Nymphe des Monats 10

Die Pelznymphe, auch als „Allfurnymph“ bekannt.

Obwohl ich sehr gern richtig einkaufen gehe, erlebe ich dabei für meinen Geschmack zu häufig, dass ich meine Liste nicht abarbeiten kann. Dies oder jenes ist nicht da, und dann kommt der Satz: „Das können wir Ihnen bestellen?“ Gefolgt von meiner Standardantwort: „Vielen Dank, kann ich selber!“ Am Bildschirm bestellen macht so viel weniger Spaß. Kein Kaffeeladen, in den man kurz abbiegt, keine Semmel mit Schinken vom Markstand, keine fröhlichen Frauen in Sommerkleidern. Langweilig. Nur ich vor dem PC. Besonders schlimm ist es ja ein paar Fliegenhaken zu bestellen. Sagen wir mal ich brauche 50 Stück Nymphenhaken Gr. 14 lang. Da klickt man noch dies und das dazu, und schon sind es wieder 84,95. Haben Sie mal geschaut was Dubbing für ein Geschäft ist? Da gibt es alles. Na ja, fast alles, denn für eine echte „Teal Winged Sedge“ benötigt man Hodensackwolle von einem schwarzen Widder. Da sind die meisten Fachhändlern nicht Manns genug die zu ernten. Dafür gibt es Kunstflusen in so einer unüberschaubaren Menge, dass die Tüten und Päckchen bei mir zwei Ikea Boxen füllen. Samla 401.029.78. Wie ungemein passend.

Zehn Wicklungen Blei wiegen mit dem Haken 0,2 Gramm. Sagt jedenfalls meine Pulverwaage.

Das Blei überwickeln, lackieren und aus ein paar Grannen einen Schwanz binden.

Es ist eine fast unmerkliche Sache aus alter Zeit. Denn während alle Nassfliegen und Lachsfliegen fünf Rippungen tragen sollen, nahm man früher bei Nymphen nur drei, um den Flash gleichzeitig zu haben und zu mindern. Das Dubbing wird klassisch angesponnen, damit es nicht fuselt.

In zwei weiteren Boxen habe ich Fellreste aller Art. Was sich so im Laufe der Jahre angesammelt hat. Fell ist aus der Mode gekommen. Dabei sind durchaus namentlich bekannte Pelztiere, etwa der Kater Tim von Dr. Norman McCaskie, schon zu Lebzeiten unter Fliegenfischern berühmt geworden. Erwachsene, in Eaton und Westminster erzogene, in Oxford und Cambridge studierte Männer konnten sich stundenlang über Dubbingmischungen unterhalten. Vor 90 Jahren jedenfalls. So kennen wir die „Green Cat“ und Skues „BWO’s“ noch heute.

Für den Thorax nimmt man das Dubbing in eine Schlaufe, denn nun soll es ja fuseln. Man könnte einen Flügelköcher über den Thorax legen oder auch anstummeln, aber die klassische „Allfur“ hat keine Feder an sich. Sonst hieße sie ja auch „Allfurnymphwithatinybitoffeather“, und wer will das aussprechen.

Fellnymphen haben keine Lobby mehr, zumal wenn man sie ohne Goldkopf bindet. Haben Sie je eine echte Nymphe mit einem 3,5 Millimeter großen, goldfarbenen Kopf gesehen? Eher nicht, oder. Das Aufschieben der Köpfe hat sich so verselbstständigt, dass es gar nicht mehr überlegt wird. Dadurch verarmen aber auch andere Gedanken, unter anderem auch der, wie man aus verschiedenen Fellfarben und Strukturen ein imitatives Dubbing mischt. Nicht photomalerisch, sondern impressionistisch. Und da kommt diese Nymphe ins Bild. Pelz. Allfur. Keine anderen Zusätze. Nach dem Reinheitsgebot von 1516. Nur Fell und Faden. Gold vielleicht. Und ein wenig von Guttenbergs Plumbum. Machen Sie mal ein paar davon. Zurück zur Natur und fangen. Und dann mal überlegen ob das nicht eine neue Richtung wäre.

Ingo Karwath