Eine wahre Geschichte aus dem Grenzland von Politik und Fischerei.
1976, im zarten Alter von 20, war ich für sechs Monate Obergefreiter in der zusätzlichen Segelbesatzung der „Gorch Fock“, Wache Steuerbord 2, Obermarsnocknummer an Backbordseite und Bramfallvorderhandsmann. So meine Rollenkarte. Ich musste also an der Obermars den Nockring auf seinen Haken heben und an Deck mit meinem Hinterhandsmann das Bramfall bedienen. Am 16.7.76 lagen wir im Hafen von Baltimore und Gerald Ford und Helmut Schmidt wurden als Besuch erwartet. Die 200-Jahr-Feier in New York hatten wir hinter uns, aber der Kanzler residierte immer noch in einer Blechbüchse auf dem Hudson. Irgendein Zerstörer, die nahmen uns nicht ernst, wir sie nicht. Wir standen auf den Rahen, skandierten Hurra, Hurra, Hurra, und mussten dann aus Sicherheitsgründen das Schiff verlassen. Auf dem Weg kam ich irgendwie am Präsidenten und Kanzler vorbei und grüßte sehr korrekt. Dass da ein Fliegenfischer den anderen traf war mir damals nicht klar. Georg Leber war auch da, aber der angelte Barben. Ne, nur ein Witz. Mehr Gemeinsamkeiten mit POTUS sehe ich nicht. Ford war ja in seiner Jugend Ranger in Yellowstone. Obwohl Carter vermutlich viel besser fischte. Und am 2.11.1976 folgerichtig die Wahl gegen Ford gewann. Na ja, und genau an dem Tag des Ford-Besuchs fand ich in einem Buchladen in der Stadt das Buch „Nymph Fishing for Larger Trout“ von Charles Brooks und kaufte es. Ich habe es auf See und später in Deutschland viele Male gelesen. Aber da ist die Geschichte nicht zu Ende.
Im Juli 1985 flog ich als Chefredakteur der Zeitschrift „FliegenFischen“ nach Yellowstone und wohnte bei Vicki und Blaine in einem Motel neben einer Staubstraße. Nick Lyons, mit dem ich schon länger befreundet war, hatte Kontakte zu einigen seiner berühmten Autoren hergestellt. So kam es dazu, dass Vicki, die Vermieterin, bei mir an der Tür klopfte und sagte: „Charlie Brooks is here to go fishing with you!“
Und so war es dann auch. Charlie und sein Freund Col. Eugene Stamm standen auf dem Hof und hatten mich ruckzuck in ihr Auto verladen. Ich bekam eine Tour durch den Park, von geheimen Nebenflüssen bis zu Old Faithfull und rauf zur Continental Divide und wieder runder zur Fisherman‘s Fork an den Yellowstone. Dort machten wir Picknick.
Es dauerte eine Zeit bis ich begriff, dass der irgendwie bewegliche Boden im Fluss aus Forellen bestand. Da stand eine Cutthroat neben der anderen. Ich wurde ins Wasser geschickt um ein paar zu fangen, und das war mit einer Nymphe nicht schwer. Zumal die Fische direkt hinter einem standen und auf Nahrung warteten. Da mir Cutthroats aber als Fisch nicht so liegen, behielt ich die Ruhe und fischte lässig vor mich hin. Und dann kam die ganze Geschichte ans Licht. Die beiden hatten eine Tour perfektioniert, bei der man einen fischhungrigen Besucher zunächst mit etwas Sightseeing noch heißer macht, um ihn zuletzt zwischen den unzähligen Fischen ins Wasser zu schicken. Dabei verlor dann so mancher Rhythmus und Contenance und machte sich zum sabbernden Vollidioten. Nur meine Vorliebe für Bachforellen hatte mich davor gerettet so einer zu werden. Unverdient erhielt ich höchstes Lob als coole Sau, und Eugene kaufte mir in Yellowstone ein Buch zur Erinnerung. Von Charlie bekam ich eine Sammlung seiner berühmten Nymphen, die ich bis heute hüte. Und jetzt mal ehrlich, ich kann den Ablauf bis ins Detail beweisen, aber wenn’s erfunden wäre, dann wäre es immer noch genial, oder? Das Buch muss man übrigens haben. „Nymph Fishing for Larger Trout“. Besorgen!