Die „George Laiman“

Bonjour-Olé. Eine französische Trockenfliege im spanischen Stil.

Die „George Laiman“ ist eine außergewöhnliche Fliege. Hat man sie erst einmal für sich entdeckt, weckt sie den Reflex sie geheim zu halten, für sich zu behalten, was natürlich grundsätzlich Quatsch ist. Was ich gern geheim halten würde ist, dass ich sie als alter Binder erst letztes Jahr gefunden habe. Bei strukturlosen Recherchen im Internet fand ich zunächst ihren Namen, dann ihr Bild, und dann ein Buch von dem Mann, der sie erfunden hat.

Einen Haken der Größe 16 einspannen und weinrote Seide anlegen. Drei Fäden Seide einbinden: gelb, blau und braun.

Bei ABE-Books, einem sehr gut funktionierenden Antiquariatsdienst, fand ich ein Antiquariat in Lyon, in dem ein Exemplar von Pierre Miramonts „La peche aux nymphes, mouches et plumes“ zu kaufen war, veröffentlicht 1984 in Rennes. Es kam prompt ohne irgendeine Rechnung zu mir ins Haus, was mein Vorurteil bestätigte, dass viele Antiquare zwar Bücher lieben, aber nicht ihr Konto. Ich zahlte mit Paypal. Plus Kaffeeaufschlag.

Die blaue und gelbe Seide lose verdrehen und nach vorn winden.

Die „George Laiman“ ist ein wenig unscheinbar, um nicht so sagen schlampig, und wenn man sie so anschaut, hört man Charles Aznavour singen, von wegen schlampiger Figur und so. Ein heute völlig unmöglicher Text, und ja auch schon auf Männer umgedichtet. Die kleine Fliege ist trotzdem ein Star und von vorn bis hinten ungewöhnlich. Die Grundidee war, eine haltbare, gut schwimmende Trockenfliege zu konstruieren, und das Ergebnis ist sozusagen ein spanischer Palmer.

Eine gestutze graue Hechel einbinden, nach hinten winden und mit der braunen Seide gegenrippen.

Die Hechel sorgt für gute Schwimmfähigkeit. Sie wird gestutzt, um mehr Fett anzunehmen und die Fliege etwas tiefer in den Oberflächenfilm zu legen. Der Körper wird aus blauer, braunen und gelber Seide gebunden und bietet den Forellen eine Melange an. Die Flügel werden seitlich nach hinten gebunden, sorgen für Oberflächenhaftung und lassen eine gewisse Ähnlichkeit mit der so fängigen „Professionelle“ erkennen.

Zwei graue Hechelspitzen seitlich und nach hinten gerichtet einbinden. Man könnte es „halfspent“ nennen.

Zum guten Schluss werden noch fünf Bündel Hechelfibern geschnitten, das sind so 50 bis 70 Fibern, und mit einem weinroten Faden spanisch montiert! Dazu muss man mit dem Faden eine Schulter aufbauen und die Fibern dann in einem Halbkreis über dem Rücken der Fliege verteilen. Dabei entsteht ein Kopf, der fast an einen Thorax erinnert. Man denkt an einen Käfer, bei denen dieses Merkmal ja vorkommen kann.

Jetzt mit der weinroten Seide eine kleine Schulter aufbauen. Die grauen Fibern, die man nun spanisch einbindet, sollten die besten sein, die man finden kann. Miramont will sie kristallin haben! Die Fliege abschließen und mager lackieren.

Die „George Laiman“ macht Forellen und Fliegenfischern ein vielfältiges Angebot von Farben und Formen und schafft eine diffuse Imitation von Insektenleben. Eintagsfliege, Mücke, Sedge, Käfer, Raupe, Ameise – kaum etwas was sie nicht sein könnte. Man kann gespannt warten, wie diese Fliege in den USA neu interpretiert werden wird. Noch ist sie sehr verborgen. Aber die Fliegen-Scouts werden sie finden. Nicht zuletzt hier bei mir. Das ist wie „Drei Männer und ein Baby“. Erst drehen es die Franzosen, dann drehen es die Amerikaner noch einmal und verdienen Geld damit.

Ingo Karwath