Fusion Fly Tying

Steelhead, Salmon and Trout Flies of the Synthetic Era. Von Greg Senyo mit einem Vorwort von Matthew Supinski.

Wenn ich in kargen Worten ausdrücken sollte, was das sogenannte moderne Fliegenbinden auszeichnet, dann würde ich sagen, dass solche Fliegen, die wir früher Schleppfliegen genannt haben, nun zu Wurffliegen mutiert sind. Lures also, die mit viktorianischem Eifer ein klein wenig komplizierter gebunden werden, als nötig. Da werden Haken und Shanks verbastelt, Cones und Foam, Beads und Dumbbells kombiniert, derweil dahinter jede Menge Fibern und Fasern mit der Schlaufentechnik in gefällige Form gekämmt und gebunden werden. Fliegenbinder auf Youtube erinnern mehr an Vidal Sassoon als an Frank Sawyer. In England hat sich diese Entwicklung eher vollzogen. An den Seen und Talsperren wurde Matchfischer zu Fliegenfischern, und griffen überhaupt nur darum zur Fliegenrute, weil es Wettkämpfe gab. Und schon ging es los mit den irren Fliegen. In den USA sind es die Großen Seen mit ihren eingesetzten Salmoniden, die aus den Rapalafischern an den umliegenden Flüssen Fliegenfischer machten. Und natürlich leiden die unter dem Vorurteil, ihre Fische seien Müll, die Aufstiege der Regenbogen und Steelhead seien keine echte Fischerei, und überhaupt sei die ganze Szene um die Seen irgendwie minderwertig. Aber, und jetzt kommt‘s, warum macht dann die ganze Welt gerade die Fliegen nach, die um die Seen herum erfunden wurden? Dieses „fusion fly tying“, also die kreative Fusion von verschiedensten Materialien, hat mit dem Verfasser Greg Senyo und seinem Buch „Fusion Fly Tying“ einen wortgewaltigen Anwalt gefunden. Das wirklich schön ausgestattete Buch hat 330 Seiten und bietet uns 36 Kapitel an, die sich jeweils auf eine Fliege beziehen. Die Muster sind zwischen 5 und 15 cm lang und sind nun wahrlich nicht für Test und Itchen gedacht. Flüsse wie der St. Joseph, der Niagara und der Root River ziehen landesweit Fliegenfischer an, und die Fliegen dazu liefert Greg Senyo. Nicht ganz uneigennützig, versteht sich, denn die Grenzen zwischen Buch und Katalog, zwischen Autor und Unternehmer verschwimmen hier. Nun haben wir weder solche Flüsse noch solche Fische, aber es macht trotzdem Sinn die Konzepte des Fusionsbindens zu kennen und zu erproben. Mit den ganzen Amerikanismen klingt das natürlich hochtrabend, aber eine Fliege aus Bucktail, Marabou, Kunstfaser und Glitzer als Misch- oder Schmelzfliege zu bezeichnen ist echt nicht sexy. Fusion ist besser. Leider lässt sich das Konzept erst ab einer gewissen Größe realisieren. Die meisten Muster sind überdies mit Dschungelhahn gebunden und emanzipieren sich für meinen Geschmack nicht genug. Das ist wohl der romantische Zucker, den man der bitteren Pille Plastikfliege glaubt beifügen zu müssen. Und eine Frage, die mich bisher ohne Antwort beschäftigt, ist die nach dem alten Primat der kleinen Streamer. Durch die Jahrzehnte gaben alle Experten den Tipp, einen 8er Streamer einem 4er vorzuziehen, und dann einen 10er einem 8er. Zwei mit Draht verbundene 4er Haken mit einem 3 Gramm Kopf sind eine ganz andere Liga. Da muss man seine eigenen Grenzen finden. Es ist schon reizvoll so ein Ding in die Tiefe abzulassen. Aber alles, was man mit einer Shimano Metanium werfen kann, ist bei mir keine Fliege mehr. Trotzdem, gutes Buch, ich habe vieles gelernt. Für den Lachs- und Steelheadbinder sicher nützlicher als für den Forellenfischer.

Ingo Karwath