Gasolina

Das Jahr meiner Geburt brachte es leider mit sich, dass ich sowohl beim Rock’n‘roll als auch bei den Hippies etwas zu spät und zu früh dran war, aber dafür die Beatles und Stones ganz gut miterleben konnte. Tankstellen mit nur einer Zapfsäule und einem Dach auf drei dünnen Säulen waren der Standard der Zeit, und es war ein erheblicher Umweg von der Schule nach Hause, wenn Frank und ich zur Tankstelle Bismarckstraße gingen und dort Motorräder anguckten. Der Besitzer hatte eine Norton Vertretung, und die britischen Besatzerfreunde tummelten sich noch recht zahlreich bei uns. Die Norton Commando mit dem grüngoldenen Tank war unser Favorit. Die schillernden Benzinpfützen, die an Regentagen das Bild der Tankstelle und überhaupt das Straßenbild prägten, gibt es heute nicht mehr. Die Technik war ja eine andere, und alles saß etwas loser zusammen. Dass ich heute auf viele Jahre Mopedfahren zurückblicke, Frank jedoch Segler wurde, war damals ebenso wenig absehbar wie die „Gasolina“, die das Bild der Benzinpfütze in sich aufnahm und zu ihrem Namen erhob. Wenn ich sie binde und anknote, kommt stets das Bild der Tankstelle zu mir, und zwei Jungs in kurzen grauen Stoffhosen drücken sich die Nase platt am Mopedfenster. Gleich gegenüber war ein Zoogeschäft, in dem ich meine ersten Aalhaken kaufte. Damit fing meine Karriere an. Die „Gasolina“, eine Perdigon-Nymphe von Weltruf, Perdigon heißt Schrotkorn, soll das spektrale Funkeln einer Benzinpfütze in ihrem Leib einfangen. Keine kleine Aufgabe. Weltweit gibt es zahlreiche Variationen des Themas, und man kann wahrlich nicht sagen, die ist es oder das ist es. Versuchen Sie einfach dem Bild der Benzinpfütze zu folgen, dann wird es schon gelingen. Letztlich ist die Nymphe im Bindestock ohnehin nicht die im Wasser, die den Lichterscheinungen folgend ihr Eigenleben entwickeln wird. Und obwohl Benzin nun wahrlich nicht ins Wasser gehört, die „Gasolina“ muss man haben. Wenn man nur eine Perdigon möchte, dann diese.

Eine Perle aufziehen und den Schlitz mit UV Glue füllen und mit der Lampe verfestigen. Dann sitzt schon mal die Perle.

Einen weißen Faden anlegen, ein Fundament winden und hinten fünf Fibern CDL Pardo einbinden.

Flachmylar in Iridescent Yellow einbinden und als Unterbau einen Strang Spectraflash Multicolour. Den Unterfaden einlagig binden, mit dem Mylar folgen. Beides abbinden.

Einen kleinen Thorax aufbauen, hier in fluogrün. Die Nymphe mit UV Glue überziehen und härten.

Dem Thorax einen schwarzen UV Punkt aufsetzen und härten. Die Logik des schwarzen Punktes ist die, dass die Nymphe mit dem Kopf nach unten treibt, vom Vorfach gebremst, also mit dem Öhr zum Vorfach, und der Fisch hat eben das in der Aufsteigesekunde der Nymphe vor Augen.

Ingo Karwath