DRY-FAB-BUNG-BLOB-BRISTOL-WASHING LINE

Es ist eine Frage des Standpunktes, ob man die Methoden aus der Competition Szene Pfui! findet.

Das Fliegenfischen an Seen und Talsperren hat sich in Großbritannien zu einem Zirkus entwickelt, dem andere Kernländer des Fliegenfischens nur verblüfft zuschauen können. Da man die Bachforelle international auch „german trout“ nennt, darf man Deutschland wohl zu diesen Ländern zählen. Uns fehlen die Infrastruktur, die Mentalität, die Gewässer, die Tradition und die Gesetzgebung, um eine ähnliche Szene zu entwickeln. Das Trockenfischen, das Lachsfischen, das Meerforellenfischen, das Nymphen- und Nassfischen sowie das klassische Seenfischen wurden in GB ab den 60er Jahren, intensiv dann in den 70ern, mit dem Competition-Fischen ergänzt. Viele Wettstipper wanderten zum Wett-Fliegenfischen ab. Ein großer Markt entstand, und zahlreiche Firmen nutzen den Aufwind für ihre Interessen. Das kann man mit wütender Empörung verfolgen, aber im Prinzip ist es so ähnlich wie Treibjagd. Oder Golf. Oder Freiwillige Feuerwehr. Ein eher geselliges Ereignis mit sehr viel Vorbereitung. In der Regel bilden sich Teams, die alle Informationen teilen, die regelmäßig üben, die einen Plan verfolgen, die spezielle Team-Fliegen erfinden und überhaupt gemeinsam ihre Fischerei optimieren. Ob man etwas aus dieser Szene in die eigene Fischerei übertragen möchte, bleibt dem stilleren Fischer unbenommen. Aber die Schwarmintelligenz hat zu Methoden geführt, die nun wahrlich nicht blöd sind. Der Zielfisch der Methoden ist für gewöhnlich die Regenbogenforelle. Und die lebt vereinfach gesagt in einer Welt vor Galileo. Ihre Welt ist eine Scheibe, sie sucht ihre Nahrung in einer bestimmten Schicht, die sie ungern verlässt. Diese Scheibe zu finden, und seine Fliegen darin zu halten, ist das Bestreben der Wettkampffischer. Na ja, und das wollen wir doch alle. Darum hier mal in Kürze fünf Methoden. Die abgebildeten Cast Carrier mit Magnetscheibe sind bei uns wenig bekannt, in GB aber sehr verbreitet. Sie vereinfachen den Umgang mit Springervorfächern, aber trotzdem heißt es beim Abwickeln Ruhe bewahren.

Fishing dry

So fischen Wettfischer trocken, drei „Bits“.

Stellen Sie sich ein 5 Meter Vorfach mit drei Fliegen vor, dann sind Sie im Bild. Trocken zu fischen meint nicht das, was wir uns allgemein darunter vorstellen. Schwimmen die Forellen flach, ist ihr Fenster extrem klein. Mit drei „Bits“ auf drei Metern verteilt hat man die Chance auf eine etwa vier Meter lange Trefferlinie, nimmt man an die Forelle kann einen Meter überschauen. Leider ist das Fenster oft kleiner. Die Fliegen sind eigentlich behechelte Nymphen, und nur aus Gründen der Sichtbarkeit auch mal beflügelt. Im Prinzip will man flache Mückenlarven imitieren. Oft wird rhythmisch geworfen, denn hat man nach ein paar Sekunden keinen Biss, so fünf bis zehn, dann kommt auch keiner. Also aufnehmen und etwas verlegt neu präsentieren. Stellt man fest, dass eine der Farben wirkt, ändert man alle Positionen auf diese Farbe. Eine sehr aktive, fast hektische Fischerei, aber enorm erfolgreich, wenn die Forellen flach und flott umherziehen.

The washing line

Booby, zwei Nymphen, clever.

Bei dieser Methode benutzt man eine schwimmende Fliege am Ende des Vorfachs und zwei imitative Muster als Springer. Da schwimmend nicht nur eine diffuse Hoffnung sein kann, sondern ohne Wenn und Aber stattzufinden hat, ist die Endfliege zumeist mit Ethafoam gebunden. Eine „Booby“ oder „FAB“ ist die übliche Wahl. Die Schwimmschnur und diese Kunststoffbrummer sind sozusagen die Pfosten, an denen die Wäscheleine aufgehängt wird und ihre Wirkung entfaltet. In der Regel fischt man Buzzer oder imitative Nymphen, und in der Regel lässt man die Wäscheleine unbewegt. Sie kann mit der Strömung verdriften, man muss sicher auch Schnur aufnehmen, wenn man im Boot sitzt, und man kann auch gelegentlich kräftig zupfen, um mit dem „Booby“ zu locken, oder auch, wenn man nicht zur Geduld neigt, die ganze Zeit einachtern. Das Prinzip ist, dass man zwei Nymphen zwischen zwei Haltepunkten dauerhaft im Oberflächenbereich bauchig durchhängend fischen kann. Wenn man also Forellen in diesen oberen fünfzig Zentimetern vermutet und außerdem annimmt, dass sie aufsteigende Mücken nehmen, gibt es nichts Besseres als die „washing line“.

Bristol Long Line

Typisches Long Line Vorfach: Lure, Nymphe, Bumble.

Diese kluge Methode besetzt das Vorfach mit drei so verschiedenen Fliegen, dass man am Verstand des Fischers zweifeln möchte. Z.B. einen kleinen „Zonker“ als Strecker, einen 14er „Buzzer“ als erster Springer, eine „Olive Bumble“ als oberer Springer. Man wirft so weit wie möglich aus und hat nun die Möglichkeit, den ersten Wurf vor allem mit dem „Zonker“ auszufischen, strippt also zügig ein. Beim zweiten Wurf ignoriert man den „Zonker“ und fischt den „Buzzer“ schön langsam mit Achterbuchten heran. Beim dritten Wurf bleibt man etwas kürzer und widmet sich dem Spiel der „Bumble“, die man an der Oberfläche tanzen lässt. Zuletzt hält man still und fischt „the hang“, und wartet auf den Biss in letzter Sekunde. Man kann all das entweder hintereinander, oder aber auch in einem einzigen Wurf versuchen. Also 6 Meter strippen, 6 Meter achtern, dann an der Oberfläche zubbeln und dann hängen lassen. Diese vielfältigen Möglichkeiten lassen sich mit verschiedenen Schnüren noch weiter variieren, so dass man unterschiedliche Tiefen absuchen kann.

FAB or Bung and Blob

Unten der Blob, oben der Bung, in der Mitte die Nymphe.

Bei dieser Methode wird das Prinzip der Wäscheleine aus der Horizontalen in die Vertikale verlegt. Der „Blob“ ist meist extrem auffällig und so schwer, dass er das Vorfach fast gerade herunterzieht. Der mittlere Springer kann eine Nymphe sein, der obere Springer ist entweder ein „FAB“, für Foam Arsed Blob, oder ein „Bung“. Man zupft und strippt diese Angebote zu sich heran und bietet in der Tiefe der Vorfachlänge einen Lockköder, in der Mitte eine Imitation, an der Oberfläche wieder einen Lockköder. Alles bedingt sich, und Fische von unten, die den „Blob“ nicht mögen, weichen oft auf die Nymphe aus. Fische von oben, die den „FAB“ nicht wollen, tun gern das Gleiche. So gesehen eine Methode, bei der man wie mit zwei Händen einen Brummer abklatschen möchte.

Fishing the bung

Bung, Buzzer, Bloodworm.

Ein „Bung“ ist ein Bissanzeiger, der in der Lage ist eine schwere Nymphe auszugleichen. Es haben sich inzwischen Formen entwickelt, die man gut werfen kann. Da bei Wettkämpfen Bissanzeiger verboten sind, haben moderne „Bungs“ einen Haken und zählen dann als Fliege, wenn mehr als zwei Materialien verarbeitet wurden. Eine typische Kombination wäre nun ein „Bloodworm“ als Strecker und ein „Buzzer“ als Springer. Der „Bung“ an einem sehr kurzen Seitenarm als oberer Springer, damit die Verzögerung der Anzeige kurz bleibt. Das Ganze wirft man nun so aus, dass man den „Bung“ noch sehen kann, und das wird ab 15 Metern aufwärts schwer. Nun kann man das treiben lassen und ab und zu zupfen oder auch zupfend heranführen. Ruckt der „Bung“, anschlagen! Eine andere Methode benutzt Eifliegen und/oder „Squirmys“ unter dem „Bung“, was an verschiedenen Gewässern verboten wurde.

Bei allen fünf Methoden muss man bedenken, dass sie einer Mentalität entspringen, die den Wettkampf im Sinn hat. Es sind sozusagen industrielle Verfahren des Fischens, optimiert auf ein Ergebnis, nicht auf ein Erlebnis. Industriell meint ja im eigentlichen Sinne Betriebsamkeit und Fleiß, aber wir assoziieren auch Stress, Hektik, Takt und Soll mit dem Wort. Ich sehe aber kein Problem, die obigen Methoden mal außerhalb von Wettkämpfen zu erproben. Sie sind ein Pfeil im Köcher, zumal wir ja wohl alle mal am Forellensee stehen und für unsere Zunft Ehre einlegen wollen. Das ist fast ein Wettkampf, wenn man den Glitzerteigfischern mal zeigen möchte, dass wir auch etwas fangen. Ich hab‘ da ehrlich gesagt schon oft verloren. Aber wenn die Forellen mal wirklich nur schwarze Mückenemerger wollen, dann kommt mit der „washing line“ unsere Sternstunde.

Ingo Karwath