The color of coral

Eine Nymphe von Tapani Toivanen, aus dem Wohnzimmerteppich von Havard Stubø, gefilmt von Rolf Nylinder, zur Musik von Jazz & Flyfishing. Besser wird’s nicht.

Größer als 14 sollte man die „Tapani Nymphe“ nicht binden, eher 16 und 18. Eine kleine Goldperlen aufschieben und fixieren.

Die Freude, die ein Skandinavier am Sommer hat, muss wohl umso größer werden, je weiter nördlich er wohnt. Die Polarnacht, die mørketid, beginnt am Nordkap am 20. November und dauert bis zum 22. Januar. Trotzdem neigen die Norweger dort oben nicht mehr dazu depressiv zu sein als der Rest der Welt. Die Flüsse sprengen den Winter eher als die Berge und Täler, und mit der Strömung verschwindet das Eis in Richtung Meer. Besonders früh geschieht das am Ransarån, so im Mai, wo diese Geschichte startet. Und zwar als Multimediaereignis, denn bevor man nun weiterliest, könnte man zu youtube gehen und mit den Suchbegriffen Rolf Nylinder und „The color of coral“ einen Film suchen und anschauen. Oder aber kurz hier weiterlesen und weiter unten den Link anklicken. Rolf ist Schwede, und man kann norwegische und schwedische Angelfilme ganz leicht am Getränk unterscheiden. Ein Schwede allein im Wald kocht sich immer Kaffee, ein Norweger allein im Wald holt meist ein warmes Lapin Kulta aus dem Rucksack. Sollte man „The color of coral“ noch nie gesehen haben, ist das ein besonderer Moment, denn damit öffnet sich die Welt zu Rolf Nylinder, Håvard Stubø und Jazz & Flyfishing. Zwei Fremde trafen sich 2008 in Helsinki und kamen auf die Idee, eine Jazz Band aus Fliegenfischern zu gründen. Nach ein paar Bieren mehr entstand das Projekt, diese Band auf Tour zu schicken und mit der Kamera zu begleiten. Die Band „Jazz & Flyfishing“ fand sich 2009 zusammen und startete das geniale Vorhaben. Einen Sommer lang durch Skandinavien touren und zwischen den Auftritten fliegenfischen. Håvard Stubø, Gitarre, Frederic Hamra, Drums, Joona Toivanen, Piano, Tapani Toivanen, Bass, und Petri Luukainen als Filmemacher. “Flugfiske i Norden“ förderte eine ganzseitige Anzeige, und das war im Jahr der Finanzkrise wohl auch schwer nötig. Billionen vor Dollar und Euro und andere Scheinchen lösten sich in Luft auf, und die Welt war gerade nicht bereit für ein Spaßprojekt. Aber es fand trotzdem statt, und wurde 2010 in Göteborg bei den Studios Epidemin und B 11 eingespielt. Seither gehört die Band zu meinem Leben, obwohl ich kein ernstzunehmender Jazzfan bin und eher so auf Rebekka Bakken und Kari Bremnes stehe. Fahrstuhlmusik, wie ein echter Jazzer wohl sagen würde. Aber man kann sich mit Jazz & Flyfishing ganz gut in die Szene reinhören, und die von 2009 bis heute entstanden Videos der Gruppe, oft von Håvard Stubø allein gedreht, sind Ikonen der nordischen Fischerei. Allein die Moskitoszenen sind Gold wert und geben Anlass zu der Überlegung, ob man sie tolerieren könnte, die kleinen Viecher, oder eben nicht. Das Wetter nicht minder, und ein paar Tage im Zelt sollte man schon aushalten können. Also Tage, an denen man überhaupt nicht raus kann, nicht gemütlich zelten und grillen und so. Das kann ja jeder. In „The color of coral“ wird eine kleine Nymphe vorgestellt, die nicht so richtig ins Bild kommt und ein bisschen geheimnisvoll bleibt. Rolf hält zwar die Kamera drauf, aber der Makroeffekt lässt zu wünschen übrig. Ich weiß nicht, ob das vorliegende Muster, dass ich mir besorgen konnte, das absolute Original ist, denn ganz echt ist die Nymphe wohl nur dann, wenn sie mit Flusen aus Håvard Stubøs Wohnzimmerteppich gebunden wird, ein Exemplar aus der Serie Stockholm von Ikea, das man in den Wohnungen von linksintellektuellen Jazzmusikern häufiger antrifft. Man munkelt es wäre der Teppich Brönden. Wichtig scheint mir zu sein, dass man die Nymphe eher klein und mit einer kleinen Goldperle bindet. Wann immer ich sie anknüpfe, kommt die Sehnsucht auf, damit am Ufer vom Ransarån zu stehen und zu werfen. Der Tag wird kommen.

Ein Fundament wickeln und bei der Gelegenheit einen feinen Gold- oder Silberdraht einbinden.

Dubbing in Koralle kann man selbst mischen, indem man rotes und gelbes Dubbing in der Kaffeemühle verheiratet. Damit einen Körper aufbauen, rippen und die Nymphe hinter der Goldperle abschließen.

Ingo Karwath

Link zu Rolf Nylinder: https://youtu.be/3cFgfotxdbQ