Es gibt Werkzeuge, die sind so schön, dass man fast nicht damit arbeiten möchte. Ein japanischer Hammer aus antikem Ankerstahl, ein englischer Hobel mit Bronzekorpus, eine Granfors Axt aus Schweden, ein Halbmondmesser von Vergez Blanchard oder eine Ahle von Doldokki. Und genau das Gegenteil ist der Fall. Man soll sie, muss sie benutzen, denn sie sind einer Erinnerung an die Zeit, als Handwerkzeuge mit höchster Sorgfalt von Hand hergestellt wurden. Heute sagt man Luxuswerkzeug. Ein richtiger Handwerker, der betriebswirtschaftlich kalkulieren muss, wäre dafür der falsche Kunde. Solche Sachen bestellen passionierte Hobbywerker, die einen Hobel für 350 Euro eben haben müssen, um damit ihre Gespließten zu hobeln. Oder eine Ahle für 140 Euro, obwohl sie dafür 20 normale Ahlen kaufen könnten. Dahinter steckt der Wunsch, die Magie des Werkzeuges möge sich auf das Werkstück übertragen. Und das tut sie auch, wenn man sich von dem edlen Werkzeug zur Muße anleiten lässt und behutsam arbeitet. Natürlich entstehen auch mit einfachstem Werkzeug die schönsten Dinge, und das Werkstück überwipfelt mühelos das Werkzeug. Mit einem japanischen Stemmeisen Tasai Mokume Nomi ist das anders, da muss man schon ein Künstler sein, um das zu überschatten. Für Fliegenbinder sind edle Werkzeuge eher selten. Wir sind Pragmatiker und mögen einfache Geräte. Aber es gibt eine Tendenz nach oben, z.B. Bobbins oberhalb der 50 Euro Grenze. Das Blöde ist nur, die sind nicht von Hand gemacht, unsere Edelwerkzeuge, sondern CNC, und in der Vermarktung steckt mehr Handarbeit als im Werkzeug. Die Cast & Blast Dubbingnadel von Marc Aroner ist das Gegenbeispiel. 160 Dollar teuer, aus Purdey Schaftholz und Bambus, Stahl und Messing, und ständig ausverkauft. Ich bin gerade dabei ein paar edle Werkzeuge zu entwerfen und habe mit einem Hair Packer, einem Haarpresser begonnen, weil ich den gerade brauche. Er besteht aus 7075 Aluminium, Rotguss und recyceltem Buchenholz, hat eine 12 mm Front, ein 50 mm tiefes 3 mm Loch und ist für „Bomber“ gedacht. Nach ein paar Prototypen entstand tatsächlich ein Werkzeug, das den Geist der Vergangenheit atmet und von Hand mit Sorgfalt hergestellt wurde. Ich arbeite schon an einer mittleren und kleinen Größe, 10 mm und 8 mm, für „Muddler“ und „Ratfaces“. Ein Riesending für Hechthaken ist ebenfalls denkbar. Und ein Ständer bietet sich auch an. Wie schön Pläne zu haben. Okay, das Ding presst Haare, und das kann ein Holzdübel mit einem Loch auch. Aber, ne, danke, ich nehm‘ dann doch lieber meinen!
Ingo Karwath