Kick it like Bauer

Mehrteilige Hechtfliegen sind mir eigentlich zu kompliziert. Aber zweiteilig kann man ja mal machen.

Die Norweger mögen Lachs und Forelle, auch Äsche und Heilbutt, aber der Hecht hat kein großes Ansehen. Weder an der Angel noch auf dem Teller. Die Schweden und Finnen sehen das etwas anders, und seit Jahren ist das Fliegenfischen auf Hecht ein Wachstumsmarkt. Mit verblüffender Preisgestaltung, denn eine Top-Hechtrute kostet nur die Hälfte einer Top-Forellenrute. Obwohl sie als Klasse 10 ja mehr Material in sich birgt als eine 5er. Woran man einmal mehr erkennen kann, dass die Salmoniden-Fischer passend zur Fettflosse ihrer Beute fett ausgenommen werden. Wir wollen die 1400 Euro Rute. Da fühlen wir uns besser…

Eine Drahtöse biegen, ich benutze das englische Alasticum, und einem Hechthaken hinten so aufbinden, dass die Öse ein bis zwei Zentimeter übersteht.

Jetzt ein Bündel Kunsthaar, Farbe wie’s beliebt, so ausziehen, dass die Spitze verjüngt ausläuft. Um den Haken verteilen und einbinden. Den Körper mit einem Flashchenille bedecken.

Ja, okay, ich möchte sie bitte auch haben. Was nun den Hechtfischern an Gerätepreisen fehlt, gleichen sie durch ihre Boote wieder aus. Besonders amüsant sind dann die Videos, in denen von einem 50.000 Euro Boot mit 20.000 Euro Extras auf Hecht gefischt wird, womöglich noch in einem privaten Schärenrevier, ja, das gibt es, und dem staunenden Zuschauer erklärt wird, dass er selbiges erlebt, wenn er nur die passende 18 Euro Fliege kauft. Das ist so, als würde ein Porsche-Fahrer einem Smart-Besitzer zur Steigerung der Motorleistung seine Fußmatten empfehlen.

Vorn ein zweites Bündel Kunsthaar verteilen und einbinden und die „Fliege“ abschließen. Schon so, möchte man annehmen, würde sie fangen.

Den eingehängten Shank hinten so schließen, dass der Faden am Öhr etwas hochläuft. Dann schlägt das Hinterteil nicht um.

Ja, also, da muss man einige Abzüge machen und versuchen, den Wert der Empfehlungen netto zu verstehen. Viele Bindeanleitungen sind komplizierter als die Lachsfliegen von Frödin, und da bin ich raus. Das will ich als Hechtbinder nicht leisten. Ich orientiere mich darum lieber an kanadischen Hechtfliegen und lasse die von den Great Lakes inspirierten Schwedenfliegen links liegen. Das heißt nicht, dass ich nicht alle einschlägigen Muster binde und probiere. Ich baue sie alle – und entscheide meist schon am Bindestock: Das ist mir zu kompliziert! Dann teste ich und schaue, ob sich dementsprechend Wunder vollziehen, in der Regel nicht, und bin wieder zurück beim „Whistler“ oder so.

Einen Körper aus Chenille aufbauen und wieder eine Bündel Kunsthaar einbinden. Hier kann man gern ein paar Fibern Flashabou integrieren.

Abschließend einen Kopf aus einem langfaserigen Dubbing, Fuchs oder Kunsthaar binden, das man um den Haken verteilt, mehr nach vorn als nach hinten zeigend einbindet und dann nach hinten umlegt.

Trotz dieser Hürde hat die us-schwedische „Pike Kicker“ in einer Version, die etwas materialtoleranter ist als die Version von Bauer, den Sprung in meine Sushi-Rolle geschafft. Das Muster besteht aus wenig Material, lässt sich schneller binden als man zunächst vermutet, und kann hinten mit verschiedenen Anhängern ausgestattet werden. Ich sehe in ihm eine schöne Verbindung zwischen Michigan, Saskatchewan und dem Schärengarten. An den Augen scheiden sich noch einmal die Geister. Ich glaube nicht an Augen und lasse sie bei meinen Fliegen meist weg. Zögernde Hechte laufen meist hinter der Fliege und sehen sie ohnehin nicht. Angreifende Hechte haben ihre Entscheidung schon getroffen. Ich halte es für viel effektiver eine Verletzung zu imitieren. Mit einem roten Kopf zum Beispiel. Aber für die vielen von uns, die Augen haben müssen, binde ich sie hier mal mit. Sieht ja doch gut aus.

Wer mag bringt etwas Epoxy oder UV auf, oder einen Fertigkopf, und setzt Augen ein. Die üblichen Hechtcones passen nicht über den Shank, aber ein paar Feilenstriche später eben doch. Einfach zwei kleine Rillen auf 180 Grad machen. Siehe unten.

Ich biege mir meine Einhänger aus 0,6 mm Edelstahl selbst. Man kann sie aber auch kaufen. Einen Einhänger mit Flashabou bebinden, mit der Schere verjüngen und hinten einhängen. Jeder andere Tail geht auch.

Ingo Karwath