Ein Ordnungsruf für den perfekten Bindeplatz.
Fliegenbinden, so hört man immer wieder, soll ja von Freundinnen und Ehefrauen durchaus toleriert werden. Die Gründe sind durchschaubar. Nach einer etwas einfachen Auffassung aus der amerikanischen Soziologie gibt es im Prinzip nur zwei Männertypen, den Playboy und den Cowboy. Den Playboy zieht es leider immer wieder zu nächsten Frau, und der Cowboy reitet so gern in den Sonnenuntergang. Darum sind beide Typen notorische Nestflüchter, und die werden, aus verständlichen Gründen, von einer Hälfte unserer Gesellschaft nicht gern gesehen. Volle Mülleimer, volle Windeln und ein volles Herz teilt Frau lieber mit einem verlässlichen Mann.
Der in der Soziologie noch völlig unbekannte, weil soeben von mir erfundene dritte Phänotyp, der Flyboy, ist daheim in den eigenen vier Wänden für Frauen eine beruhigende Erscheinung. Er flüchtet weder in weiche Arme noch in harte Wildnis, sondern genießt das Licht und die Wärme eines zivilisierten Hauses. Mit einem Hobby, das ein wenig an Häkeln, Stricken und Sticken erinnert, auch das weckt Vertrauen, bewegt er weibliche Sympathien. Der handarbeitende Fliegenbinder steht darum gar nicht schlecht im Kurs.
Da ich leider auf dem Bindetisch zu einiger Unordnung neige, haben sich kleine Schalen bewährt, in denen früher wohl einmal Lufthansa-Essen ausgeteilt wurde. Das Plastik dieser Schalen wurde nach dem 11. September als waffenfähiges Material eingestuft, es ist hart und scharf, und aussortiert. Da ich jemanden kannte der jemanden kannte der die Dinger besorgen konnte, habe ich ein paar Dutzend davon bekommen. Was sich nun bewährt hat ist folgender Vorgang. Ich sortiere das Material aus den größeren Schubladen und Dosen in den nötigen Mengen in eine dieser Schalen, z.B. fünf Haken Gr. 12, Kupferdraht und ein Stück Pfauenfeder, und binde dann fünf Pheasant Tail aus dieser Schale. Das funktioniert im Prinzip wie eine Schnitzelstraße, mehlieren, tauchen, panieren, frittieren. Man kann Schalen für mehrere Muster vorbereiten und hat am Ende des Abends kein Materialchaos auf dem Tisch. Nur leere Schalen und fertige Fliegen.
Sitzt er doch – ja, wo sitzen Sie eigentlich? In jedem Fall sitzt er daheim, der Fliegenbinder. Schreibtische, Küchentische, Eßtische, das sind so die Nischen, in denen wir unsere Kisten und Kästen ausbreiten dürfen. Hauswirtschaftsräume, die Kinderzimmer ausgezogener Kinder, Werkräume und Keller sind weitere Plätze, an den wir mit Teer und Federn arbeiten dürfen. In Notfällen, Reise steht an und Dosen sind leer, binden wir auch in Zügen, Bussen, Büros, Kantinen und auf Beifahrersitzen.
Wie jeder zunächst junge Fliegenbinder feststellen wird, ist Fliegenbindematerial einem exponentiellen Wachstum ausgeliefert. Was mit einer Box beginnt, geht weiter mit einem Kleinteilmagazin, einem zweiten Kleinteilmagazin, einem Werkzeugkoffer in Übergröße, einer Kommode, einem Schrank, bis endlich hin zum Bindezimmer. Die letzte Stufe ist schon ein wenig extravagant.
Lieber Fliegenbinder, bist du dereinst auf dem Weg zu Ikea um dir Samla-Boxen zu kaufen, dann bis du in der Materialoberliga angekommen. Bestimmte Sorten von Bindematerial hat man nach einiger Zeit in einer solchen Menge, dass andere Methoden der Aufbewahrung einfach keinen Sinn mehr machen. Bei mir sind das z.B. Lachsbälge, Fuchshaar, Bucktail, Fellstücke, Kunsthaar, Effekthaar, Marabou, Chenille und Kalbschwanz. Beschriften Sie beide Seiten, dann kann man sie ohne hinschauen wieder ins Regal stellen.
Ich binde, im bescheidenen Rahmen extravagant, in einem Cubicle, einem Raum in unserem Haus, der exakt zwei mal zwei Meter groß ist, beheizt und mit einem Fenster zum Garten. Das war mal im weitesten Sinne ein Gästezimmer, als man in den Pfarrhäusern noch Landfahrer aufnahm und versorgte. Das waren in der Regel sehr ehrenhafte Männer, ohne alkoholkrank zu sein, die mit ihrem Fahrtenbuch eine Runde durch Deutschland machten. So von Pastor zu Pastor. Man kannte sich. Aber diese Zeiten sind vorbei.
Schraubdeckelgläser aller Art sind auch ideal für die Aufbewahrung von größeren Federportionen. Sie halten ohne Übertreibung Jahrzehnte und sind absolut mottensicher. Trotzdem ist es eine gute Angewohnheit, mit den Federn einen kleinen Löffel Lavendelsamen mit einzufüllen. Das hat fast schon die Qualität von Anfüttern, aber ich glaube nicht, dass ein Hauch von Lavendel die Forellen lockt. Für lange Federn kann man sich Einmachgläser mit Bügelverschluss kaufen, in denen man Formate wie Truthahn oder mittig geteilte Fasanenfedern aufbewahren kann. Es sieht zwar auch sehr hübsch aus solche Federn wie Schreibfedern oder Blumen in einem offenen Glas stehen zu haben, aber da ich weder Goethe noch Frau von Stein bin, mag ich weder das Eine noch das Andere.
Gut für mich. Sie sollten den Tisch und das Zimmer mal sehen, wenn ich zwei Dutzend Diver mit Flashabou und Hirschhaar gebunden habe. Keine andere Materialkombination ist zu solchen Verwüstungen fähig, und wenn unsere Labradorhündin Milla mit im Zimmer war, sie kommt aus Gründen der Gemütlichkeit eigentlich immer wenn ich binde, entsteht ein ganz besonderer Mix. Labradore haben Haare wie widerhakenbewehrte Wurfpfeile. Manchmal hat man den Eindruck, die Rasse kann sich von innen die Nase zuhalten und durch kräftiges Anblasen Haare mutwillig abschießen. Hund mit Hirsch und Flash. Da dauert das Staubsaugen schon mal länger als man vier Quadratmetern Teppichboden zutraut.
Wenn Sie sich noch daran erinnern können, wie die Pin-Up Streamer von ABU in der Szene aufschlugen und Begeisterung erzeugten, ja dann, lieber Kollege, sind auch Sie Ü 60. Die ersten Exemplare dieser gefährlichen kleinen Fliegen habe ich mit Teilen aus einer Kugelkette gebunden, an denen irgendeine Militärmarke hing. Ich kann mich aber nicht erinnern, ob es meine Hundemarke oder ein Gimmick aus der Kantine war. Das waren noch Zeiten. Eine Idee, eine Kette. Inzwischen, ich schau‘ mal eben nach, gibt es für Fliegenköpfe folgende Angebote: Tungsten Perlen, Goldköpfe, Neck Rings, Glass Beads, Cone Heads, Fishskulls, Helmets, Masks, Tropfen, Oliven, Groovy Eyes, Balance Eyes, 3-D eyes, Bone Eyes, Molded Moon Eyes, Glasaugen, Kugelkette deluxe und Kugelkette stainless. Das ist noch nicht einmal alles, denn ich habe nur einen Katalog aufgeblättert und auch noch Varianten ausgelassen. In jedem Fall macht es keinen Sinn, diese schönen Augen in Tütchen aufzubewahren. Einen Überblick bekommt man nur in einer Kleinteildose. Die bekommen Sie in jedem Baumarkt, und dann heißt es erst einmal eine Stunde Augen machen, also sortieren.
Eine solche Bindeaktion in den öffentlichen Räumen des Hauses ist der direkte Weg zu partnerschaftlichen Problemen, die den nächsten Wochenenden am Fischwasser hinderlich im Weg stehen könnten. Das sollte man vermeiden und sofort und unaufgefordert und sorgfältig aufräumen. Dann bietet man der Gattin eine Praline an und schaut ohne Kommentare den Schluss von Downton Abbey mit an. Na gut, letzteres geht einfach zu weit.
Ordnung am Bindeplatz und Ordnung im Material sind zwei große Aufgaben, eigentlich nur eine, denen man sich immer wieder widmen muss. Wenn Sie nun meinen Freund Udo Hildebrandt fragen, was eines meiner herausragenden Merkmale ist, wird er vermutlich sagen: Ingo isst zwei knackfrische Brötchen und hat dann keine Krümmel am Platz!
Also, das wird jetzt etwas peinlich, denn obwohl ich noch ganz gut an meine Füße komme, bin ich nach einem langen Tauchurlaub mal zur Fußpflege gegangen. Dort musste ich etwas warten, habe durch die mir ansonsten völlig unbekannten Zeitschriften geblättert, und fand in einem Magazin über das fröhliche Landleben eben diesen Tipp. Er richtet sich eigentlich an stickende, knüpfende oder flechtende Frauen, aber noch brauchbare Reste von Fäden, Tinseln, Garnen und Chenillen aufzuheben ist unter uns ja ein Männerproblem. Da ich ohnehin am BIndetisch sehr viel mit angespitzten Klammern arbeite, habe ich den Tipp zu Hause mit enorm frischen Füßen sofort erprobt, und seither gehört er dauerhaft zu meinem Verwahrsystem.
Das ist seit der ersten Nennung leider ein Witz über mich, der sich irgendwie etabliert hat. Über meine sagenhaften Wurfkünste gibt es keine Witze. Vermutlich weil ich sie nicht habe. Und froh sein sollte, dass es über meine Fehler keine gibt.
Die Botschaft ist folgende. Ich habe um mich herum ein wohl genetisch bedingtes Aufräumprogramm und bin durchaus fähig, meine Arbeits- und Lebensumgebungen zu strukturieren. In meinem kleinen Bindezimmer versage ich jedoch immer wieder an dieser Aufgabe und verliere mich in Spielereien, die auf dem Tisch, Boden und in den Schubladen und Dosen zu völliger Unordnung führen. Der Grund ist schnell genannt und erkannt.
Ich beginne immer gleich. Sozusagen die Karwath-Eröffnung, lege das Bindematerial für eine bestimmte, geplante und gewollte Fliege zurecht, fünf Haken dazu, und beginne konzentriert meine Arbeit. Fünf Fliegen hat sich bewährt. Eine, zwei kann man im Notfall herschenken, drei genügen für die eigene Fischerei.
Im Laufe eines Bindelebens sammeln sich natürlich auch Fliegen anderer Binder an, denen man einen Ehren- und Verwahrplatz geben möchte. Was bei mir mal mit „Fliegen“ vom Nymphen-Jupp in einer Fishermans Friend-Dose angefangen hat, 2er Steinfliegennymphen aus purem Lötzinn, hat sich als Provisorium gut gehalten und auf einem neuen Level etabliert. Ich sammle hübsche Dosen in genau dem Format, in dem ich mal begonnen habe. Den Namen des Binders klebe ich hinten säuberlich auf, und habe inzwischen eine Sammlung, in der so einige große Namen vertreten sind.
Die ersten fünf bekomme ich hin. Mit guter Laune binde ich ein neues Muster, wieder fünf, diesmal direkt aus den Materialschubladen. Nach dem zweiten fällt mein Blick auf ein Stück Pearl Mylar von 6 cm Länge in der Schublade mit dem Tinsel. Da gehört es nicht hin. Binde ich mal eben schnell eine „Juletrae“. Das macht Spaß und ich binde noch zwei Schwarze hinterher. Dann fällt mir ein, dass ich mehrere Schächtelchen mit Turbo Cones noch nicht einsortiert habe. Das regt an. Nach einem kurzen Ausflug zu youtube suche ich mir Material für ein paar „Samurai“ zusammen und binde los.
Eine Tüte Wildfedern besteht, so ähnlich wie ein mies geschnittenes Schnitzel, aus etlichen Teilen die man nicht möchte. Um sich zu motivieren eine solche Tüte gleich zu parieren, muss man sich vorstellen wie schön das wilde Material danach aussieht. Tüte ausleeren, jede Feder vom Flaum befreien, verklebte und unbrauchbare Federn aussortieren, und wenn Sie dann zu einem Briefmarkenalbum der alten Art greifen, haben Sie Ihr Material auf ein anderes Niveau gehoben. Die Federn sind perfekt aufbewahrt und verführen ungemein nach dem Buch „The Soft Hackle-Fly Addict“ von Sylvester Nemes zu greifen und sofort zu beginnen.
Kommt Ihnen das bekannt vor? Auf dem Tisch habe ich nun die Reste von meinen ersten fünf „Adams“ Gr. 12, die Reste von den geplanten „Gordons“ Gr. 14, die Reste von den spontanen „Juletraes“ und das ganze Material für verschiedene „Samurais“. Dazwischen womöglich meine qualmende Pfeife, eine Kanne, eine Tasse Tee, Laptop, Ladegerät für die Kamera, halb fertige Hechtvorfächer von gestern und drei alte Matchbox-Autos, von denen ein Freund Fotos für ebay haben wollte. Jetzt noch ein „Lucky Diver“ mit Flashabou und Hirschhaar, und selbst ein Joseph Beuys hätte langsam überlegt, ob der Tisch nicht schon Kunst ist.
Tinsel hat bei freier Aufbewahrung meist die unangenehme Eigenschaft, sich zunächst von der Spule zu entrollen, dann mit seinem freien Ende die freien Enden anderer Spulen zu suchen, um mit ihnen in einem innigen Knoten zu verharren. Der dann dazu führt, dass man eine Spule greift und vier andere gleichzeitig abrollt. Weil nun an meinem Bindetisch viele Fotos entstehen und sich früher einmal zahlreiche Filmdosen ansammelten, und eine Tinselspule perfekt in eine Filmdose passt, fand zueinander was zusammen gehört. Leider muss man dann von oben in jede Dose schauen, um zu sehen welches Tinsel drin ist. Darum hat bei mir jede Tinseldose ein Loch am Rand, in das man ein Stück vom Inhalt einschlaufen kann. So sieht man auf einen Blick was in der Dose ist. Die gleiche Aufbewahrung eignet sich auch für Floss und Antron, und das Durcheinander der bunten Zöpfe täuscht. Man hat auf einen Blick und Griff genau was man braucht.
Es ist nun nicht so dass ich darunter leide, aber ich will es eigentlich anders haben. Ordentlicher wäre es mir lieber. Also vorlegen, binden, aufräumen, vorlegen, binden, aufräumen. Das gelingt mir doch woanders auch. Ein ordentlicher Arbeitsplatz ist die Visitenkarte des Schaffenden. Daran erkennt man vom Augenoptiker bis zum Zimmermann den guten Handwerker. So einer will ich sein.
Ein Psychologe hat mir neulich erklärt, man muss solche Hemmungen zwischen sich und der Ordnung abbauen, indem man an den erreichten Zustand denkt. Wie schön wäre doch ein aufgeräumter Arbeitsplatz, wenn ich ihn erst mal hätte. Dieses Bild hilft dann die Hemmung abzubauen. Nach Aussage seiner Frau ist seine eigene Kellerwerkstatt eine Müllhalde. Aber im Beruf soll er gut sein.
In meinem kleinen Bindezimmer lösen sich jedes Jahr nicht nur deshalb viele Euros in Luft auf, weil ich Fliegen binde und in Büschen und Bäumen verliere, sondern auch weil ich rauche. Meist nur am Wochenende, eine Pfeife und zwei Zigarren oder umgekehrt. Nach meiner Theorie hatte ich darum noch nie irgendein Viech im Material, was daran herumknabberte. Das kleine Zimmer riecht natürlich wie das Tabak-Kabinett vom Alten Fritz. Trotzdem ist es ein weiterer Standard, dass bei allen Federn und Haaren ein Blatt Nexalotte liegt. Das tausche ich alle halbe Jahre aus und habe wohl auch darum, mit einem Fenster direkt zum Küchengarten und vielen Insekten, noch nie Probleme gehabt.
Damit Sie keinen Psychologen bemühen müssen, schauen Sie sich doch einfach die Tipps an. Ordnung ist das halbe Binden. Man muss sich ja nicht daran halten, aber es ist doch schön zu wissen wie es geht. Und wenn wir alles schön beieinander haben, Platz aufgeräumt, Dosen voll, dann reiten (fahren) wir in den Sonnenuntergang, mit der Fliegenrute am Sattel (Kofferraum), denn klar gibt es nur zwei Sorten Männer. Playboys die binden und Cowboys die binden. Aber nur die Cowboys fahren auch wirklich nur ans Wasser.
So, nun wissen Sie alles. Dann frohes Schaffen und bedenken Sie, mit diesem Artikel hat Ihre bessere Hälfte Sie in der Hand. Denn nun haben Sie keine Ausrede mehr.
Ingo Karwath
Ein Kleinteilmagazin steht meist am Anfang einer Bindekarriere und man kann nur raten, ein Markenprodukt kaufen. Denn nach einem ersten braucht man schnell ein zweites, dann drittes, viertes Magazin. Meine sind noch aus der Göttinger Studentenzeit und tun immer noch ihren Dienst. Wichtig ist eine gute Beschriftung der Schubladen, denn obwohl ich ein Anhänger des intuitiven Findens bin, hat das Konzept jedenfalls häufiger versagt als Schilder. Die blasseste Tinte ist besser als das beste Gedächtnis, sagen die Chinesen. In Kleinteilmagazinen kann man im Prinzip alles aufheben und sich eine ganze Wand davon bauen. Das ist jedoch unpraktisch, weil man viele Bindematerialien nicht täglich im unmittelbaren Zugriff brauch (s. Aufmacher).
Eine Sammlung leerer Zigarrenkisten und Tabaksdosen hat leider den unangenehmen Nebeneffekt, dass man ständig an seine Gesundheit und das Portemonnaie erinnert wird. Das Rauchen der Gesundheit schadet ist trotz Helmut Schmid unstrittig, und selbst ein sehr mäßiger Raucher wundert sich nach Jahren, was er so alles weggedampft hat. Kisten und Dosen sind natürlich ideal für Bindematerial, denn ihr Holz- und Tabakduft ist bei Schädlingen höchst unbeliebt. Damit man den Überblick behält, sollte man Schilder anbringen. Ich mache das mit weißem Tesaband, was ja nicht so toll aussieht, sich aber auf die Schnelle bewährt hat. Sonst müsste man sich an den Computer setzen und den Dymodrucker anwerfen, und das ist bei mir genau eine Hürde zu viel (siehe Editorial-Foto).
In den Anfangsjahren meiner Binderei kaufte man die Haken in einer weißen Pappschachtel, darin eine Plastiktüte mit 100 Haken und einem kleinen Stück VCI-Papier als Rosthemmer. Das war, mit einem schmalen Budget, durchaus eine größere Anschaffung für einen jungen Burschen. Und alljährlich waren die 14ner Hamilton zuerst leer, mit denen die Erfolgsmuster Red Tag, Quill Gordon und Buck Caddis gebunden wurden. Heute kommen die Haken in kleinen Plastikdosen, aber die Umverpackung sieht immer noch mal so aus wie früher. Auch hier sammelt sich so dies und das an, und es macht Sinn, die vielen Modelle zumindest nach ihrer grundsätzlichen Verwendung zu sortieren. Ich benutze dazu inzwischen Plastikdosen von Stanley, sauber beschriftet, teils nach Firmen geordnet. Und ich habe eine Restekiste, in der jeder heimatlose Resthaken landet. Ideal für Abende mit der Jugendgruppe.
Da müssen wir drüber reden, denn natürlich sammelt sich am Bindetisch auf etwas an, was man nicht haben möchte. Ich rede von Fliegen, die es nicht in die Dosen schaffen. Handwerkliche Stillborns sozusagen, denn erste Versuche werden oft krumm und schief oder Experimente sehen nicht gut aus. Trotzdem sind das ja in der Regel gute und haltbare Fliegen mit einem teuren Haken. Sie mit einer Rasierklinge oder einem Feuerzeug zu zerlegen um an den Haken zu kommen ist oft widersinnig. Bei mir kommen sie ins Fliegenglas, ein Panoptikum meiner Fehlversuche. Da sind durchaus gute Fliegen drin, aber wozu brauche ich eine einzelne blaue Krabbe. Ich wollte halt nur mal eine binden und mich als Rentner in Florida fühlen. Vier weitere für die Dosen zu binden wäre sinnlos. Ich will ja Rentner auf Rügen werden. Wenn ich das volle Glas dann an einen Nichtbinder verschenke, kommt nicht selten Freude auf.