Das Flunderwunder

Achtung, es lässt sich, wie so viele „Nymphen“ und „Streamer“ auch, nicht mit der Fliegenrute werfen.

Gekauftes Flunderwunder von hairjig.de.

Das große Lockgewicht hat fast 100 Gramm, das mittlere 60.

Das Flunderwunder von Frank Buchholz ist ein Köder, der beim Lachsfischen, Speedjiggen und Molenangeln die Sahne abgeschöpft hat und nun diese Cremes de la Creme in sich vereint. Inchiku und Buttlöffel standen zusätzlich Pate. US Sommerflunderjigs wohl auch. Ich stelle es hier mal vor, weil es für uns Fliegenbinder amüsant ist, wie sich unsere Fertigkeiten in andere Angelbereiche integrieren lassen. Das Hakensystem ist eine Geflechtschlaufe mit zwei Haken, wie man es als Assisthook von Speedjigs kennt. Die Haken sind kurze Plättchenhaken, geschätzt Größe 2. Die Lockschwinge ist wie eine sehr einfache Lachsfliege auf ein Messingröhrchen gebunden, sicher weil Messing bei den Grundkontakten viel haltbarer als Plastik ist. Das Lockgewicht sieht aus wie ein kleiner dicker Pilker und ist farblich gefasst. Will man das ganze System selbst bauen, muss man sich für die Pilkerchen eine Gußform machen. Man kann aber auch eine Bleiolive mit einem Draht versehen und dann mit dem Hammer platt klopfen. Dazu dann ein gelbes Stück Kunststoff aus einer Spülmittelflasche und die Lockwirkung stimmt. Kleine Pilker kann man ebenfalls verwenden, und sehr gut gehen alte Effzetts, weil man die an einer leichten Spinnrute fein werfen kann. Als Bastler mit Anspruch habe ich natürlich Formen gegossen und ein paar Pilkerchen selbst gefertigt. Die muss man dann grundieren, lackieren und finishen, und zusammen mit der Lachsfliege ist das ein Aufwand, der den Preis von um die 10 Euro für einen fertigen Köder unbedingt rechtfertigt. Die Montage der Teile ist einfach. Man zieht die Lachstube über die Schlaufe, gibt eine Perle dazu, fädelt das Pilkerchen mit einem Wirbel ein und hängt einen Klipp ein. Die Haken beködert man mit Wurmstückchen, Watt- oder Ringelwurm, und dann steigt man wie ein Mefo-Fischer mit der Wathose ein und sucht die Sandbänke ab. Das ganze Ensemble imitiert eine kleine Flunder, die Nahrung gefunden hat und damit kämpft sie zu fressen. Das Gewicht wühlt den Boden auf, die gelben Haare locken, die dunklen Brocken sind gut erkennbar. Das lockt die neugierigen Platten heran, und sogar Doubletten sind möglich. Ein herrlicher Spaß, auch für uns Fliegenpäpste, und kulinarisch natürlich der Hit. Frische Flunder ist nämlich mein Lieblingsfisch. Frisch ist bei mir nicht Tromsö, Skagen, Bremerhafen, Fischgeschäft und also wegen der Lieferkette 5 Tage alt. Frische rechnet man in Stunden.

An 30 cm dicke Geflechtschnur, hier eine 40er, an beiden Enden zwei kurze 1er Haken anknoten, hier SSW, die Haken so wie im Foto einrichten und einen Überhandknoten machen. Als bekennender Pingel sichere ich die Knoten mit Kleber und Schrumpfschlauch. Eine rote Perle auffädeln.

Auf ein 20 mm langes Messing- oder Kupferröhrchen eine Bucktailschwinge binden, gern in Gelb und Chartreuse, und nach Belieben mit Flash garnieren.

Jetzt schiebt man die Tube auf, fädelt noch eine Perle, hängt einen Blinker oder Pilker ein, ideal ist der kurze Effzett, und befestigt zum Schluss einen Wirbel oder Clip. Für die Fischerei beködert man die Haken mit einem kurzen Stück Seeringelwurm. Oder Wattwurm.

Mit weniger Ambitionen kann man auch ein Dropshot als Gewicht verwenden oder ein Birnenblei und für die Lockwirkung eine helle Kunststoffscheibe einhängen.

Fertig kaufen kann man das Flunderwunder bei www.hairjigs.de, und bedenkt man die ganze Bastelarbeit, ist der Preis wirklich angemessen und ich rate dazu. Das ist unbezahlte Werbung, denn ich habe die Flunderwunder bestellt und voll bezahlt. Der Strandfischer kommt mit dem kleinsten Gewicht klar, und man macht sich echt einen weißen Fuß, wenn man die Familie im Urlaub mit Flundern versorgt. Die Chancen, dann am Abend mit der Fliegenrute loszudürfen, erhöhen sich exponentiell, darum ist das Flunderwunder ein Muss für den urlaubenden Mefofischer. Die Firma hat mir sehr nett geschrieben, bitte keine Bastelanleitung zu veröffentlichen. Ne, das geht nicht. Wir Fliegenbinder sind Kopisten. Und mal ehrlich, das Flunderwunder war und ist ein Bastelköder. Aber ich lasse die wahre Fälschung mit dem Gewicht gießen und mit Pulver lackieren mal weg. Das ist mein Kompromiss. Und ist ja wohl klar, dass wir nur für den Eigenbedarf basteln. Besser noch fände ich die Idee, Hairjigs würde für Binder die farbigen Pilkerchen pur verkaufen. Ich sach‘ mal 4,95 €, wie ‘ne Tüte Dubbing?

Flunderfilet leicht paniert in Butterschmalz. Dafür ließe ich alles stehen.

Ingo Karwath