Oh, wie schön – ist die „Panama“!

Die „Panama“ ist ein Magnet. Blicke, Finger, Fische, alles zieht sie an!

Panama femelle.

Die berühmte „Panama“ wird in Frankreich gern auch Fliege der Verzweiflung genannt, weil De Boisset diesen Begriff einmal prägte. Ich bin mir aber gar nicht sicher, ob er den Bindetisch oder das Wasser als Ausgangspunkt der Verzweiflung angenommen hatte. Eine „Panama“ besteht aus bis zu drei Hecheln und stets vier Flügeln und ist in kleinen Größen sogar für einen geübten Binder eine Herausforderung. An der man wächst. Aber diese komplizierte „Panama“ ist auch die höchste Entwicklung ihrer Gattung, die mit den drei nicht minder bekannten „Irresistible de Cuvelier“ beginnt. Mir war früher der Zusammenhang dieser Fliegen nicht so ganz klar, aber inzwischen kann ich das wohl etwas trittsicherer erzählen. Die „Irresistible de Cuvelier“ ist vermutlich ein Vorläufer der „Panama“ und wurde schon vor den 1920er Jahren von Mme. Gourmelon-Cren in Lambezellec, nahe Brest, gebunden, und war eine beliebte regionale Fliege der Bretagne. Dort wo ich gelegentlich fische, in der Gegend von Landiviseau, ist sie garantiert schon vor 100 Jahren ebenfalls benutzt worden. Ein berührender Gedanke, denn ein Fliegenfischer aus Brest fuhr damals mit der Eisenbahn nach Landiviseau, um Straßen und Autos war es ja noch nicht so gut bestellt. „Cuvelier“ lässt einen belgischen Ursprung vermuten, und es ist durchaus möglich, dass ein belgischer Sommergast die Idee mal nach Westen verschleppte. Aber das ist, wie man im Norden sagt, Spökenkiekerei. 

Irresistible de Cuvelier gris.
Irrisistible de Cuvelier miel.
Irresistible de Cuvelier rouge.

Die „Irresistible de Cuvelier“ ist eine handfeste Fliege. Hinten Goldfasan, Raffiakörper mit etwas Pfauengras, und zwei Ofenhecheln mit etwas Rebhuhn. Schlau und typisch bretonisch ist, dass man aus den Spitzen der Hecheln die Flügel formt. Mit sehr viel Mühe bekommt man das exakt hin, also gleiche Länge und Glanzseite nach außen. Bindepraktisch jedoch hat man meist ungleiche Länge und die Lage der Glanzseite ist Glücksache. Unbedingt so lassen. Die Fliege wurde 1937 in der Januar Ausgabe von „Peche Illustre“ vorgestellt, und man findet sie in den alten Katalogen von Ragot und Chamberet in den Varianten „rouge“, „gris“ und „miel“. Ihr Tippetschwanz wurde ihr dort genommen, und Fasan soll Kunden und Fische locken. Was mich, nur mal so nebenbei, an Fasan so nervt, ist die Brüchigkeit der Fibern. Perlhuhn überfärbt ist deutlich besser, aber das ist eine uralte Diskussion. Fasan und ein paar Hechelfibern als Mischung ist eine alltagspraktische Lösung. Die Fronthechel vom Rebhuhn hat zusammen mit den ungleichen Flügeln nach meinem Eindruck den Effekt, die Fliege bei der Landung auf die Seite zu rollen. Sie schwimmt also nicht „proper cocked“ aufrecht, und das könnte ihr Geheimnis sein.

Panama male.

Die „Panama“ tauchte zwischen 1920 und 1930 plötzlich auf und ihr Ursprung ist unbekannt. Man darf vermuten, dass ein Binder oder eine Binderin die denkbar beste „Irresistible“ kreieren wollte und alles an Mühe und Federn hineingab. Besonders auffällig sind die vier Flügel, die man spent und semi-spent einbindet. Will man Dosengucker beeindrucken, kann man den Stunt in Größe 16 oder 18 versuchen, aber ehrlich gesagt ist Größe 14 für die Anleitung ein Schlusspunkt und danach bindet man besser die reduzierte „Panama“, in Gr. 16 nur mit einem Flügelpaar, ab Gr. 18 ohne Flügel. Mit der Bindetechnik kann man spielen. Die fünf Wicklungen schwarze Seide hinten können auch der Schlussknoten sein, und man kann die Fliege sehr gut von vorn nach hinten binden, also erst die Flügel-Hechel-Komposition, dann den Rest. Oder eben andersrum. Für Dosenfliegen ist meine Vorliebe eindeutig von vorn nach hinten, für die Bebilderung wähle ich lieber den anderen, etwas ordentlicheren Weg. André Ragot erfand die „Male Panama“, mit dunklerer Fronthechel, vier braunen Flügeln und Pfauengras hinten. Es kann wohl mal sein, dass die Fische eine Vorliebe entwickeln, aber gerade in Frankreich, wo man die Präsentation immer schon wichtiger fand als die Imitation, wird eine Diskussion darüber belächelt. Natürlich ist eine „Male Panama“ nicht imitativer als eine „Femelle Panama“, sie sind ja beide nicht imitativ gedacht. Die weibliche „Panama“ gab es bei Chamberet in drei Tönen, vielleicht weil Madame sich häufiger umzieht? „Panamas“ jeglicher Couleur sind ein Dietrich und passen auf viele Türen. Maifliege, Köcherfliege, Steinfliege, egal was schlüpft und fliegt, einfach mal die „Panama“ anbieten ist oft die Lösung. Außerdem macht es enorm viel Freude sie zu binden. 

Irrisistible de Cuvelier. Haken: Gr. 8 bis 14; Bindeseide: schwarz; Schwanz: Tippetfibern (oder Fasan); Körper: Raffia, natur; Hechel: Hahn, zwei, entweder rotbraun, grau oder honig; Flügel: die Spitzen der Hecheln stehen lassen und arrangieren; Fronthechel, Rebhuhn, der jeweiligen Hechel angepasst.

Panama Femelle. Haken: Gr. 8 bis 14; Bindeseide: schwarz; Schwanz: Tippetfibern (oder Fasan) ; Rippung: Seide, schwarz; Körper: Raffia, natur; Körperhechel: Hahn, braun (auch grau oder honig); Flügel: 4 Hechelspitzen, 2 grizzly spent, 2 braun halb aufrecht; Hechel: Hahn, braun (auch grau oder honig); Fronthechel: Rebhuhn, grau.

Panama Male. Haken: Gr. 8 bis 14; Bindeseide: schwarz; Schwanz: Tippetfibern (oder Fasan) ; Rippung: Seide, schwarz; Körper: Pfauengras hinten, Raffia, natur; Körperhechel: Hahn, braun; Flügel: 4 Hechelspitzen, 2 braun spent, 2 braun halb aufrecht; Hechel: Hahn, braun; Fronthechel: Rebhuhn, braun. 

Ingo Karwath