Delaware Adams – Trockenfliege des Monats 4

Mit weißer Bindeseide ein Fundament wickeln und ein Dutzend Grizzlyfibern als Schwanz einbinden.

Ein Stück Allesnäher einbinden und einen grünen Körper aus Wolle oder Dubbing formen.

Dass George Washington in der Nacht vom 25.12. auf den 26.12.1776 niemals den Delaware überquert hätte, wenn er Fliegenfischer gewesen wäre, ist ein alter Witz unter den Delaware Fischern. Aber natürlich grober Unfug, denn wie man auf dem berühmten Gemälde von Leutze sehen kann, „Washington crossing the Delaware“, war bei dem Eisgang natürlich nicht an Fliegenfischen zu denken. Die Schlacht von Trenton war danach ein Wendepunkt im Amerikanischen Unabhängigkeitskampf, denn man schlug die gefürchteten Hessen. Dass das heute alles keine Bedeutung mehr hat und vor allem für Fliegenfischer Schall und Rauch ist, ignoriert die vielen Hildebrandt-Auktionen in Bad Karlshafen, von dessen Stadthafen aus die Hessen sich einschifften. Freiwillige waren nicht eben zahlreich, denn in Hessen herrschte der blanke Rekrutierungsterror. Der Stadthafen wurde inzwischen für 6,5 Millionen Euro renoviert. Ich kenne Bad Karlshafen, Carlo Porto, schon so lange wie ich Udo kenne, und ich muss da dringend mal wieder hin! Aber zurück zum Delaware. Historisch sicher einer der besterinnerten Flüsse in den USA, aber bis auf den heutigen Tag auch einer der bekannteren Flüsse für Fliegenfischer. Es ist nur ein kleiner Teil von uns, der Flüsse sammelt und auf den Spuren der Vergangenheit Test, Itchen, Traun, Risle und Beaverkill besucht, um auf klassischem Grund zu fischen. Den Delaware müsste man dazu in den West Branch, den East Branch und den eigentlichen Delaware unterscheiden. Es wurden Bücher über diese Gewässer geschrieben, und die paar Zeilen hier können nur dazu anregen, so eine Reise mal in den Blick zu nehmen. Man könnte sich mit Art Lee und „Lore of Trout Fishing“ einstimmen, einer Sammlung seiner Artikel aus dem „Fly Fisherman“. Oder man bindet mal ein paar „Delaware Adams“, eine weder in den USA noch bei uns sehr bekannte Trockenfliege. Sie passt ganz gut in den April, denn am 10.4., also heute, haben wir Palmsonntag. Schöner kommen Theologie und Fliegenbinden nie zusammen, denn „Palmer“ nannte man in England die heimgekehrten Kreuzfahrer. Die vollkommen rundum behechelte Fliege hat ihren Namen genau deshalb, weil sie an ein Palmblatt erinnert. Wer also nicht viel in die Kirche geht, kann dem Pfarrer immer noch erklären, zumindest theologisch korrekte Fliegen zu haben. Walt Dette hat die „Delaware Adams“ erfunden und beabsichtigte eine Kreuzung von „Adams“ und „Henryville Special“. Sie ist also schon von ihren Genen her eine Top-Fliege. Außerdem ist sie nicht schwer zu binden, bedient sich an üblichem Material und ist doch, weil vergleichsweise unbekannt, eine Auffrischung in unseren Dosen. Und wer weiß, vielleicht zieht sie ja ein paar Dinge nach sich. Fliegenfischen und Fliegenbinden bestehen ja nicht nur aus Praxis, sondern auch aus dem literarischen Hintergrund, mit dem man sich befassen kann. „The Dettes“ von Eric Leiser etwa, ein Buch über die Bindefamilie Dette. Zwischen Buchdeckeln wartet Leben und Erleben. Kann ja sein man bindet nur eine Fliege nach, kann aber auch sein man erlebt mit ihr eine Sternstunde, oder plant eine Reise, oder was auch immer. Das ist wie der berühmte Flügelschlag eines Schmetterlings.

Zwei Grizzlyhechelspitzen als Flügel einbinden und aufrichten.

Eine Grizzlyhechel über den Körper nach hinten palmern (s.o.) und mit dem Allesnäher abbinden und gegenrippen.

Eine braune und eine grizzly Hechel einbinden und winden und die Fliege mit einem Whip Finish abschließen und lackieren.

Ingo Karwath