Sommer, Sonne und Forellen

Fitter und schöner als im Sommer kann eine Meerforelle nicht sein. Aber sie ist eine Schöne der Nacht.

Ein Kapitel aus meinem Buch „Strandforellen“ von 2008, als Sommergeschenk für die „FliegenBinder“ Gemeinschaft. Es ist immer noch aktuell, das Kapitel ebenso wie das Buch, und an einer Neuauflage zu arbeiten mochte ich noch nicht entscheiden. Ich bringe aber noch dieses Jahr ein neues Buch heraus. Shop

Die liebe Sonne prunkt am blauen Himmel und am Strand quirlt das Leben. Jetzt werden die Tittenläufer aktiv. Dieser gar nicht so seltene männliche Vogel zieht im Sommer aus seinen südlichen Brutquartieren mit Frau und Kindern in den Norden und erfreut sich für zwei, drei Wochen der dänischen Natur. Man erkennt ihn an seinen bleichen Beinen, oft verziert mit Socken und Plastiksandalen, und einer ebenso bunten, wie beuteligen Hose. Der gemeine Tittenläufer, Calidris uberibus, trägt eine Sonnenbrille. Kilometerweit wandert er am Strand entlang, den Kopf stets zum Lande geneigt, auf der Suche nach unbekleideten Weibchen der eigenen Art. Findet er eines oder mehrere, beginnt er Bernstein zu suchen oder bemüht sich anderweitig unauffällig, gerade hier ein bisschen zu verweilen. Aber meist wird er sehr schnell von den Weibchen entdeckt, die sich sodann auf den Bauch drehen oder zum Oberteil greifen. Dann geht der Tittenläufer ein Stück weiter. Was für ein schönes, gesundes und preiswertes Hobby. Wenn ich dagegen am Strand laufe, habe ich den Blick ständig im Wasser. Gibt es hier Sandaale, sehe ich kleine Hornhechte, Mini-Plattfische, Sandgrundeln, Garnelen? Meine Frau schämt sich schon. Schau doch ab und an auf die nackten Brüste, hat sie gesagt, damit man dich für einen normalen Mann hält. Aber warum, frage ich Sie, sollte man sich die sekundären Geschlechtsmerkmale fremder Frauen anschauen, wenn man an einem dänischen Strand spaziert. Dort draußen im Meer, gar nicht so weit entfernt, im 4 bis 6 Meter tiefen Wasser, gibt es Forellen. Jetzt, im Licht der Sonne, ist es ihnen im flachen Wasser viel zu warm. Aber wenn der Abend kommt, werden sie unruhig. Wenn die Sonne das Wasser berührt, werden sie aktiv. Und wenn die Dunkelheit beginnt, dann jagen sie. Die Sommermonate Juli und August sind bestimmt keine Sauregurkenzeit für den Fliegenfischer, sondern im Gegenteil ein Highlight des Fischjahres. Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich meine Chancen einige Jahre nicht genutzt habe, weil ich im Familienurlaub nicht ernsthaft angeln wollte. Ach, der Sommerurlaub. Sonnenbrand und Himbeeren, junge Kartoffeln von Samsö, Quark mit Schnittlauch, Kerzenlicht und Mückenstiche, Gin & Tonic und Erdbeereis. Früh ins Meer und lange schwimmen. Dann frische Brötchen selbst gemacht, und später eine Tour mit dem Kajak. Abends neben dem kurzen dicken Windlicht ein langer kühler Drink. Dazu ein paar Cracker mit Käse und ein paar neue Mückenstiche. Später kapitale Garnelen vom Grill mit Knoblauchbutter und Brot. Dazu ein goldenes Carlsberg und ein goldener Sonnenuntergang. Ferien in Dänemark. Einfach Herrlich. Soll man sich so schöne Familientage versauen und mit der Fliegenrute an den Strand gehen. In der Nacht? Niemals. Da kippt doch die Stimmung. Als wir uns dann einen kleinen Hund und eine große Dachbox kauften, und ich meinen Seekajak nicht mehr mitnehmen konnte, habe ich zum gerechten Ausgleich doch die Fliegenrute eingepackt.

„Sea Muddler“. Originalzeichnung aus der alten Druckvorlage.

An einem schönen Abend im August, der Mond leuchtete hell über Lolland, fing ich meine erste Sommerforelle. Es zupfte an der Fliegenschnur, die sich sogleich spannte, und dort draußen, wo mein „Muddler“ wohl war, sprang im weißen Licht des Mondes ein dicker Fisch. Die Schnur hinter meiner Hand flitze weg und die goldene Rolle schnurrte erfreut. Das war eine Forelle, ganz sicher, viel zu dick für einen Hornhecht und schneller als ein Dorsch. Der Drill war aufregend, mit einer Pfahlreihe zu meiner Rechten und einem Riff zu meiner Linken. Dazu die angespannte Vorfreude, als Vati der Held mit einem Fisch zur Hütte zu kommen. Die Forelle zeigte sich mehrmals im Sprung und funkelte wie ein Opal. Die Landung war aufregend, denn einen Kescher hatte ich nicht eingepackt. Aber es gelang. Meerforelle, 58 cm, den „Sea Muddler“ fest im Winkel. Im Übrigen unanständig schwer. Drei vollfitte Kilos. Am nächsten Tag gab es ihre Filets, kurz gesäuert, angestaubt und in Butter gebraten, mit Kartoffeln, Petersilie, Dill und Salat. Zum Nachtisch Jordbaergrod. Kaffee, Cognac und eine Pfeife. Nach angemessener Wartezeit, Frauen sind ebenso romantisch wie pragmatisch, holte sie wortlos meine Wathose, zeigte zum Wasser und sprach: „Fang‘ noch so einen!“

Aber beginnen wir erst einmal am Strand. Strandwanderungen sind zwar ebenso erholsam wie informativ, aber besser noch man nimmt Maske, Schnorchel und Flossen mit. Ich Kurzsichtiger habe mir vor einigen Jahren eine Tauchermaske mit optischen Gläsern machen lassen. Das ist gar nicht so teuer und hat mir eine Welt der Wunder erschlossen. Wo ich früher nichts, aber auch gar nichts gesehen habe, erkenne ich nun selbst einzelne Nebelkrebse. Und die sind durchsichtig! Als Taucher fühlt man sich wie eine Meerforelle und erfährt sogleich, warum diese Forellen zwanzig Pfund und schwerer werden können. Das sommerliche Meer quillt über vor Nahrung. Silbrige Schwärme tausender junger Hornhechte ziehen vorbei. Nervöse Sandaaltrupps zickzacken durch das Wasser. Dicke Sandgrundeln und dünne Plattfischkinder tummeln sich am Grund, man schwimmt durch Mysiden wie durch gebundene Suppe, und im Aalgras verstecken sich fingerlange Garnelen. Diese reichliche Nahrung ist allerdings nicht überall so gut verteilt. Strandwanderungen und Tauchgänge dienen der unerlässlichen Erkundung der fetten Jagdgründe. Eine andere Methode bedient sich der Fliegenrute und eines Vorfaches mit mehreren silbernen Nassfliegen der Größe 12 oder 14. Suchen Sie sich einen interessanten Strand und fischen Sie ihn großzügig ab. Oft fängt man dabei den einen oder anderen großen Hornhecht. Aber das ist Nebensache. Viel wichtiger ist der Effekt, mit diesem Silbervorfach die Schwärme der Kleinfische zu finden, denn Mini-Hornhechte und Sandaale verfolgen und greifen die Fliegen. An so einem interessanten Strand, mit tiefem Wasser nicht so weit draußen, mit etwas Strömung und etwas weniger Temperatur als an den Badeplätzen, findet man oft eine auffällige Stelle. Ein kleines Riff etwa, an dem sich die Fischlein tummeln. Nun hat z.B. Fünen etwa 1000 Kilometer Küste. Und nehmen wir mal an, es schwimmen 100.000 fangfähige Meerforellen drumherum. Das macht 100 Fische pro Kilometer. Das ist doch gar nicht so schlecht. Die Rechnung mag ja zu optimistisch sein, und ich gehe auf 50 Forellen runter, aber jenseits aller Kritik bleibt die Erkenntnis, dass ein gutes Jagdrevier an einem Strand fast jede Nacht von etlichen Forellen durchstreift wird. Weil die Fische im Durchschnitt um die drei Pfund wiegen, wieder hoch geschätzt, haben wir an einem guten Spot in der Nacht einen potentiellen Bestand, der sich mit den allerbesten Gewässern der Welt vergleichen lässt. Das ist die Grundannahme, mit der wir fischen. Dass die Fische trotzdem mal vier Nachte nicht beißen, steht auf einem anderen Blatt. Sie sind da. Und darum sind wir auch da.

Sandaalsuchvorfach.

Spätestens um 20 Uhr sollten wir am Strand sein und das Basislager aufbauen. Außerdem brauchen wir jede Menge Licht. Ich besitze und benutze eine Kopflampe, ein altes Flex-Light, ein Mini-Mag und ein Maxi-Mag, eine Kerzenlaterne und Knicklichter. An einem einsamen Strand markiere ich mein Lager mit der Kerzenlaterne. An einem befischten Strand mit einem unauffälligen Knicklicht. Ich bin gern allein in der Nacht, ungesehen wie ein Dieb. Das Meer ist nicht so empfindlich wie ein Pool, aber die Stelle, an der man fischen möchte, muss man mit Ruhe pflegen. In der letzten lichten Stunden des Tages fische ich gern mit einer diffusen, zarten Fliege. Klares Wasser und ein heller Himmel sind für Nachtfliegen noch ungeeignet. Die Forellen sind wohl da, aber weiter draußen, und trauen sich noch nicht ins ganz flache Wasser. Weht der Wind nur schwach oder ein hohes Ufer deckt den Fischer, ist gerade jetzt die 6er Rute mit einer Hover oder Intermediate angebracht. Die Forellen sind zwar auf der Jagd, aber ohne den Schutz der Dunkelheit noch nicht so selbstsicher. Mitte August wird es um 21 Uhr langsam dunkel. Die Fliege kann mächtiger werden. Es wird Zeit für einen „Sea Muddler“ oder einen falschen Muddler oder einen „Nachtwächter“. Die leichte Rute bleibt am Ufer. Für die nun kommenden Stunden ist die achter Rute die bessere Wahl. In der Dunkelheit wirft es sich mit der Achter leichter als mit der Sechster. Man kann besser fühlen, wie sich die Schnur hinten streckt, wie sie zieht. Man spürt, wie sie fliegt, wie sie landet, und auch die Ohren haben zu tun. Jeder Wurf muss die gleichen Geräusche verursachen. Hört man einen anderen Ton, sofort Fliege und Vorfach kontrollieren. Die Bisse spürt man nicht allein am Schnurzug, sondern insgesamt in der linken und rechten Hand. Die Schnur telegrafiert den Biss in die linke Hand, und der Rutenhebel lässt es in der rechten Hand zucken. Neben dieser taktilen Bissmeldung kann man oft noch einen Schwall hören oder sogar sehen. Wenn, was selten vorkommt, die Fische irgendwie komisch spitz beißen, dann ist selbst in völliger Dunkelheit die 6er Rute die bessere Wahl. Was den Biss angeht sind die leichtere Schnur und der feinere Blank eindeutig sensibler. Noch wichtiger ist die eigene Sensibilität.

„Nachtwächter“.

Ich fühle mich absolut wohl in der Nacht, im Wasser, und freue mich an meinem Tun. Alle Sinne gelten der Fischerei. Andere Gedanken muss man abschalten. Allein in der Nacht finde ich die absolute Konzentration. Ein schönes Gefühl. Die Würfe werden immer länger, der guten Stimmung wegen, und ich muss mich zwingen, die Schnur auf der Rolle zu lassen. Zwanzig Meter in der Luft und dann auf dem Wasser sind mehr als genug. Dafür wird jeder Wurf konsequent ausgefischt. Bis seitlich neben die Wurfschulter. Das gibt einen hübschen Schrecken, wenn es da beißt. Um 22 Uhr ist es vollkommen dunkel. Der „Muddler“ bleibt am Vorfach. Jedenfalls in einer Schönwetternacht. Ist der Himmel eher regendunkel, kommt ein richtiger Brummer ans Tippet. Bewegen Sie sich nicht vom Fleck. Bleiben Sie im Wasser. Gehen Sie bloß nicht raus. Höchstens zum Pinkeln. Die beiden Stunden bis Mitternacht sind die besten. Es gibt ein paar gute Gründe für die unbewegliche Durchhaltetaktik. Man sollte sich in der Nacht nicht als Angler oder Jäger auf der Pirsch begreifen, sondern man sitzt an einer Falle an. Wildkameras haben auch keine Beine. Der Fischer steht in der Mitte eines gedachten Kreises und befischt die Hälfte vor sich. Bei 20 Metern Schnur plus Rute und Vorfach, sagen wir also 25 Meter, hätte der Kreis um uns herum 1963 Quadratmeter. Damit liegen fast 1000 Quadratmeter unter der Einwirkung unserer Fliege! Das ist ermutigend viel Fischwasser. Dieser Halbkreis ist unsere Falle. Hier haben wir die Lufthoheit. Schwimmt eine Meerforelle in unseren Wirkungskreis, den wir geduldig abfächern, ist die Begegnung Fisch und Fliege sehr wahrscheinlich. Allerdings nur dann, wenn die Falle wie ein Leuchtturm unermüdlich in Betrieb ist.

„Odense Cigar“.
Pencilpopper“.

Wir müssen die Forellen nicht suchen. Sie sind selbst auf der Suche und werden uns finden. Wenn die Angler 1 bis 5 in einer Nacht abwechselnd die Plätze A bis E befischen, und Angler 3 fängt dann an Platz B zwei Fische, welchen Sinn hatten die Platzwechsel für Angler 1 und 2, 4 und 5. Bei Geduld wäre Angler 2 an Platz B sonst der Fänger gewesen. Es gibt allerdings eine Versuchung, der muss man nachgehen. Höre ich einen Fisch außerhalb meiner Wirkungszone, sagen wir 50 Meter weiter westlich, dann gehe ich hin. Und zwar an Land und dann sehr vorsichtig. Wer in einer lauen Sommernacht in der Ostsee steht, mit ein paar Kilometern Wasser vor sich und nur 20 Meter Wasser hinter sich, erlebt oft eine Überraschung. Platsch! Na so was. Platsch! Da, wieder, und zwar hinter einem. Das ist nicht die Ausnahme, das ist die Regel. Fragen Sie einen alten Strandfischer. Früher, in der alten Zeit, als sie die Netze noch ohne jede Beschränkung aufstellen konnten, also direkt vom Ufer bis irgendwo draußen zu einem Pfahl, saßen die Forellen nach dem Ende der Nacht immer in den ersten zehn Netzmetern. Dort, wo das Wasser einen halben Meter oder noch flacher ist. Ich habe auf Langeland mal einen alten Netzmann nach Ratschlägen für Angler gefragt. Er hatte zwei. Kommt nicht im März und April, kommt im Mai, und geht nicht so tief rein. Das Meer spült vieles, was in seinen Fluten stirbt, an den Strand. So findet sich hier jede Menge Nahrung für Garnelen, Tangflöhe und Asseln, die wie die Geier des Meeres für Ordnung und Sauberkeit sorgen. Damit sie nicht selbst bei lebendigem Leibe gefressen werden, machen sie ihre Arbeit in der Nacht. Krebstiere sind überwiegend nachtaktiv. Außerdem kommen die Kleinfische ins ganz flache Wasser, denn draußen wird es langsam ungemütlich. Die Dorsche, so sie da sind, kommen gern ein wenig eher zum Strand als die Forellen, bleiben aber lieber dort, wo sie noch einen Meter Wasser über dem dicken Kopf haben. Nichts gegen Dorsche, aber eine Fliege, an der ein Dorsch hängt, kann keine Forelle mehr fangen. Ich habe früher eine Pause gemacht, wenn die Dorsche bissen, und habe mir einen Kaffee gekocht. Wie blöd war das denn. Aber man hat jeden Abend Dorsche gefangen, auch jede Menge Ulks, Seeskorpione, und es war eben eine andere Zeit. Heute sehe ich das anders und freue mich über den Beifang, zumal Dorschfilet ja auch eine Delikatesse ist.

„Popper“.

Bis Mitternacht bleibe ich im Wasser. Jetzt ist entweder der Zeitpunkt ins Bett zu gehen oder eine Pause zu machen. Es gibt 364 Gründe eine milde dänische Nacht mit leichtem Westwind am Strand zu genießen, denn im Bett liegt man ja immer. Ist die Nacht so schön, dass man bleiben möchte, kann man bis 02.30 Uhr ein Schläfchen riskieren. Fischt man mit Freunden zusammen, gibt es von Mitternacht bis 2 Uhr ein ausgedehntes Picknick mit Gesprächen über die Probleme der Welt. Kleines Feuerchen ist okay, aber keinen Großbrand. Eine halbe Stunde, bevor man wieder fischen will, muss jegliches Licht gelöscht werden. Die Augen brauchen dreißig Minuten, um ihr volles Nachtsichtpotential wieder zu entwickeln. Dann muss wieder gefischt werden. Wir sind ja schließlich nicht … ach, doch ja, wir sind im Urlaub. Die frühen Stunden des neuen Tages sind manchmal noch besser als die späten des Vergangenen. Zuerst mit der Nachtfliege, und im ersten Licht wieder mit einer unauffälligen oder kleinen Fliege. In den frühen Tagesstunden ist das Wasser meist so klar wie Gin. Zunächst einmal hat der schwache Nachtwind weniger Wellen erzeugt, und so sind die Sedimentpartikel zum Grund gesunken. Hinzu kommt das blaue Licht der frühen Stunde, und das Meer wirkt auch klarer. Die 6er Rute kommt wieder zu ihrem Recht, und es ist eine gute Idee, wieder eine kleine Fliege an einem langen 20er Vorfach zu fischen. Und es ist auch die Stunde der Meeräschen, die gern mit dem ersten Licht an den Riffen auftauchen. Ohne „Gärtner“ sollte man nicht im Wasser stehen. Es ist ein eigenartiges Gefühl, in der Früh eine so kleine Fliege in ein so großes Meer zu schmeißen. Aber nach einer Nacht am Strand, mit vielleicht zwei, drei gefangenen Fischen, sollte man trotz aller Vorbehalte mal lässig experimentieren. Mit einer großen Meerforelle wird es dann natürlich sehr aufregend, und so ist es eine Überlegung wert, die kleinen Fliegen als Zwilling oder sogar als Minitube zu wählen. Gerade an der schwedischen Küste würde ich niemals einen Einzelhaken kleiner als Gr. 8 fischen.

„Muskrat“ Gr. 12.

Hier in Dänemark knote ich vertraut die graue Nymphe an, die es schon so oft gebracht hat. Auch Meeräschen. So viele Fischer haben gleich beim ersten Versuch mit einer 12er Fliege eine Meerforelle gefangen. Jens Staal, von dem ich mir bei Go Fishing immer wieder Rat holte, war ein unbedingter Anhänger des Unscheinbaren. Aber wie sagte er immer: „Kannst du nicht gut knipsen für die Magazine!“. Man kann den kleinen Grauen vertrauen. Aber, Vertrauen ist gut, Schlaf ist besser, so gegen sieben Uhr ist meist die Luft raus aus der Fischerei und aus dem Fischer. Die kleinen Viecher verschwinden wieder ins tiefere Wasser, und die ersten Bademäntel kommen gelaufen. Das sind die eisenharten Frühschwimmer aus den Sommerhütten. Oft ältere Damen. Senile Bettflucht, gleichwohl sportlich. Wir gehen den anderen Weg. Ab ins Bett.

Ingo Karwath

Nachsatz. Ich hatte die alte CD nicht gefunden, auf der mein Text war, und musste alles aus dem Buch abtippen. Hier und da habe ich eine Kleinigkeit redigiert. Dann wollte ich die Zeichnungen fotografieren, und fand prompt die CD’s in der Archivkiste. So gehts. Schlau alles an einem Platz zu verwahren, aber nicht schlau genug sich zu erinnern. Ich will außerdem bekennen, dass ich keine ganze Nacht mehr fische. Es hat sich etabliert, dass ich im Ferienhaus gegen 19 Uhr koche, und dann geh‘ ich halt los. Mitternacht packe ich ein, dann habe ich genug Schlaf für den nächsten Tag. Beim Hundespaziergang am Strand habe ich stets eine Meeräschenrute mit, falls sich was tut. Das sind pro Tag gefühlte 6 Stunden Fliegenfischen im gemeinsamen Urlaub, und damit kann ich gut leben.