Kaum hatte die Schnurindustrie damit begonnen, Fliegenschnüre und Schussleinen mit fertigen Schlaufen zu versehen, gelang es findigen Tüftlern, diesen Prozess perfekt nachzuahmen. Man benötigt dazu nichts weiter als Schrumpfschlauch und eine Hitzepistole mit engem Mündungsaufsatz. Das Ganze war natürlich mal wieder geheim und Insiderwissen, wie das eben so ist, bis Ruhm und Gewinn ausreichend verteilt waren. In diesem Fall war es so, dass zunächst kleine Packungen mit Schrumpfschlauch und Fliegenschnurabschnitten verkauft wurden, ich habe noch so eine Packung auf der Krympflex steht, aber über kurz oder lang waren alle Schnurbastler schlau genug sich klaren Schrumpfschlauch selbst zu besorgen. 2 mm und 3mm 2 zu 1 Material ist alles was man braucht. Man zahlt etwa 70 Cent für einen Meter, wenn man eine gute Quelle findet. Damit lässt sich eine fabrikähnliche Schlaufe herstellen. Aber es ist sicher ein guter Rat, zunächst mit einer alten Schnur zu üben. Undercooking ist immer besser als overcooking. Ich trage beim Schweißen meine schärfste Nahbrille und eine Kopflampe. Man muss die Naht zwischen den Schnüren beobachten wie ein Luchs. Ist sie verschmolzen, mit der Mündung sofort 15 mm weiter rücken. Ich selbst bin gerade dabei, von verschiedenen T-Rollen verschiedene Spitzen zu schweißen. Das geht wie das Brötchenbacken und ich frage mich, warum es die überhaupt fertig gibt. Sieht aus wie gekauft. Ich habe an der Gaula mal für einen spanischen Mitfischer einen Schusskopf repariert, an der hinteren Schlaufe abgerissen, und der konnte sein Glück nicht fassen, seine Lieblingsschnur wie frisch aus dem Shop wieder benutzen zu können. Ich bekam eine schöne Zigarre geschenkt, die extra gut geschmeckt hat.
Als Faustregel sagt man, eine Verschweißung sollte etwa dreimal so lang sein wie die Mündung der Hitzepistole breit ist. Das kann ja variieren, meine Mündung hat z.B. 15 mm, und eine Verschweißung wird damit um die 50 mm lang. Das hat sich bewährt. Also schneidet man sich 11 cm Schrumpfschlauch, dann hat man rechts und links je 3 cm Griff. Dann schnippelt man das Ende der Fliegenschnur schräg und steckt es als Schlaufe wie gewünscht in den Schrumpfschlauch. Also 50 mm Schweißbereich plus 15 mm für die Schlaufe.
Jetzt schrumpft man den Schrumpfschlauch in dem Bereich, den man später erhitzen möchte. Dieser erste Schritt dient nur dazu die Lage der Schnur zu fixieren. Dazu legt man die Hitzepistole auf den Tisch, folgt der Verpackungsanweisung und stellt auf die Temperatur, die den Schlauch schrumpfen lässt. Meist 100 bis 120 Grad. Beide Enden schön kräftig ziehen und gerade halten, damit es eine gerade Schlaufe wird.
Für den eigentlichen Schweißvorgang ist der Anhaltswert 200 Grad Celsius. Da sind nicht alle Schnüre gleich. Man hält den Schrumpfschlauch stramm und gerade und erhitzt zunächst das hintere Ende. Verschwindet die Naht zwischen den Schnüren, wechselt man zur Mitte und erhitzt dort. Zuletzt erhitzt man das vordere Drittel. Die spätere Schlaufe schön von der Hitze aussparen, damit sie nicht verklebt.
Ist der Verschweißung fertig, kann man sie auf einer festen Unterlage etwas rollen und pressen. Das kann aber auch zu Unregelmäßigkeiten führen. Ich ziehe lieber sehr fest an beiden Ende vom Schrumpfschlauch und halte das für eine Minute. Danach lege ich die Schlaufe gerade ab. Thermoplastisches Material verfestigt sich sonst wie ein Krummer Hund, und das ist unerwünscht. Diese Schlaufe würde zwar halten, aber die Nähte sind mir noch zu offen.
Hier wurde mit 220 Grad nachgebessert. Ist die Schlaufe fest und kalt, schneidet man mit einer spitzen Schere den Schrumpfschlauch an und zieht ihn wie eine Wurstpelle ab. Man kann drei Ergebnisse haben: 1. Perfekte Schlaufe. 2. Schlaufe mit Naht und Lücken (da war man zu schüchtern mit der Hitze, Schrumpfschlauch rüber und nachbessern). 3. Verbruzelte Schlaufe (zu viel Hitze, abschneiden, neu machen).
Ingo Karwath