Fliegen für Patrons – Juni 23

Mit „Wilma Jean“ kann man sich an jedem Wasser sehen lassen.

Einen Trockenhaken der Größe 10 bis 16 mit einem Fundament bewickeln und 10 Hirschhaare als Schwanz einbinden. Bei der Gelegenheit hinten einen Golddraht fixieren. Weißes Polypropylen als Flügel aufstellen, teilen und stutzen.

Auf dem Campingplatz Rock Creek in Montana wurde im Sommer 1982 eine Fliege erfunden, die sich gleich danach so sehr bewährte, dass sie berühmte andere Muster weit hinter sich ließ. So wie unsere Campingplätze auch werden die amerikanischen Trailer Parks von Rentnern bevölkert, die mit Elan und ausreichend Geld und viel Zeit ihre Freizeit gestalten. Und davon haben sie eine Menge. Die alten Freunde Dick und Bobbi Herberth und Vern und Wilma Jean Ashley hatten sich in Rock Creek verabredet, und waren aus Las Vegas und Reno angereist. Dick Herberth war ein alter Hase als Fliegenfischer, aber die Ashleys absolute Neulinge. Ein Sommer in Montana kann das natürlich schnell ändern, und so gewann die Gemeinde der Fliegenfischer zwei neue Mitglieder. Mrs. Ashley interessierte sich so sehr für das Trockenfischen, dass sie Dick Herberth darum bat, für sie eine Trockenfliege zu entwerfen. Der kramte in seinem Gedächtnis nach den Teilen, aus denen er die zusammensetzen wollte und gelangte zu Hirschhaar, Pfauengras, der Adams-Hechelkombination, Polypropylen und Golddraht. Den Schwanz band er aus Wapiti, den Körper aus Pfauengras, und zwar bis vorn zum Kopfknoten, ein weißer Sichtflügel bildet den Tribut ans Alter, und eine braune Hechel und eine grizzlyfarbene sind ja wohl über jeden Zweifel erhaben. Erst recht im 2/3 Palmer-Stil. Die ganze Fliege wir von hinten bis vorn mit einem dünnen Golddraht überrippt, um die Haltbarkeit zu optimieren. Charles E. Brooks, der von sich selber sagte nicht gerade der beste Trockenfischer zu sein, war ein großer Anhänger der „Wilma Jean“ und widmete ihr im Magazin der Federation of Fly Fishers 1985 einen Artikel. „A Date with Wilma Jean“ überschrieb er seinen Text, und lobte die Fliege in höchsten Tönen. Schon 1965 war er nach West Yellowstone gezogen, und einen Fürsprecher von diesem Format hat wahrlich nicht jede Fliege. Man kann sie in eine Reihe stellen mit den Immer- und Allesfängern, die man so kennt, denn zu der Gruppe passt sie nicht schlecht.

Auf dem Weg nach hinten die beiden Hecheln etwa über der Hakenspitze einbinden. Dann ein Pfauengras von hinten nach vorn winden.

Die Hecheln bis zum Öhr wickeln und die gesamte Fliege mit dem Golddraht überrippen.

Abschließen und lackieren. Ich habe mir angewöhnt die Hechelspitzen nach dem Whip Finish zu kürzen. Auch den Golddraht drehe ich erst ab, wenn die Fliege fertig ist. Beides macht die Fliege haltbarer und mindert das Risiko auf den letzten Millimetern noch einen Fehler zu machen.

Liebe Patrons, ich stelle diesen Artikel am 3.7. ein, buche ihn aber in den Juni-Block. Seit dem 1. April lebe ich entweder auf Knien oder auf einer Leiter, sozusagen erniedrigt und erhöht, und renoviere einen Altbau. Ich erlebe mit mir selbst alles das, was andere Bauherren mit sich selbst und Handwerkern auch schon erlebt haben. Lass‘ mal, Ingo, sagte ein Freund, dem ich mein Leid klagen wollte, diese Texte sind alle schon gesungen. So insgesamt muss ich in meinem Alter sagen, dass der Körper protestiert täglich auf einer Baustelle sein zu müssen. Knie und Rücken zwicken, und erstmals in meinem Leben bekam ich Schmerztabletten verschrieben. Aber das Licht am Ende des Tunnels wird heller. Ich hoffe im August meinen neuen Bindeplatz fertig zu haben. Trotzdem bleibe ich hier am Ball, aber jetzt ist ja erst einmal Sommerpause. Die Fliegen für Patrons liefere ich natürlich im Juli und August. Habt einen schönen Sommer.

Euer Ingo Karwath