Doppel Daddy

Insekten haben sechs Beine. Dieser Daddy hat zwölf, da kann die Forelle von rechts oder links anschwimmen.

Naturbast und Knopflochgarn, ganz klassisch, sorgen für eine gute Oberflächenhaftung. Pfauengras ohne Fibern ergibt ebenfalls eine schöne Rippung, klebt aber weniger im Film.

Rechts und links je sechs Beine aus Elchkörperhaar einbinden. Elche zwängen sich ja durch manches Dickicht, ihre Haare sind sehr fest.

Der erste Fliegenfischer, den ich je sah, fischte an der Staumauer der Okertalsperre mit einer grünen Schnur. Eine Wet Cel, wie ich später vermutete, was den Fischer auszeichnet, denn die ward soeben erst erfunden. Das war Anfang der 60er Jahre, ich war sechs, und mit Eltern und Oma im Harz. Die ersten Fliegen, die ich je sah, waren Wasserkugelfliegen, die man zusammen mit der Wasserkugel im Set kaufen konnte. Ich erinnere mich an einen französischen Aufdruck. Vermutlich Ragot. Die erste Fliege aber, die ich bewusst wahrgenommen habe und die unterschwellig wohl den Boden bereitete für meine lebenslange Faszination, war eine „Daddy Long Leg“. Heinrich Römer hatte sie von der Anspo mitgebracht, wo sie ein Engländer vor seinen Augen gebunden hatte. Er schenkte sie mir. Ich war zwölf. Zu dieser Fliege habe ich also eine besondere Beziehung, und nach vielen Experimenten mit weniger glücklichen Formen bin ich bei ihrem Ursprung zurück. Raffia, Zwirn, Grizzly- oder Cree Flügel, schlechte Hechel. Der Körper einer Tipula ist am Ende ihres Lebens, wenn die Eier gelegt sind und die Schwäche sie aufs Wasser verbläst, wo sie als Landinsekt ja nicht hinmöchte, dünn wie eines ihrer Beine. Schaumstoff ist also keine Option. Außerdem muss ein „Daddy Long Leg“ zwar schwimmen, aber nicht zu gut. Schwimmt er zu gut, bildet die Forelle beim Ring so eine Art Wasserkissen und hebt ihn an. Klebt er aber im Oberflächenfilm, hakt er deutlich besser. Ja, und dann die Beine, das wichtigste Merkmal. Forellen können nicht zählen, also acht Beine einbinden, denn Fasan ist zart und geht flott kaputt. Jede Fasanenfiber einmal knoten. Zweimal knoten ist Angabe und bringt nichts. Das ist meine robuste Meinung zum „Daddy Long Leg“, so grenzwertig am Rande der Starrsinnigkeit. Wenn ich also an meinem „Daddy“ etwas verändere – Mr. Smith: Hast du was verändert? – dann ist das eine große Sache. Aus einer anderen Bindeanleitung habe ich die Idee importiert, die Beine aus Elchhaar zu machen. Es lässt sich deutlich schwieriger knoten als Fasanenfiber, jedenfalls mit meiner Pinzettentechnik. Könnte sein, dass es mit der Teppich- oder Häkelnadel besser geht, aber ich will mich noch nicht umgewöhnen. Die Haltbarkeit der Elchhaare ist deutlich besser als die der Fasanenfibern, und man könnte sich darauf einlassen, nur sechs davon einzubinden. Sie sind aber dünner als Fasan, und so entstand die Idee 12 Beine einzubinden. Sie sind schon etwas steifer als Federfibern, erhöhen die Schwimmfähigkeit erheblich, und erzeugen anscheinend keine Nachteile beim Biss und Anhieb. Ich formuliere das vorsichtig, weil eine Saison Elch gegen 50 Jahre Fasan ja schwache Füße hat, aber bisher sieht es gut aus. Wer misstrauisch ist, kann Fasan und Elch auch sechs zu sechs mischen. Meist verfischt man dann die Fibern und die Haare bleiben stehen, mit dem Effekt, dass der „Daddy“ länger hält und immer noch genommen wird. So ein, zwei Wochen werden die Schnaken vielleicht noch fliegen, aber die Saison neigt sich ja dem Ende zu. Doch was man jetzt bindet, das hat man im nächsten September parat, wenn es mit den Langbeinvatis wieder richtig losgeht.

Die Stellung der Flügel, hier grizzly, ist noch nicht wichtig. Das regelt man, wenn die Hechel kommt.

Die Hechel anwinden, ich nehme grizzly braun oder cree, die Flügel in spent Position drehen, einen Tropfen Lack einlaufen lassen.

Ingo Karwath