Junge Kollegen 2 – Meerforellenfliegen frisch aus dem Bindestock

Februar. Frisch aus dem Bindestock ist hier relativ. Das Muster hat sich längst bewährt.

Eine ganze Entendaune als Schwanz einbinden. Die konkave Seite nach unten, damit sie wie ein Fallschirm wirken kann. Teal ist etwas ausdrucksstärker als Mallard, aber beides geht.

Ein Bündel Speyfibern über der Entendaune befestigen und ein paar Fibern einer weichen und weißpearligen Flashfaser auflegen. Zwei schwarze Stückchen Antron oder Wolle einbinden.

Der „Alive Shrimp“ von Jesper Petersen ist kein ganz neues Muster und wurde uns vor neun Jahren vom Erfinder selbst vorgestellt. 2017 hat er das Muster noch einmal verändert, aber die von Stefan Jensen 2016 vorgestellte grüne Variante erregte deutlich mehr Aufmerksamkeit. Petersen bindet die Fliege hinten mit Speyfederfibern, Jensen mit einer Weichhechel und Craft Fur. Warum das fast zehnmal soviel Interesse auf sich zieht ist mir (k)ein Rätsel, es liegt vermutlich an der Einbettung in ein Marketing Konzept einer großen Firma. Aber, das ist eine dänische Fliege, keine schwedische, und da kann man auch mal sagen, dass die schwedische Mefo-Szene kaum je eine Fliege hervorbrachte, bei der die anderen baltischen Nationen eine Augenbraue hochzogen. Der Ideenklau ist einfach nur peinlich, und die finnische „Mulkkis“ als „Firefucker“ zu verkaufen ist schlicht blöd. Darum zurück zu Jesper Petersen und seiner Garnele. Es ist im Prinzip eine synthetische Fliege, denn der Körper wird mit Polarchenille gebunden. Das wird aber dermaßen mit Naturmaterial verhüllt, dass man zweimal schauen muss, um den Plastikkern zu entlarven. Plastik-Augen, das kennen Sie schon, gibt es bei mir nicht. Zwei Stummel schwarze Wolle oder Antron reichen völlig aus. Die Entenfeder hinten vermittelt einen sehr natürlichen Eindruck, die Speyfibern nicht minder, und die Grizzlyhechel umhüllt alles noch zusätzlich. Die leckere Füllung der Fliege ist jedoch Polarchenille, und in ihrem Gesamteindruck erinnert sie an den alten „Flaskerænser“, der ja auch mit Pearlmylar im Kern lockt. Das Motto: Warum einfach, wenn‘s auch kompliziert geht, kommt einem in den Sinn, aber der „Alive Shrimp“ lässt sich damit nicht fassen. In der Summe seiner Teile ist er eben das, was seinen Namen ausmacht, nämlich „aliver“ als andere Fliegen, natürlich auch lebendiger als alle Woolly Worm ähnlichen Fliegen, die wir sonst so in die Ostsee schmeißen. Und ja, na klar wird da ein Woolly Bugger mit shrimpüblichen Attributen eingebaltikt, aber das macht ja gerade Fliegenmuster aus, dass sie miteinander verwandt sind, zu einer Familie gehören, und dann Karriere machen. Neid muss man sich verdienen, sagt dann so ein Karrierefliege, und schaut mitleidig auf die trockenen Dosenkollegen, die nur als Fingerübung gebunden wurden. Der „Alive Shrimp“ in der Dose, das muss man wissen, überschattet schon seine Kollegen und macht sie vielleicht überflüssig, aber das zu beurteilen dauert Jahre. In jedem Fall ist es ein guter Rat, diesen Vorgang der Verdrängung mindestens mal zu starten, denn dieser junge Kollege im Grundschulalter scheint eine stabile Karriere vor sich zu haben. Man kann das Muster in allen möglichen Farben binden, und ich mag mich da eigentlich nicht festlegen, aber es scheint so zu sein, dass diese langsam sinkende, fast schwebende Garnele lieber in Naturtönen gebunden wird, also hellgrau bis tan, auch oliv und braun. Jetzt im Februar sind die Garnelen noch nicht im Flachwasser aktiv, da ist es noch zu kalt, aber während sich die Shrimps im tieferen Wasser schon auf ihre Wanderung hin zu Ufer freuen, kann man ja schon mal die Dose füllen. Und die „Borden Special“ fischen.

Eine große, weiche Grizzlyhechel und eine Länge Allesnäher einbinden. Einen Körper aus Polarchenille winden. Ich habe weiß gewählt, weil sich das in Grizzly gut bewährt hat.

Die Grizzlyhechel nach vorn winden, gegenläufig mit dem Allesnäher rippen und die Fliege abschließen. Dann in der Badewanne testen, ob man nicht doch mit ein paar Windungen Blei arbeiten möchte.

Ingo Karwath