Was trägt der Hahn von Welt

Und, wann haben Sie denn zuletzt eine Fliege mit roter Mehlschwitze gebunden?

Auf den Verpackungen stand light dun, medium dun, dark dun und dark blue dun. Was sehen Sie?

Was halten Sie eigentlich vom Brexit? Erinnert ein wenig an Mowglis Lied „Ich zieh allein los“, das bei Kipling allerdings so gar nicht vorkommt. Das echte Mowgli-Lied wäre für Kinder ungeeignet. Da nun auf vielfältigen Ebenen begonnen wird die Knoten zu entflechten, man beachte die elegante Hinwendung zum Fischen, könnten wir bei der Gelegenheit nicht mal darüber nachdenken uns von den englischen Hechelfarben zu emanzipieren. Die Franzosen haben das längst gemacht, eigentlich immer schon, und auch die deutsche Sprache macht gute Angebote, bei denen uns die Farbe besser vor das innere Auge kommt, weil ja alle unsere wirklichen Farbbezüge deutsch sind. Nehmen wir Ingwer, nehmen wir ingwer als Farbe, das ist doch viel besser als ginger und gingembre, oder? Ich mach‘ mal eine Liste und wir schauen. Dazu unterteile ich die Farben in die Graugruppe, die Braungruppe und die Sperbergruppe. Mal sehen ob das Sinn macht. Die Reihenfolge ist deutsch, französisch, englisch.

Die Graugruppe

  • weiß – blanc – white
  • hellgrau – gris clair – light dun
  • mittelgrau – gris – medium dun
  • dunkelgrau – gris fonce – dark dun
  • hellblaugrau – gris bleu clair – light blue dun
  • blaugrau – gris bleu – blue dun
  • dunkelblaugrau – gris bleu fonce – dark blue dun
  • olivgrau – gris verdatre – oliv dun
  • rostgrau – gris rouille – rusty dun
  • schwarz – noire – black
  • rostschwarz – noire rouille – rusty black
  • sandgrau – sable – sandy dun
  • rostgrau – gris rouille – rusty dun
  • honiggrau – gris miel – honey dun
  • graubraun – gris brun – grey brown

Die Braungruppe

  • hellcreme – creme clair – light creme
  • creme – creme – creme
  • dunkelcreme – creme fonce – dark creme
  • schwefel – jaune blanchâtre – light yellow
  • gelb – jaune – yellow
  • hellbraun – brun claire – light brown
  • braun – brun – brown
  • dunkelbraun – brun fonce – dark brown
  • hellrot – roux clair – light red
  • rot – roux – red
  • dunkelrot – roux fonce – dark red
  • hellrotbraun – roux brun clair- light redbrown
  • rotbraun – roux brun – redbrown
  • dunkelrotbraun – roux brun fonce – dark redbrown
  • hell ingwer – gingembre clair – light ginger
  • ingwer – gingembre – ginger
  • dunkel ingwer – gingembre fonce – dark ginger
  • hellhonig – miel clair – light honey
  • honig – miel – honey
  • dunkelhonig – miel fonce – dark honey
  • ingwerrot – roux gingembre – ginger red
  • mehlrot – roux rouge – creme red
  • mahagoni – acajou – mahogany

Die Sperbergruppe

  • rot gesperbert – roux bigarré – barred red
  • braungrau gesperbert – brun gris bigarre – barred grey brown
  • schwarzbraun gesperbert – brun noire bigarre – barred brown black
  • brauningwer gesperbert – gingembre brun bigarre – barred brown ginger
  • braun gesperbert – brun bigarre – barred brown
  • coch-y-bondhu – coch-y-bondhu – coch-y-bondhu
  • helle Ofenhechel – furnace clair – light furnace
  • Ofenhechel – furnace – furnace
  • dunkle Ofenhechel – furnace fonce – dark furnace
  • dachs – blaireau – badger
  • graudachs – blaireau gris – grey badger
  • golddachs – blaireau gingembre – golden badger
  • zebra – blanc barré – grizzly
  • chinchila – chinchila – chinchila
  • hell beige, rot, schwarz gesperbert – creme, roux et noire Claire bigarre – light cree
  • beige, rot, schwarz gesperbert – creme, roux et noire bigarre – cree
  • dunkel beige, rot, schwarz gesperbert – creme, roux et noire fonce bigarre – dark cree
Auf den Verpackungen stand dark red, dark brown, ginger und grizzly. Was sehen Sie?

So, wollte man diese Farben auch nur in einer Balgqualität bevorraten, werden beachtliche Ausgaben fällig. Was auf den ersten Blick auffällt, ist die vielfältige Herleitung der Farben aus der Natur. Man hat mit den Bälgen gebunden, die der Hühnerhof so hergibt. Sei es aus Oberbayern, aus der Provence, aus Hampshire oder Lahore oder Shanghai. Die Farbnamen für diese Bälge hat man aus der eigenen Sprache genommen, und da finde ich das Selbstbewusstsein der Franzosen nachahmenswert. Sie haben sich früh und gründlich gegen Halford aufgelehnt und mit ihren eigenen Fliegen, eigenen Autoren und Bindern eigenen Gegenpol geschaffen. Einige Begriffe, etwa roux rouge, rote Mehlschwitze, erschließen sich nur dem Koch, der schon mal einen Löffel Tomatenmark selbst eingerührt hat. Aber wohl jeder Franzose kennt den Ton vom Tisch seiner Mama. Das spricht für mein Argument der emanzipierten Sprache. Ich fremdel allerdings mit dem Gedanken, die Hechelfarbe bratensauce einzuführen. Aber das deutsche Wort Ofenhechel ist einfach klasse. Furnace hat ja im Gegensatz zu Bondhu schwarze Spitzen, wie minimal auch immer. Schaut man sich jedoch die Gruppen an, dann sind alle Farben außerhalb der Küche, und das sind die meisten, sehr gut in Deutsch zu benennen. Die Vielfalt der Farben wird nur noch übertroffen von den verschiedenen Meinungen über sie. Man muss ja zunächst die Farbe definieren, dann ihren Ton. Da sind unsere Augen ebenso verschieden wie unsere Einordnung, und da kann man trefflich diskutieren. Außerdem sind wir sprachlich nicht einer Meinung, und ein alter Kollege sucht vielleicht vergeblich seinen geliebten Goldsperber. Ich meine, wir sollten den Hechelmarkt auf diese Weise wieder öffnen und uns nicht von den Benennungen abhängig machen, die uns von den „fast-hackle Ketten“ vorgegeben werden. In der Regel werden weiße Bälge mit firmentypischen Farben gefärbt. „Blue dun“ kann von Hoffmann, Whiting, Keough, Ragot oder Metz in Nuancen verschieden sein. Ich möchte die genetischen Hecheln natürlich nicht missen, aber mit ihnen verarmen wir. Der Stil einer Fliege, die damit gebunden wird, hat etwas maschinenhaftes. Bindet man mit einer „schlechten“ indischen oder chinesischen Hechel, entsteht auf einmal wieder eine Fliege wie auf den Fotos aus den 50er und 60er Jahren. Aber das ist noch einmal ein Thema für sich. Wie auch immer man Hecheln benennen möchte, man sollte die Vokabeln entweder kennen oder einfach auf Deutsch sagen was man sieht. Ich fuhr dieser Tage in der Früh zum Dienst und am Himmel waren alle Grautöne, die es als Hechelfarben auch gibt. In Norddeutschland wird man ein guter Graukenner, ob man will oder nicht. Das eigentliche Problem der Hechelfarben scheint mir darum zu sein, was wir wirklich sehen. Die Bälge tragen keinen Farbnamen auf der Innenseite, und hat man die Verpackung entsorgt, hat man auch die Farbdefinition weggeworfen. Hat man nun keine eigene Meinung, findet man den Weg zurück nicht. Ich halte darum die Farbvokabeln für weniger wichtig. Die obige Liste enthält ja längst nicht alle, weil es da verschiedene Meinungen gibt. „Cree“ wird auch als „barred ginger“ oder „variant“ verkauft, zumal wenn der Verpacker keine Ahnung hat, und derartige Beispiele gibt es viele. Wichtig ist, die Farbe überhaupt als solche zu erkennen und für sich in irgendeiner Sprache zu benennen. Ab da kann man diskutieren, wie andere Fliegenbinder den Ton sehen. Und unsere stärkste Waffe ist sowieso nicht die Hechel an sich, sondern ihre Mischung. Eine „Kleine Graue“ aus hellgrau und dunkelgrau gebunden ist allemal besser als die Eingrauige. Also, wenn Sie etwas aus diesem Artikel mitnehmen wollen, dann diesen Tipp. Und die Auflistung der Farben macht auch einigen Sinn, oder?

Ingo Karwath

„Je crois que je n’ai jamais peché avec une mouche portant un nom anglais. (…) J’ai le sentiment d’etre un peu ridicule quand j’essaie de prononcer ces termes avec mon accent franc-comtois.“

Zitat von Jean-Paul Pequegnot

„Ich glaube, ich habe noch nie mit einer Fliege gefischt, die einen englischen Namen hat. Ich fühle mich irgendwie etwas unbehaglich, wenn ich mit meinem französischen Regionalakzent diese Namen spreche.“