Lieber spät als nie.
Das Buch „Havörred-Havörred!“ von Kurt Malmbak-Kjeldsen erschien 1992 im Sesam Verlag und feiert also dieses Jahr seinen 30ten Geburtstag. Es ist zusammen mit „Solvtoj“ von Jens Ploug Hansen und „Kystfluefiskeri“ von Mogens Espersen eines der ersten Bücher über die Küstenfischerei, kommt aber hier und da mal etwas unglücklich rüber, was die Wahl der Fotos angeht. Das Titelbild ist dazu nur ein Beispiel, mit einer untermaßigen Forelle im Kescher, mit weißer Küstenjägerjacke und alter Hardy Spinnrute. Auch die Fliegen folgen diesem Prinzip und enttäuschen den Fliegenbinder, der auf einen Blick feststellt, dass die Serien „Salome Gobius“ und „Salome Leander“ bis auf die Größe völlig gleich sind! Der Text hilft auf nicht viel weiter, und so muss man mutmaßen, dass die drei Bindeweisen in Größe 4 und 6 die Gobius Serie bilden, in Größe 8, 10 und 12 aber die Serie Leander. Es ist schon eine ungewöhnliche Idee, eine Fliege ihren Namen wechseln zu lassen, wenn sie von Größe 6 zu Größe 8 übergeht. Das kennen wir sonst nur von Straßen, die eine Ecke weiter plötzlich anders heißen. Die Serie „Gamarus“ wird wohl nur in 8 bis 12 gebunden, aber auch das muss man letztlich interpretieren. Die Fliegen im Buch sind auf Partridge Low Water gebunden, aber auf den Partridge Edelstahlhaken wird verwiesen. Die Hakenwahl ist eine Überlegung wert, denn natürlich werden die Lachshaken früher rosten. Aber ihre Qualität und ihre Fähigkeit, einen 20 Pfund Fisch zu halten, sind ebenso unbestritten. Es ist darum eher ein Vorurteil, sie für die Ostsee nicht zu benutzen. Also, Spinnfischer auf dem Titel, verpasste Chance bei der Vorstellung der Fliegen, und das Ergebnis: Tja, gibt man bei google die Fliegenserien mit ihrem Namen ein, kommt – nix!
Salome Gobius. Haken: Gr. 4 bis 6; Bindeseide: schwarz; Schwanz: Tippetfibern; Körper: Pfauengras; Hechel: Goldfasan; Flügel: Muster 1 Eichhorn, schwarz, Muster 2, Silberfuchs, Muster 3, Eichhorn, braun. Salome Leander. Haken: Gr. 8 bis 12; Bindeseide: schwarz; Schwanz: Tippetfibern; Körper: Pfauengras; Hechel: Goldfasan; Flügel: Muster 1 Eichhorn, schwarz, Muster 2, Silberfuchs, Muster 3, Eichhorn, braun.
Dabei steht in dem Buch ein unglaublich wichtiger Satz. Der Verfasser empfiehlt nämlich die Größen 8 bis 12 zu fischen, 10 wäre die goldene Mitte, und nur bei Sturm und Trübwasser die Serie Salome Gobius. Aber es kam wie es musste, die Serien konnten nicht Fuß fassen, gerieten in Vergessenheit, und man kann sie weder googlen noch kaufen. Sie hatten sich ein bisschen hinter den Zug geworfen, der mit nahrungsspezifischen Fliegen schon längst vorbeigeflitzt war. Sandhesten, Tanglopper, Kutling, Smörbutte und vor allem die „Magnus“ hatten auf dem Nebengleis bereits viele Kilometer Vorsprung. Nun sind die Muster aus den 90er Jahren längst an ihrem Endbahnhof angekommen und alle ausgestiegen. Da liegen sie jetzt müde auf dem Bahnsteig – salzig, sandig, rostig, ausgeblichen – und wenn man einen zweiten und dritten Blick riskiert, dann waren die „Salomes“ gar nicht so schlecht. Ich bin ja ein bekennender Anti-Augen-Fischer, was die Garnelen angeht, aber mir ist erst jetzt aufgefallen, dass die beiden schwarzen Bänder, die für eine Tippetfeder typisch sind, im Wasser letztlich wie zwei schwarze Augen wirken. So gesehen ist nicht die Dschungelhahnfeder die eigentliche Augenfeder, sondern die Tippetfeder. Fischt man sie, fischt man Augen, Anti hin oder her. Die „Salomes“ folgen noch ein wenig dem ABU Prinzip, also gleicher Körper und verschiedene Flügel, sind aber mit dem extraweichen Flügel und in den angeratenen kleinen Größen genau die Muster, die ich mir dieser Tage für den Sommer zurechtlege. Also binde. Als Springer werden sie ihre Chance bekommen. Ich kann ja erst nach dem Sommer berichten, und es gibt zu viele Variablen, die den Erfolg der Fliegen bestimmen werden, nicht zuletzt Gin Tonic und der Grill, aber ich bin mir sehr sicher 1992 etwas übersehen zu haben. Ich habe Salome nicht tanzen lassen, und das war vermutlich ein Fehler.
Salome Gamarus. Haken: Gr. 8 bis 12; Bindeseide: schwarz; Schwanz: Tippetfibern; Körper: Floss, gelb; Hechel: Goldfasan; Flügel: Muster 1 Eichhorn, schwarz, Muster 2, Silberfuchs, Muster 3, Eichhorn, braun.
Ingo Karwath