Fliegen aus dem Survival Kit des Starfighters F-104.
Als am 9. April 1963 die ersten beiden Starfighter F-104 in Wittmund landeten, konnte man weder beim Geschwader „Richthofen“ noch bei der Luftwaffe überhaupt ahnen, welche Tragödie sich daraus entwickeln sollte. 108 deutsche Soldaten und Zivilisten sollten diesem Flugzeug zum Opfer fallen, das als Witwenmacher oder fliegender Sarg in die Geschichte einging. Oberleutnant zur See Joachim von Hassel, der Sohn des früheren Verteidigungsministers, war eines der prominenten Opfer. Im Schleudersitz des Starfighters war ein Survival Kit verbaut, in dem sich eine kleine Schachtel mit Angelzeug befand. Da ich zu der Zeit ein kleiner Angler war und meine Eltern Freunde beim Geschwader hatten, bekam ich außer Abzeichen und einer Helmtasche, die ich für mein Sportzeug benutzte, von Onkel Peter so ein Päckchen Angelzeug geschenkt. Ich erinnere mich an Schnur, Haken, Blei, rotweiße Blinker und Fliegen. Bis heute verwahrt habe ich ein sieben mal sieben Zentimeter kleines Büchlein, in dem der abgestürzte Pilot beraten wird wie man angelt. Die Blinker und Fliegen habe ich benutzt und natürlich verloren. Ich war zwölf Jahre alt. Die Fliegen in dem Päckchen erinnere ich bis auf den heutigen Tag. Es waren die ersten Fliegen in meiner Hand. Es waren so sechs bis zehn Stück in zwei Größen und drei Farben. Einfache Chenillefliegen in braun, grün und schwarz, mit Hechel und ohne Flügel. Wahrscheinlich hat das Beschaffungsamt der US Air Force dafür viel Geld ausgegeben. Verwunderlich ist, dass man sich in einem fischereilich so hoch entwickelten Land für so einfache Fliegen entschieden hat. Das gibt bis heute zu denken. Die Fliegen fangen vermutlich im Dschungel ebenso wie im Hochgebirge, im Süden wie im Norden. Fischen wir zu kompliziert? Ob je ein Pilot unter Survivalbedingungen damit angelte kann man nur vermuten. Man kann weder das kleine Buch noch die Fliegen anschauen ohne an die Familien der Verunglückten zu denken. Ich wollte immer mal die Fliegen nachbinden und habe es jetzt erst gemacht.
Ingo Karwath