Die „Arthofer“

Die Eroberung der Tiefe.

Der Flügelköcher wird nicht unmittelbar, sondern 2 bis 3 mm hinter dem Thorax nach vorn gefaltet. Das ist ein Merkmal der „Arthofer“!

Die „Arthofer“ ist eine der wichtigsten Nymphen der Nach-Ritz-Ära und in den paar Jahrzehnten ist das Wissen sie zu binden zu einer Travestie verkommen, über die man sich nur wundern kann. Die Nymphe wurde berühmt wegen ihrer Schamlosigkeit. Die 60er und 70er Jahre waren noch stark von Eliten geprägt, und bekannte Fliegenfischer waren Ärzte, Juristen und Offiziere. Diese Meinungsbildner standen noch unter dem Einfluss von Halford, Skues, Sawyer und de Boisset und hatten so ihre Probleme mit großen Fliegen. Über allem schwebte noch der imitative Kodex und Streamer und kapitale Nymphen waren im „hier sind Drachen“ Bereich. Oliver Kite etwa fischte mit voller Absicht keine große Danica-Nymphe, weil sie ihm zu viel fing. Das war der alte Anstand. Die „Arthofer“ wurde so berühmt, weil sie diesen Kodex knackte. Die völlig schamlose Größe 4 sah man selten, aber die Größen 6 und 8 waren die populärsten Nymphen. Die waren meist ausverkauft. Ein 6er Haken kann so viel Kupfer annehmen, dass er richtig schwer wird.

Viele „Arthofer“ tragen Bleiunterwäsche.

Und es war mehr als üblich, erst eine Bleiwicklung aufzubringen. Der Draht ist nur das Sahnehäubchen. Dann ist es korrekt, wenn man den Flügelköcher weiter hinten umknickt, das macht man mit der Bindenadel, und dann nach vorn bindet. Und die Hechel war stets eine Perlhuhnhechel, die man zuletzt stutzte. Die übliche Methode eine „Arthofer“ zu fischen war auch nicht stromauf, sondern stromab. Darum ja auch das Gewicht. Man konnte sie zurückgestoppt einschlagen lassen und dann letztlich wie einen Streamer fischen. Das war an einigen Gewässern gar nicht gern gesehen, aber die Eroberung der Tiefe nahm mit der „Arthofer“ ihren unvermeidlichen Anfang. Eine 12er Ritz B, farblich ja eine Entsprechung, ist gegen eine echte 6er „Arthofer“ so eine Art Trockenfliege. Es ist verwunderlich, dass uns ihr Erfinder so unbekannt ist. Norbert Eipeltauer wird wohl hier und da mal genannt, aber in seinen eigenen Büchern schreibt er an keiner Stelle „ich war’s“. Auch in Steinfort 1984 kein Wort. An gleicher Stelle von de la Porte die Bemerkung die Nymphe sei nach dem Österreicher Arthofer benannt. Also, nein, ich meine Eipeltauer war es schon mal nicht allein, aber vielleicht als Co-Erfinder. Er hat die Nymphe binden lassen und vermarktet. Soviel ist sicher. Das Wiener Telefonbuch verzeichnet heutzutage 11 Arthofer. Aber das hilft ja auch nicht weiter.

Wegen der Hechel muss man vorn schön viel Platz lassen.

Wie man eine „Arthofer“ bindet, habe ich vor langer, langer Zeit im Biergarten des Hotels Marienbrücke gelernt. Da hatte ich noch Hosengröße 48. Ein Wiener Kollege saß dort am Bindestock und machte sich ein paar. Da ich kein Bindezeug mit hatte, fuhr ich zu Höller Eisen und kaufte mir sechs Stück. Das wirkliche Geheimnis so mancher „Arthofer“ entdeckte ich aber, als ich eine abgefischte Nymphe am Fluss fand. Haken gebrochen, insgesamt ziemlich desolat, aber noch als „Arthofer“ erkennbar. Und mit Blei unter dem Straußengras!

Der letzte Bindeschritt steht an. Die Faltung vor dem Schnitt.

Die „Arthofer“ ist immer noch eine gute Wahl für die Tiefe. Und es ist auch immer wieder eine Freude ohne Fertigteile binden zu dürfen. So wie damals, als es nur drei Fernsehprogramme gab, und Fliegenfischer die dicke Nymphe mit dem Witz „Peter, der Bolzen“ anknüpften.

Die Bindeweise der „Arthofer“ erklärt sich von selbst. Streit gibt es immer wieder um das ‚korrekte‘ Material. Die großen Federn vom Strauß, Platten genannt, gibt es von weiß-beige über grau bis zu braun. Alle diese Töne kann eine „Arthofer“ haben, grau-braun ist nur der mittlere Ton. Die Hechel muss Perlhuhn sein. Der Flügelköcher in grau-braun ist wieder etwas freier, und der Draht kann Messing oder Kupfer sein.