April 2019 – Die Diemelnymphe von Udo Hildebrandt
Die „Diemelnymphe“ ist nur einem kleinen Kreis von Insidern bekannt, und selbst in diesem Kreis ist sie ein wenig vergessen. Sogar ihr Erfinder, Udo Hildebrandt, hat sie nicht immer vorrätig. Da er allerdings mit seinem Hund Bosco so gern Döbel und Häslinge fischen geht, der diese zarten Fischchen so gern mag wie sein Herrchen Wolfsbarsch und Paella, ist die Nymphe immer noch aktuell. Denn sie fängt.
Ich habe die Nymphe 1977 kennengelernt, weil ich 1977 den Udo kennengelernt habe. Da war ich Erstsemester an der Uni Göttingen. Wir trafen uns in einem Angelladen in der Düsteren Straße, gingen von da zur Uni, Udo studierte Landwirtschaft, ich Biologie, und innerhalb der drei Kilometer war klar, das da ein Verrückter den Anderen getroffen hatte. Unser erster Angeltag war dann an der Steinlake, die man weiter oberhalb Oder nennt. Es muss an dem Tag gewesen sein, als ich die „Diemelnymphe“ erstmals sah. Ich weiß gar nicht mehr so ganz auf welchem Nymphenniveau ich damals unterwegs war, aber Ritz, Sawyer und Brooks hatte ich gelesen und ihre Nymphen in den Dosen.
Praktisch war ich der totale Anfänger, denn ich war ja von der Küste. Udo aber wohnte direkt neben der Diemel und kannte Forellen und Äschen seit seiner Kindheit. Die „Diemelnymphe“ nahm ihren Anfang vermutlich als „Pearl Nymphe“, und wer noch alte Balzer-Kataloge liegen hat, findet sie da für 1,20 DM. Ich habe nie ein gebundenes Original gesehen, nehme vom Foto aber an, dass das Schwänzchen vom Amherst-Fasan stammt. Das war in den späten 60er und frühen 70er eine höchste extravagante Feder, und damit konnte man den Karlshafener Jungs nicht kommen. Der Erfinder selbst kann sich an die Umstände nicht mehr erinnern, glaubt aber zu dem Zeitpunkt etwa 17 oder 18 gewesen zu sein. Wie die Idee letztlich entstand, kann Udo nicht sagen. Er weiß aber noch gut, dass er die neue Nymphe erstmals mit einer gelben Glasfaserrute von de la Porte benutzte. Diese aus Blanks aufgebauten Ruten hatten damals viele, die sich dem Fliegenfischen besonders intensiv verschrieben hatten. Ein Indikator sozusagen, denn ich hatte auch eine.
Die „Diemelnymphe“ trägt hinten anständigen Jagdfasan. Der kommt aus der Mongolei, und das ist Migrationshintergrund genug. Im Prinzip ist die „Diemelnymphe“ damit eine „Ritz D“ mit Entenflügel, aber das mindert den Rang ihrer Erfindung nicht herab. Ich habe als junger Fliegenfischer wirklich lange gebraucht um einzusehen, dass die Skues-Methode flach nymphende Fische zu beobachten und die Sawyer-Methode tief nymphende Fische zu erkennen an flotten und angestaubten Gewässern überhaupt nicht geht. Man sieht halt nix. Die stromauf abgelegte „Diemelnymphe“ aber geht zunächst auf Tiefe, und wird dann geliftet und quer rüber gefischt. Dabei imitiert und karikiert sie so allerlei Varianten von Emergenz oder Bewegung und fängt entsprechend gut. In Erinnerung an alte Zeiten habe ich sie zuletzt im April 2016 an der Diemel benutzt, einen Tag vor der vorletzten Hildebrandt-Auktion, und sie fängt wie eh und je. Also, wenn Sie mal Hildebrandt-Aktion statt Auktion wollen, dann binden und fischen Sie die Diemelnymphe.
Die nordhessische Zweiwortbindeanleitung ist vollste Absicht. Dort macht man die beste Wurst Deutschlands, die Ahle, aber wenig Worte.