Ja, gut, es ist nicht gerade der Fischerdübel. Aber eine hübsche Erfindung ist es trotzdem.
Es ist völlig egal ob man mit den Kindern an den Parkteich geht oder bei der Vendee Globe mitsegelt, denn wann immer man ans oder aufs Wasser geht, besteht das Risiko, dass einem etwas hineinfällt. Wir Fliegenfischer gehen ans und dann ins Wasser, und ab einer gewissen Tiefe ist eine Arterienklemme am Grund schlicht außer Reichweite. Wenn ich das Bündchen am Ärmel der Watjacke so richtig fest zumache, kann mit dem rechten Arm etwa 75 cm tief reichen und die Klemme wieder hochholen. Ist man schnell genug, geht das meist gut aus und der rechte Arm bliebt überwiegend trocken. Aber so ein, zwei Schluck sind doch oft drin im Ärmel. Hat man eine Fliege verloren, die zum Grund sinkt, lohnt sich das Risiko nicht. Da macht man die Rutenspitze ab, fummelt unten zwischen den Kieseln herum und holt sie mit dem Spitzenring wieder hoch. Das klappt ganz gut und befördert den Gegenwert von einem Glas Bier wieder an die Oberfläche. Aber das geht nicht immer.
Bei der tiefen Fischerei auf Steelhead kann man leicht den Fliegenbedarf unterschätzen, der sich in einer Woche so ergibt. Man kommt am Montag an, darf am Nachmittag in der Nähe der Lodge fischen, wird dann sechs Tage geguidet und am folgenden Montag wieder ausgeflogen. Nach den ersten Experimenten mit Sinktips und Fliegen ergibt sich die eine Fliege, die am besten fängt, und schon am Mittwoch hat man ein Dutzend davon verfischt. Der Pool und die Strömung geben einem die Information, dass man nun auf eine kürzere Länge T 14 umschalten muss, einzig und allein durch einen Hänger. Zuerst spürt man ein Holpern, und während man überlegt, jetzt kürzer oder flotter zu fischen, hängt man oft schon fest. Ein langer Pool bringt einen dreifachen Spitzenwechsel und natürlich auch drei Hänger mit sich, Einlauf, Mitte, Auslauf, von denen jeder einen Fliegenverlust oder Hakenruin bedeuten kann. Ruin ist gut, da kann man später einen neuen Haken anschlaufen. Verlust ist bitter. Wird die Zahl der guten Fliegen dünner, fischt man vorsichtiger und geht mit weniger T 14 ran als richtig wäre und fängt weniger. Aber wie man es auch macht, irgendwann ist eine Sorte „Intruder“ alle und man muss die zweibeste Fliege suchen. So fischt man sich durch seinen Bestand, entdeckt aber auch die Fängigkeit seiner anderen Fliegen.
Am letzten Tag war mir mein letzter schwarzblauer „Intruder“ in den Pool gefallen und hatte sich gut sichtbar im hüfttiefen Wasser so ungünstig zwischen klitschkofaustgroßen Steinen verklemmt, dass ich ihn mit der Rutenspitze nicht bergen konnte. Das war der Moment, in dem der Tauchretter erfunden wurde. Ich habe das am Abend mit den Guides diskutiert, und die fanden die Idee gut. Oder sie wollten nur nett sein. Ein Gewicht an einer Schnur mit einem Magneten hätte die Fliege retten können, und ich wollte mir einen solchen in der Heimat flugs werkeln. Das war schnell gemacht. Gewindehülse 6 mm, Ösenschraube einschrauben, Neomagnet kleben, fertig! Dazu der feste Vorsatz, das Provisorium irgendwann mal zu perfektionieren. Das hat etwas gedauert. Aber so nach und nach entstanden ein paar Prototypen, die recht ansehnlich waren. Nach dem Vorbild einer Schlüsselglocke nähte ich ein Lederetui für den Tauchretter, stanzte ein Loch hinein und befestigte das durchgezogene Bändsel an einem handgemachten Lederknopf. Das edle kleine Etui in der Weste erinnert an ein teures Taschenmesser. Westfälischer Adelstauchretter, sagte ein Freund. So einige Male im Jahr fällt mir etwas Metallisches ins Wasser, meist sind es Fliegen, und die souverän und mit trockenem Ärmel bergen zu können ist eine Freude so zwischen James Bond und MacGyver. Oder von mir aus auch Tom und Jerry.
Ingo Karwath
Demnächst in kleinster Serie im Laden!