schnur plus Armlänge liegt so 30 bis 60 cm unter der Reichweite der üblichen Tenkararute. Die ganze Angelegenheit ist ein wenig schwerer als eine Tenkarafeder, funktioniert aber recht gut. Man hat damit eine Option mehr in der Tasche, kann sich später für oder gegen Tenkara entscheiden, und muss dafür keine 200 Euro ausgeben. Kostet kaum einen Zehner, der Spaß. Falls es das System nicht schon gibt, bin ich hier der rechtmäßige Erfinder. Ist ja nicht gerade der Fischerdübel, und sei der Gemeinschaft der Fischenden geschenkt.

Die Schnur ist ebenfalls Eigenbau aus 35 lbs Gudebrod und 20 lbs Gudebrod mit Ringerl und einem kurzen 35er Fluorocarbon Tippet mit Schlaufe. Daran kommen die 30 cm Draht mit einer „Vit Gäddsara“.

Ingo Karwath