Das korrekte Material sind bunte Haarverlängerungen aus dem Internet. Meist 60 cm lang und man bekommt jede Menge für sein Geld. Davon bindet man drei oder vier Bündel hinten auf dem Haken fest. So 10 bis 12 cm Überstand. Fundament binden, kräftig ziehen, Sekundenkleber benutzen. Das Bündel sollte sich nicht mehr drehen lassen. Die einzig nötige Farbe ist Chartreuse. Und später weiß.
John Uilenberg ist ein Hechtangler aus den Niederlanden, der möglicherweise in eine etwas unglückliche Beziehung mit Großhechten, seiner Fliegenrute, seinem motorisierten Bellyboot und Bleiköpfen geraten ist. In seinen vielen Filmen sieht man ihn bei fahrendem oder treibendem Bellyboot einen Streamer zupfen, und die Filme und die Fänge sind so zahlreich, das man kaum mehr einen Sinn findet. Dicke Hechtmuttis werden ohne Rücksicht aus dem Wasser gehievt, Rogen perlt unter Druck heraus, und man fragt sich was das soll. Ich finde ja schon unsere deutschen Kollegen peinlich, die zum Hechte stemmen nach Holland fahren, aber diese wöchentlich dokumentierte Anheberei ist sehr eigenartig, und ich möchte keine harten oder herabsetzenden Worte dafür finden. Sie würden nur so aus mir herausperlen. Die Technik an sich ist absolut bemerkenswert und hat sich in kürzester Zeit entwickelt. Dokumentiert wird seit 4 Jahren. Der Streamer wird ausgebracht und vom bewegten Bellyboot mit der Schnurhand gezupft. So um die 40 cm. Das Vorfach ist dabei nicht kurz, sondern lang, und an den Streamern erkennt man oft einen eher kleinen Chebu. Anscheinend kann man alle anderen Techniken getrost vergessen. Das ist es. Der finale Ansatz. Dazu auch nur mit einer Fliege, dem grünweißen Punkstreamer. Ja klar kann man zwischendrin mal wedeln und werfen, damit man sich besser fühlt, aber es ist eine weitere Technik, die wurflos auskommt. Man kann so fischen, ohne werfen zu können. Es ist eine Schlepptechnik, die eine Fliegenrute nicht voraussetzt. Mit 10 Meter Draht auf einer Baitcaster ginge das auch. Der geht schön unter, hat eine prima Wasserlage, lässt sich gefühlvoll zupfen und man könnte die Fliege direkt ansnapen. Diese ganzen Techniken kommen mir vor wie gefälsche Rolex und Birkin Bags beim Zoll. Tippfischen mit Jigs, Tiroler Hölzl Nymphe am Schlenkervorfach, Schleppfischen auf Hecht. Was soll das? Das wird ebensowenig je Fliegenfischen wie dieses Zeug beim Zoll je eine echte Rolex oder Birkin wird. Never. Man macht sich nur lächerlich und wird nie da anerkannt, wo man es sich vielleicht wünscht. Trotzdem, und da haben wir wohl alle ein Grenzbockmentalität, schauen wir uns natürlich sorgfältig an, was unsere schwarzen Schafe so treiben. Und wenn ich mal ‘ne halbe Stunde auf dem See rumtreibe und mit der Fliegenrute pilke, wie wollte man das vom Ufer aus erkennen. Außerdem finde ich es nur gerecht, wenn wir mal alle versuchen niederländisch zu verstehen, um die Feinheiten dieser Methode zu ergründen. In den Niederlanden spricht man ja nicht deutsch, weil wir so nett sind, sondern wegen bestimmter Fernsehsendungen. Derrick etwa war Kult. 19 Staffeln Lernerfolg. In diesem Sinne, Europa lebt.
Ich mache zur Sicherheit noch Epoxy drauf und schmelze ein Stück Schlauch drüber. Es ergibt einen schwarzen Punkt in der Fliege, wie ein Auge, aber ich denke nicht das fängt mehr.
Vier Bündel weißes Extensionhair um den Haken verteilen und ein wenig ungleich ablängen. Wieder Sekundenkleber einsetzen. Geht leider nicht ohne. Ich bin ja kein Fan davon.
Noch einmal vier Bündel einbinden und mit einem schönen Kopf abschließen. Keine Augen oder sonstige Mätzchen anbringen. Das ist ein Profi-Köder. Kein Ich-langweile-mich-am-Bindetisch-Hechtstreamer.
Wer es nicht lassen kann darf den Kopf mit UV etwas hübscher machen. Man sitzt am Bindetisch mit dem unglücklichen Gefühl, man hätte eine chartreusen Gummifisch gebunden. Aber so sei es.
Ingo Karwath