Büffel und Forellen

Denkt man an das amerikanische Grasland, kommt einem vermutlich „Der mit dem Wolf tanzt“ in den Sinn, denn da gibt es Szenen, in denen man die Weite der See auf fester Erde sehen kann. 60 Millionen Büffel zogen einst über diese Prärien, und wurden bis 1889 bis auf 800 überlebende Tiere zusammengeschossen. Tausende Jahre hatten die Büffel dieses Ökosystem geprägt, und mit der Klimaerwärmung kommt ihre Bedeutung wieder realistischer in den Blick. Über hundert Jahre hatte man die Büffel schlicht und einfach gegen Kühe ausgetauscht, um den Steakhunger der großen Städte zu bedienen. Um die vielen Kühe satt zu bekommen, hat man die Kammquecke als Neobiota eingeführt, und um sie zu tränken, benutzt man die natürlichen Flüsse und hat Brunnen gebohrt und Teiche geschaffen. Etwa 2% der Flächen ist von Wasser bedeckt. Die Kühe haben viel weniger Neigung auf Wanderschaft zu gehen und halten sich gern am Wasser auf. Dabei gestalten sie die Ufer zum Nachteil der Forellen, denn sie fressen die Pflanzen, die dort eigentlich stehen sollten und schleppen die Kammquecke ein. Sie verbeißen die Büsche und zerscheuern die Bäume. Aber im Gegensatz zu den Büffeln sind die Kühe legal auf privatem Land, während Büffel vertrieben werden, weil sie womöglich Brucellose übertragen können. Da nun aber Ranches wegen der schwieriger werdenden Bedingungen teilweise nicht mehr rentabel sind, könnte es sein, dass die Umweltorganisation „American Prairie“ in Zukunft noch mehr Land erwerben wird, um den Büffeln wieder das zu geben, was ihnen gehört. Im Yellowstone Park gibt es ca. 30.000 Büffel, außerhalb des Parks noch einmal 300.000 Tiere, und betreibt man auf Weideland das „Rinder-raus-Büffel-rein Konzept“, ergeben sich erstaunliche Veränderungen. Längs der Flüsse entstehen wieder ohne Kammquecke natürlich begrünte Überflutungszonen, und Büsche und Bäume spenden den Forellen Schatten. Der Insektenbestand nimmt zu, Singvögel und Kleinsäuger ziehen nach. Durch die Vegetation verfestigen sich die Ufer und der Fluss muss reagieren und mehr mäandern, es bilden sich Pools und andere Strukturen. An Gleithängen sammelt sich Sediment, und zusammen mit den neugewachsenen Bäumen haben Biber damit alles, was sie für eine Ansiedlung benötigen. Hirsche nehmen das erfreut zur Kenntnis und suchen das Wasser und den Schutz der Bäume. Was eine Ranch war wird wieder Natur. Das wird jeder Fliegenfischer mit Freude zu Kenntnis nehmen, verbessert sich doch die Fischerei ganz erheblich. Da die Herden sich mehr über das heiße und trockene Land bewegen, sie können die plus 38 Grad im Sommer und minus 45 im Winter ab, dabei täglich so um die 10 Kilo Gras fressen und zu Dung verarbeiten, wird die ganze Weite so nach und nach fruchtbarer. Die Büffel gestalten außerdem den Wasserhaushalt der Prairie, denn ihre Wallows, ihre Liegeplätze, öffnen den Boden für Niederschläge. Die Herden haben für Jahrtausende das Land gestaltet, und wo man sie das wieder tun lässt, zeigen sich die Büffel Bioingenieure von Format. Vielleicht ist der Klimawandel ihre zweite Chance. Wer das konsequent durchdenkt, müsste nun am Abend Tofu und kein Steak bestellen, und da ist mein eigenes Verhalten verbesserungswürdig.

Ein langsamer, bärtiger Umweltingenieur. Foto: Leona Jordan, Flickr.

Ingo Karwath