Simran übersetzt sich mit ‚Gottes Gabe‘ oder auch ‚ultimative Wahrheit‘. Na denn.
Eine Portion Haar oder Kunsthaar in tan einbinden. Zwei bis höchstens vier Fibern Kristal Flash zugeben. Faden in rosa. Haken 4.
Einer altgedienten Fliegenfischerehefrau macht keiner ein X für ein U vor. Über aktuelle Preise weiß sie von jeher Bescheid, die Notwendigkeit einer neuen Rute wird mit einem Hinweis auf eine ganz ähnliche, schon vorhandene Rute gekontert, und eine Einladung beim Zoll etwas persönlich abzuholen bringt sie nicht aus der Ruhe, weiß sie doch, dass man bei höheren Summen für die Papiere einen Importkaufmann benötigt. Der Versuch eine neue alte Rolle mit den Worten: Och, die hab‘ ich schon länger, elegant in den Alltag einzuschleusen, ist zum Scheitern verurteilt. Ja, klar, sagt sie, du hast ja eine TR 3, aber die hier ist ohne Bremse. Deine ist mit. Darum sind die besten Pakete die, die ankommen, wenn sie bei ihren Eltern ist. Es ist ja auch in der Substanz gar keine echte Auseinandersetzung, eher so eine Art Schach. Und beide Seiten kennen alle Züge. Aber neulich war ich schon etwas beeindruckt, als ein Päckchen mit Gummibeinen, schwarzen Bleiaugen, pinken Bindegarn und höchst unauffälligem Kaninchenhaar nach einem Sekundenblick zu der Frage führte: Willst du mal wieder auf Bonefish? Ääh, ja, irgendwie schon.
Die Augen relativ weit hinten einbinden und den Hinterleib mit Mylarbraid überwinden. Vor den Augen zwei Stück Mylarbraid so einbinden, dass sie nach hinten zeigen.
Die Pandemie bringt es mit sich, dass man von vergangenen Reisen träumt, und das kann sich dann verdichten auf die eine Reise, die man wiederholen möchte. Nun klingt ja Bahamas immer so nach Obermotz mit Kohle, aber wenn man auf Guiding verzichtet, ist es bis auf den Flug nicht teurer als Dänemark. Für amerikanische Studenten etwa ist es ein Kurzflug, und eine Strandhütte für vier bekommt man ab 100 Dollar, z.B. auf Cat Island. Fahrräder, Kajaks und Paddelboards kann man leihen. Frühstück macht man selbst, abends geht man essen. Teuer wäre nur das Guiding. Ich bin ungern einen ganzen Tag im Boot, aber ein halber ist schon schön. Der Guide kann alles so viel besser als ich und ich muss nur tun was er sagt. Er sieht die Fische sehr früh, sagt den Wurf an, kommandiert den Strip und den Anhieb, achtet auf Haie und landet den Fisch. Der DIY Fischer sieht die Fische schlechter und viel später und muss einen entsprechend kurzen Wurf landen. Aber es ist ein klasse Gefühl von seiner Strandhütte aus ins Wasser zu steigen und den ganzen Tag ohne Druck zu fischen. Man muss nicht funktionieren, die 600 Dollar-Uhr läuft nicht ab, und stundenlanges Bootchenfahren bleibt einem zusätzlich erspart. Guides haben ja auch ihre Strategien und oft wird der unbedarfte Tagesgast benutzt, um für den kommenden Wochengast die Lage zu erkunden.
In einer Schlaufe Kaninchenhaar in tan zu einer Brush verzwirnen, also nicht dubben, sondern seitlich schön knapp fassen und möglichst langhaarig lassen. Die Haarbürste nach vorn binden, überfangen, nach unten bürsten und das Mylar nach vorn binden. Kopfknoten setzen und fertig ist Gottes gute Gabe.
Der DIY Fischer benötigt andere Fliegen als der Guidefischer, im Prinzip kleiner, leichter, und wenn es geht, auch besser. Es ist ja dem Guide geschuldet, dass vom Boot aus die „Gotcha“ genügt. Die Fliege passt zu seinen Fähigkeiten, nicht zu meinen. Bei der entspannten Suche nach neuen Fliegen fiel mir die „Simran“ ins Auge, manchmal auch „Simram“ genannt, deren Name man wohl mit „Gottes gute Gabe“ übersetzt. Neu ist ein wenig relativ, denn die Fliege existiert seit 1994. Sie konkurriert in ihren Farben mit der „Gotcha“, und ist erst in letzter Zeit mehr in Mode gekommen. Die Bahamas haben das Bonefischen mit ein paar klugen Regeln reglementiert. Man benötigt eine Lizenz, darf aber allein fischen gehen. Zwei Mann in einem Boot ist jedoch verboten. Dazu benötigt einer von beiden eine Guidelizenz. Das tangiert den einsamen DIYler nicht, und das ist gut so. Die „Simran“ ist eine prima Fliege für den Watfischer. Sie hat vorn einen Angorapullover an und taucht darum sehr leise sein. Außerdem bietet sie viel passive Bewegung und hat ja die bewährten Farben der „Gotcha“. Da ich mich drei, vier Jahre nicht mit Bonefishfliegen beschäftigt habe, kann ich sagen, es hat sich eigentlich nicht viel verändert. Aber ein paar Sachen sind da doch. Flash wird nur noch gezählt eingebunden, fast so wie die Horns an klassischen Lachsfliegen. Die Verwendung von Naturhaar hat erheblich zugenommen. Die Tendenz der Größe geht weg von der 4 zu 6 und 8. Die einflussreichen Binder sind nicht mehr alte Kapitäne, sondern junge Youtuber. Na ja, schaun‘ wir mal. Da nun durch Corona der Karibikgedanke in mir wieder keimt, eigentlich hatte ich das Thema abgehakt und meine Dosen verkauft, muss nun eine neue Fliegensammlung her. Ich bleib‘ am Ball, und so wird sich im „FliegenBinder“ immer mal was Salziges ergeben.
Durch die Kettenaugen fischt die „Simran“ natürlich so herum. Der ganze Bindevorgang erfordert jedoch keine Hakendrehung, und das ist unter den Bonefishfliegen eine Ausnahme und sehr angenehm.
Ingo Karwath
Die „Simran“, „Simram“, wurde 1994 von Rick Simonsen auf Andros erfunden. Er wollte sie eigentlich „Sim’s Wham“ nennen, die betrunkene Gemeinschaft in der Bar vom Andros Island Bonefish Club kam jedoch der Taufe mit dem Namen „Simram“ zuvor. Da aber eine sehr schöne indische Schauspielerin Simran heißt und das Wort „simran“ in Gurmuhki eine so kluge Bedeutung hat, hat wohl das n das m verdrängt. Außerdem wurde das klotzschwere Bleiaugenurmuster in eine Leichtbauweise verändert, die den Wechsel von m auf n zusätzlich rechtfertigt. Das braucht ja auch nur die halbe Tinte.