Bo Mohlin Mini Trout

Ein Rollenspiel mit Schraubendreher und Mikrometer.

Bo Mohlin Mini Trout; Kurbelseite.

Bei der Herbstauktion 2015 in Bad Karlshafen habe ich auf eine Bo Mohlin Mini Trout Limited Edition mitgeboten und bekam den Zuschlag. Das Interesse an der Rolle war anscheinend hoch genug, um den Preis fast an mein Limit zu treiben. Udo schickte mir die Rolle mit den Worten: „Teures Schätzchen zum Auseinanderschrauben!“, denn er war über meine Absichten informiert.

Mini Trout, Rückseite.

Ich hatte mal zwei Mohlins, es steht mein Name darauf, und sie sind sicher auch irgendwo in Betrieb – nur nicht bei mir. Unser Uhrmacher hier im Ort musste sie erst betriebsbereit machen, weil die gefederte Clickerkugel des Bremsverstellhebels nicht in die dafür vorgesehene Lochreihe der Unterplatte klickte. Bei beiden!

Mini Trout, Kurbel, Kurbelschraube rechts, Stegschrauben links.

Das war aber nur ein kleines Ärgernis, und trotz meiner so entstandenen Vorbehalte funktionierten die Rollen tadellos. Wer sie gerade besitzt erkennt sie an meinem Namen und den oval aufgebohrten Löchern der oben beschriebenen Scheiben. Ihre letzten Lachse fingen die Rollen 1990 am Tweed, denn am 5. April 1991, nach nur einem Jahr Wartezeit und knapp vor meinem 35ten Geburtstag, schickte mir Stan Bogdan die bestellten Rollen 0 und 2. Für 695 Dollar die eine, für 745 Dollar die andere. Bis dahin hatte ich „nur“ Forellen-Bogdans im Geräteschatz.

Mini Trout, Kurbelplatte außen

Damit hatten die Mohlins ihre Rolle als Platzhalter erfüllt und ich verkaufte beide. Jetzt doch wieder eine zu kaufen hängt damit zusammen, dass ich angefangen habe Rollen zu bauen. Und dazu die Rollen anderer Benchmaker natürlich zu gern anschaue. Dr. Paul Hermann ist mein Vorbild und Favorit. Für die ganz paar Leute, die ähnliche Interessen haben wie ich, hier die Ergebnisse der Vermessung und einige Vermutungen dazu.

Seitenplatte auf der Kurbelseite: Aluminium OD 74,39 mm, 70,70 mm ID außen, 6,65 mm ID innen, 5,63 mm dick. Die tiefschwarz anodisierte Aluplatte ist 1,2 mm dick, 12 Löcher Innenkreis 4,5 mm, 24 Löcher Außenkreis 4,5 mm, 23 Löcher Mittelkreis 3,5 mm, 7,80 mm Loch für die Buchse. Bronzebuchse OD 15,19 mm, Achsloch ID 5,72 bis 5,88 (man sieht mit bloßem Auge dass es unrund ist, vermutlich durch den Druck der Kernlochbohrungen gleich daneben). Länge der Buchse 4,5 mm. Verschraubt mit M1,5 mm Edelstahlschrauben. Die Durchgangslöcher für die Stegschrauben haben 2,5 mm ID. Man erkennt Gewindeansätze in der Platte, anscheinend aber nur von den härteren Schrauben. 

Mini Trout, Kurbelplatte innen.

Der Clicker ist 19,18 mm lang und 8,80 mm breit und hat an der Spitze einen Winkel 45 Grad. Die Fräsung zur Aufnahme der 7,23 mm OD Messingscheibe, die dann mittels einer Schraube durch die Rückplatte den Clicker hält, ist 8,80 mm mal 7,18 mm. Die Schraube zeigt eine leichte Körnung und ist vermutlich fest. Ich habe aber nicht versucht den Clicker zu entfernen. Das geschätzt 3mm dicke Material zeigt Fräserspuren von einem 4 mm Schaftfräser, aber unmöglich zu sagen, was es für ein Stahl ist. Ich vermute mal es ist Automatenstahl. Da Bo Mohlin auch Messer baut, kann man über den Stahl lange rätseln. Es gibt zu viele gute Möglichkeiten. Die Laufbuchse auf der Bremsseite hat 7,60 mm OD und eine Bohrung mit 4,97 mm. Sie ist von der Platte aus gemessen 5,14 mm hoch. Auf der Außenseite steht sie 3,30 mm hervor und wird von einer flachen Mutter mit 9,49 mm OD gehalten. 

Mini Trout, Spule Kurbelseite.

Das Zahnrad hat 18 mm OD und  24 Zähne, vermutlich Modul 0,7. Es ist mit einer  Minischraube mit der Spule verschraubt. Man erkennt außerdem einen Pin und ein Loch, in dem möglicherweise ein zweiter Pin steckt. Die Achse hat an der Kurbelseite 5,77 mm OD. Die Achslänge beträgt 34,60 mm. Die Spule ist 24,58 mm breit und hat 59,58 mm OD. Es ist eine kleine 60 eingraviert. Das kann man gut gelten lassen. Digitale Messschieber sind viel ungenauer als sie aussehen.

Mini Trout, Spule Bremsseite.
Mini Trout, Bremssystem.

Fazit

Vermessen ist ja so ein Sache. Als Udo Hildebrandt in jungen Jahren, kann 1982 gewesen sein, eine „Leonard“ restaurierte und vom Lack befreite, staunten wir über die Ungenauigkeiten von Fläche zu Fläche. Da ging es nicht um Hundertstel, das waren Zehntel. Trotzdem war das eine sehr gute Rute. Wir aber trotzdem verblüfft und enttäuscht. Also, Toleranzen sind wichtig, nicht unbedingt in der Funktion. Auch hier sind Vermessungsfehler möglich. Ich habe an unzugänglichen Stellen mit Parallelanschlägen gearbeitet oder auch mal Mittelwerte gebildet. Und chinesische Messschieber benutzt. Das ist aber auch gar nicht so wichtig. Im Benchmaking werden die Teile zueinander und füreinander gebaut, und es gibt kein Gut und Schlecht in Hinblick auf eine Zeichnung. In der Summe eine ganz hervorragende Rolle. Bo Mohlin ist vom Typ her weder Modellbauer noch Uhrmacher, und auch nicht Künstler oder Gestalter. Seine Rollen zeigen die souveräne Sicherheit des erfahrenen Rollenbauers. Der genau weiß wie was geht und dreht. Man erkennt die Shortcuts des Herstellers, der es ja schaffen muss, die Rollen auch als Betriebswirt zu produzieren. Den Teilen mag hier und da Liebe und Sorgfalt fehlen, aber bestimmt nicht Struktur und Technik. Eine Rolle von einem echten Fischer für echte Fischer. Mit entwicklungsfähigem Sammlerflair. Bei dem Preis für Benchmade ein Schnäppchen. Respekt. IK