Sie kochen noch nicht? Na, dann fangen Sie mal an.
Also, die Sache ist ganz einfach: Ich esse Fisch. Es kann also vorkommen, dass ich mit Vorfreude in den Kescher schaue und in der rechten Westeninnentasche nach dem Priest fingere. Das werden jetzt einige Freunde sehr amüsant finden, weil ich doch mit einer Pastorin verheiratet bin.
Nie ohne eine minimale Kochausrüstung verreisen. Man sollte stets auf Fisch und Krusten- und Schalentiere vorbereitet sein. Besonders wichtig sind ein gutes Messer und eine gute Pfanne.
Eines meiner kulinarischen Highlights war früher der Jahresgrilse, dem ich so lange meine Vormittage an der Gaula widmete, bis ich ihn hatte. Meist auf grünen „Muddler“ oder „Bomber“. Oft im Bridgepool direkt unter der Brücke. Von da flott zum Supermarkt: Kartoffeln, Zitrone, Butter, Rönne, Erdbeeren, ein Beutel Eis und Dill. Noch im Auto den Elsässer in den Eisbeutel stecken. Dann am rechten Ufer zur Bank zwischen Tilseth und New Pool – den Grilse filetieren, Gräten ziehen, säuern, Kartoffel aufsetzen, kochen, derweil Rönne und Dill mischen, Kartoffeln pellen, in Alu warm halten, die Filetstücke salzen, pfeffern und melieren, Wein aufzupfen, Filets braten und essen wie ein König. Grilsefilet mit Pellkartoffeln und Seta-Rönne mit Dill, dazu der kalte Wein, als Nachtisch Erdbeeren.
Der Spätsommer ist ein wunderbare Zeit für Meerforellen, denn die haben von April bis August ja selber gut gegessen. Schon die Vorbereitung ist ein Augenschmaus.
Bei einer Gelegenheit, ich hatte fast alles verputzt, kam ein Toyota des Weges und hielt direkt neben meinem Tisch. Auf dem Beifahrersitz Barry Welham, der ungläubig durchs Fenster schaute. Er kurbelte es herunter und fragte: „You must be French?“ „No, German!“, sagte ich. „So your parents are French?“ „No, Hungaria and Denmark.“ „Well, but you make a pretty good French!“
Essen ist fertig! Gebratene Meerforelle mit Kartoffeln und Möhren, dazu Rosé und der Blick in einen dänischen Hüttengarten.
Das war einmal. In einem vergangenen Sommer habe ich vier Grilse gefangen, aber keiner landete in der Pfanne. Ich hatte weder Pfanne noch Kocher dabei, denn wer brät schon einen Grilse, wenn er dann bis zum nächsten Tag um 12 Uhr eine Pause machen muss. Ein Lachs am Tag, zwei in der Woche, vier in der Saison, das sind die neuen Regeln. Und ich bin ja zum Fischen in Norwegen, nicht zum Kochen. Außerdem gilt Null Promille.
Ist man alleine auf Tour, wird man eine 60er Forelle kaum schaffen. Kalte Forelle mit Kartoffelsalat und Schnittlauchrührei, dazu ein Klecks Remoulade und ein Carlsberg, sind ein perfektes Picknick vor der Abendfischerei.
Mein Vergnügen an frischem Fisch lebe ich besonders an der Ostsee aus, und Rügen und die dänischen Inseln bieten nicht selten eine Küchenfreude nach der anderen. Aber auch Zander und Barsch sind im Programm, Heimatsender sozusagen, und natürlich Wolfsbarsch. Ich besuche regelmäßig kleine Häfen und Anleger, denn wie sonst kommt man als Fliegenfischer an Krebse, Shrimps und Muscheln. Die beißen nun wirklich auf nichts. Obwohl ich schon Strandkrabben am Streamer hatte.
Smörebrod, Smörebrod, römtömtömrömtömtöm! Erinnern Sie sich, der dänische Koch bei den Muppets? Scholle und Flunder gehen gut auf Streamer und Nymphe. Gibt es einen besseren Grund als nur diese Brote es einmal zu versuchen?
Was die Zubereitung angeht bin ich ein echter Simpel. Jamie Oliver oder irgendwelche KochApps sind nicht mein Ding. Entweder ich brate oder ich pochiere. Entweder natur, meliert oder paniert, oder aber mit Ostmann Fischgewürz oder eigener Court-bouillon oder Fond. Das kann mal einfach sein oder kompliziert, das ist bei einem vor wenigen Stunden gefangenen Fisch fast egal. Der schmeckt so oder so.
Ein Kilo Taschenkrebs kostet am Fischwagen 150 Kronen, am Hafen so um 120. Grund genug immer mal zum Hafen zu fahren. Man kocht die Scheren 15 Minuten und benutzt dann den Nussknacker.
Aufgeknackt und mit Kräuterbutter noch einmal im Ofen erwärmt sind Taschenkrebse mit Weißbrot und Wein jedes Jahr ein Highlight der Meerforellenzeit ab August.
Zu meiner Kochausrüstung gehören ein GAZ-Kocher, eine gute Pfanne, Puma-Filetmesser, Pfannenwender, Salz, Pfeffer, Steckerlfischgewürz, Ostmann Fischgewürz, Lorbeerblätter, Mehl und Paniermehl, ein Nussknacker und Krebsgabeln. Butterschmalz nehme ich meist auch schon mit, aber Butter, Zitrone, Essig und Sahne gibt es in jedem Brugsen.
Ein Hummer für 15 Euro, eine Rosé für 5, Nussknacker aus dem Ferienhaus, und mit einem Stückchen Brot hat man das perfekte Picknick am bretonischen Forellenbach.
Wenn Sie ohnehin schon Kocherfahrung haben, dann ist das alles ein alter Hut für Sie. Einem Küchenneuling würde ich raten, zunächst mal ein gekauftes Dorschrückenfilet gemäß der Packungsanleitung auf dem Ostmann Fischkochgewürz zu pochieren. Dazu Pellkartoffeln mit Dill oder Salzkartoffeln mit Petersilie, und versuchen Sie mal eine Senfsauce auf der Basis einer Mehlschwitze. So um die 50 Gramm Butter schmelzen – ist auf der Packung mit Strichen markiert – zwei Esslöffel Mehl dazu, dann ein großer Becher Milch, Salz, Pfeffer, Muskat, ein wenig Curry, ein bis zwei Esslöffel guter Senf. Alles zu einer dicken Sauce köcheln, vielleicht noch etwas Milch dazu und womöglich zum Schluss kurz mit dem Stab quirlen. Das ist ja alles keine Raketenphysik. Wer lesen kann, kann kochen.
Dann bringen Sie das mal auf den Tisch. Gut, oder? Wenn Sie den Dorsch durch ein Meerforellenfilet ersetzen, wird es sogar noch besser. Nur ohne die Senfsauce. Lieber eine eigene Remoulade.
Ja, okay, dieser 60er Wolfsbarsch auf Kräuterkartoffeln wurde zwar mit einer Sage-Rute gefangen, aber an einer SP 196.
Braten ist fast kaum weniger schwer. Sie benötigen dazu eine Goldkopfnymphe und drei Schollen. Mit Sorgfalt und Lesebrille holt man sich von jedem Platten vier Filets, zwei oben, zwei unten. Das ist zunächst schneller gelernt als zwei ganze Seiten. Haut abschneiden, Filets säuern, Salz, Pfeffer, dann melieren, in Ei wenden, panieren und in Butterschmalz auf jeder Seite drei Minuten braten. Dazu Kartoffeln und ein grüner Salat. Kalte Reste sind später der Hit als Rödspaetter Smörebrod. Rugbrod buttern, mit Salat und Ei belegen, Schollenfilets auflegen, mit Currymajonäse toppen und eine Zitronenscheibe dazu.
Von Austern wird man nicht satt, aber sechs Stück vor dem Fischfilet gehen gut. Zumal sie direkt ab Züchter so günstig sind.
Im Grundsatz sollte alles immer so einfach sein wie möglich. Nur nicht noch einfacher, um das Einstein-Zitat zu beenden. Es gibt da ein legendäres Gespräch zwischen Charles Ritz und Gregorio Fuentes, dem Skipper und Freund von Hemingway. In Norberto Fuentes Buch „Ernest Hemingway – Jahre in Kuba“ belegt. Ritz wollte Fuentes als Koch für sein Hotel engagieren, weil er auf der „Pilar“ so wunderbar bekocht wurde. Bei einer Gelegenheit erklärte Fuentes eines seiner Rezepte. Eine dicke Scheibe frischen Schwertfisch, ein halbes Pfund Butter, milde Hitze, Salz und Zitrone. Kein Wunder also, dass der Nobelpreisträger Hemingway und der Hotelier Ritz, beide auch Fliegenfischer – Hemingway weniger, Ritz mehr – sich das schmecken ließen. Als Reisekoch sollte man stets so kochen wie Fuentes. Der Aufwand steckt in der Mühe den Fisch zu fangen. Nicht in der Sauce!
Sehen Sie, auch das ist Fliegenfischen. Fliegenfischen ist ein gutes Leben, und was unsere Küche angeht, fangen Sie doch einfach mal an.
Ingo Karwath