Jugendsünde mit 12 Fächern?

Wie man Sünde in Vorfreude umwandelt? Nun ja, mit Beichte und Aceton.

Wir leben in Gütergemeinschaft – ich darf die Dose benutzen.

Vor bald 40 Jahren, 1983, habe ich mich am Bindewettbewerb der Firma Hebeisen in Zürich beteiligt und gewann den ersten Preis. 1984 habe ich es noch einmal versucht, landete auf einem zweiten Platz und bekam einen sehr schönen Metz Balg. Kann sein, dass es der Erste meiner Bindekarriere war. Jedenfalls einer der Ersten. Weil ich solche Wettbewerbe damals nicht wirklich gut fand, im Schück-Universum gerade unbeliebt war, und meinen Namen raushalten wollte – okay, ich war jung, und finde es heute unehrenhaft – schickte ich meine Fliege unter dem Namen meiner Freundin ein. Sabine Steffens, Göttingen. Wir sind seit 1985 verheiratet. Der erste Preis war eine sehr schön gravierte Wheatley Dose mit Widmung, die mir eine der liebsten Erinnerungen an unsere Göttinger Zeit ist.

Der Kleber trotzt Alkohol, Spiritus und Petroleum.

Das schlechte Gewissen ist verflogen, bis auf einen kleinen Rest, und die 12er Trockendose ist die letzte Fächerwheatley in meinem Besitz. In meinen besten Zeiten trug ich zwei 32er Wheatleys mit mir herum, und Udo nannte sie stets Ingos Brotdosen. Und liebte es darauf zugreifen zu können. Die Boxen gingen den Weg des Dodo, denn die Fächer sind recht klein. Das ist für einen Kreidefluss genau richtig, für Skandinavien und die USA eher nicht.

Gegen Aceton hat er keine Chance.

Skues nannte als perfekte durchschnittliche Größe für jegliche Kreidefluss-Fliege mal die Größe 15. Die passen da bestens hinein. Bei 12er „Buck Caddis“ wird’s schon eng. Da ich mich in letzter Zeit rückwärts entwickle und der Größe 15 bei meinen unbeschwerten Nymphen und Trockenfliegen immer näher rücke und mit großer Freude sehr lange an einem Pool verweile, sitzend, kam mir in den Sinn die alte Dose wiederzubeleben. Ich hatte mal den offenporigen Schaumstoff aus dem Deckel gerissen und war auf eine Klebeschicht gestoßen, deren Geheimnis vermutlich bis ins alte Ägypten zurückreicht. Mit einem Schnapsglas Aceton im Deckel ließ sich die bernsteinfarbige Masse leicht entfernen.

Ist fast wie beim Zahnarzt. Vorher gelb, dann schön neu weiß.

Die nötigen Inlays von Wheatley hatte ich wohl liegen, nur nicht passend. Aber die große Größe lässt sich flott auf die mittlere stutzen. Ein Fach, ein alter Trick aus Wheatley Zeiten, ist mit einem Amadouteppich ausgefüllt. Das ist das Trockenfach. Jetzt sehe ich der Freude entgegen, diese schöne Dose mit klassischen Nymphen und Dries zu bevölkern. Und, lieber Hans-Ruedi Hebeisen, lieber HRH, solltest du dies lesen, ich bitte um Pardon und bin jederzeit bereit für deine Homepage einen freien Artikel zu schreiben.

Fliegen mögen nach getaner Arbeit gern weich ruhen.

Ingo Karwath