Junge Kollegen 4 – Meerforellenfliegen frisch aus dem Bindestock

Ja, gut, auch hier müssen wir das „frisch“ relativieren. Der Jahrgang ist im Prinzip 2014. Die „Isolde“ hat die Grundschule fast fertig.

Die ganze Geschichte beginnt in Ann Arbor in Michigan, wo der Fliegenfischer Bob O’Brian einen Streamer erfand, den er „Woolly Wife“ nannte. Letztlich ein großer, weißer „Woolly Bugger“, der in den Großen Seen Alewifes imitieren sollte, Alosa pseudoharengus, der Maifisch, oder wörtlich übersetzt, die Bierfrau. Diesen Streamer in Braun stellte Thomas Vinge 1999 in seinem Buch „Havørred pa kysten 1“ vor, und pries die Wollfrau als eine gute Idee für Borstenwürmer. Die Fliege machte weder nördlich noch südlich von Flensburg groß Karriere, denn sie tailt ein. Fängt aber extrem gut. Zwei deutsche Fliegenbinder hatten die Idee das zu ändern, und ich verfolge hier zunächst mal die Spur nach Kiel. Tristan Münz band das Muster mit einem Wiggle Tail, aber dieser Fischerkollege ging uns leider in den Wäldern verloren, wie ich hörte, er jagt. Gut jedoch, dass die „Isolde“ nicht in einer Babyklappe ausgesetzt wurde, sondern in einem warmen, weichen Nest, dem Laden Serious Flyfishing von Achim Stahl in Kiel. So ergaben sich weitere Experimente mit der Idee, und gar nicht so lange nach der Erfindung wurde die Fliege auch schon gewürdigt. Die „Isolde“ wurde 2014 in einem Buch vorgestellt, das ich nicht habe, das man zzt. nicht mehr kaufen kann, das auch antiquarisch nicht lieferbar ist, und dies hier zu berichten ist mir ein bisschen unangenehm, aber es gilt der Grundsatz Offenheit hilft. Achim Stahl hat das Buch geschrieben und die Fliege veröffentlicht. Ich hab‘ ihn gefragt, weil ich ohnehin in Kiel war. Tochter wohnt da. Das Muster ist relativ zeitnah vor dem Buch entstanden, in das ich übrigens hineinschauen konnte, und hat sich seit damals ein wenig weiterentwickelt. Rund um den Bindestock lagen gerade ein paar. Natürlich ist mir die Fliege länger schon bekannt, aber sie traf bei mir auf zwei Fehl- und Vorurteile. Und eine schlechte Angewohnheit. Wenn ich nämlich die Zeit habe an die Ostsee zu fahren, zieht es mich immer nach Dänemark. Und mit immer meine ich immer. Darum bin ich in der deutschen Szene nicht so drin und bemühe mich eher um Informationen aus Dänemark, Schweden oder Finnland. Ich fische zwar regelmäßig auf Rügen, dort aber stets nur auf Hecht. Ein Ziel genügt. Das liegt daran, dass ich diesen inneren Drilling ablehne, große Kugel, kleine Kugel, Schrot, auf Rügen Hecht, Meerforelle, Barsch, und mich lieber auf den einen Schuss, die eine Wahl konzentriere. Das erste Fehlurteil war darum, auf eine Akzeptanz der Fliege im dänischen Umfeld zu warten. Aber da kann man lange warten. Die Dänen fahren zwar gern über die Grenze in den Flensburger Scandi Park, aber sie kaufen Bier und Toblerone, und nehmen keine Fliegen mit. Eine deutsche Fliege kommt sozusagen nicht in die Tüte, und diesen Fliegenchauvinismus, den es in vielen Ländern und Regionen gibt, hatte ich unterschätzt. Dass die Dänen die „Isolde“ weder kennen noch fischen ist kein Maßstab. Mein zweiter Fehler war, dass ich von verlängerten Wackel-Fliegen grundsätzlich wenig halte.

Einen Haken mit geradem Öhr mit einem 10 mm Fundament bewickeln und ein Bündel braunes Fuchshaar einbinden. So um die 4 cm lang, und es ist besser man zupft die Spitzen heraus als andersherum. Zwei oder vier Fäden Flash einbinden. Die Farbe selbst entscheiden. In meinem Kieler Original ist es ein Lilaton.

Ein Stück feinen Draht einbinden, eine braune Hechel vorn einlegen, einen kurzen Körper aus einem Kupferdubbing binden. Die Hechel winden und überrippen, die „Fliege“ abschließen und den Haken dann kurz abkneifen.

Die Wackelverbindung in der Originalfliege scheint aus Flat Nylon zu sein. Das ist zwar sehr klug, verhindert es doch das untere Eintailen, aber nur für ein paar Fliegen ist das Material zu teuer. Da es als Shooting Line nach meiner Meinung großer Mist ist, haben aber viele Lachsfischerfreunde davon Reste herumliegen. Sonst einfach ein 50er Nylon mit einer Flachzange etwas plätten. Siehe hier. Eventuell auch andere Durchmesser versuchen. Das Nylon und das Öhr des Opferhakens bilden eine entscheidende Passung!

In „Selective Trout“ von 1971 findet man kleine Wiggle Nymphen, und in „Fly Fishing Strategy“ von Swisher und Richards sogar schon 1975 eine „Pink Saltwater Wiggle Nymph“, und ich hatte als junger Binder ausgiebig damit experimentiert. Meine beste Äsche nahm eine Wiggle Damsel. Aber das Konzept zog nicht in meinen Alltag ein. Als dann unter Hechtleuten das Wiggle Konzept ankam, hat mich das auch nicht verlockt. Und für die Ostsee wollte ich es ebenfalls nicht einsehen. Wenn man eine lange Fliege sehr schnell einstrippen soll, wozu muss die zweiteilig sein. Ist ja ohnehin nur ein gezogener Strich unter Wasser. Nun denn, ich kann zwar verbohrt sein, bin aber wohl doch noch ein wenig lernfähig. Warum, so formte sich der nagende Gedanke, ist die „Isolde“, wenn in online Flyshops angeboten, so oft ausverkauft. Wenn einem viele entgegenkommen, ist man selbst der Falschfahrer. Also forschte ich der abgelegten Sache noch einmal nach und kam zu dem diskutierten Argument, dass der Wackelschwanz sich im Gegensatz zu einem langen Schwanz nicht mit dem Haken verfängt. Ja, das sticht, wenn es stimmt. Ich band eine schwarze Isolde und fuhr zum Hechtsee. Und tatsächlich, in zwei Stunden hatte ich zwar keinen Hecht, aber auch keinen Hänger zwischen Schwanz und Körper. Das Experiment datiert auf Januar, und ich band unmittelbar ein paar braune „Isolde“ für meine Ostseeweste. Sollte ich damit etwas fangen, stellt sich eine Verbindung zur Wiggle Damsel her, mit der ich damals die + Fünfziger fing. Mit einer gebraucht gekauften Super Marvel Typ Hans, zur Brunner hatte es noch nicht gereicht, so jung war ich. An der Ostsee fische ich zwar gern eine 6er Loop und eine 7er Sage, aber für die lange „Isolde“ hole ich die gute, alte 8er Salt wieder hervor. Die hat man uns zwar in Richtung 6er ausgeredet, aber während die 6er gut zu den Fischen passt und schlecht zum Wind, passt die 8er gut zum Wind, biegt sich aber erst ab 2 Kilo richtig durch. Außerdem beobachte ich viele Fischer mit einer 6er Rute und einem 8er Wurf- und Wat-Verhalten. Das geht auch anders herum. Mal sehen ob’s gelingt.

Dem 4er Haken nun einen Kupferdraht einbinden und vorn ein Kupferauge platzieren. Wer will kann noch eine Beschwerung zufügen. 

UV Polarchenille in braun hinten einlegen, nach vorn winden und überfangen, eine braune Hechel nach hinten winden und mit dem Kupferdraht gegenrippen.

Die Fliege mit einem Whip Finish hinter dem Auge abschließen, und dann trotzdem noch das Auge mit Dubbing umkleiden, wieder abbinden und etwas Lack eintropfen lassen. Hier wurde alles in Richtung kupferbraun gestaltet, aber auch schwarz, oliv oder weiß und lachs sind Optionen.

Ingo Karwath