Enns, Erlauf, Pielach und Ybbs

Der Traum dort zu fischen – könnte bei ihren Nymphen beginnen. 

Bei den Nachforschungen zur „Gacka-Nymphe“ kamen ein paar andere Nymphen in den Blick, die ebenfalls nach Flüssen genannt sind. Schaut man sich jedoch weltweit um, dann findet man nur sehr wenige Muster, die mit einem Gewässernamen getauft wurden. Nymphen mit den Namen ihrer Erfinder sind weit häufiger. Das wird daran liegen, dass das Nymphenfischen noch gründlicher mit der Entomologie verknüpft ist als das Trockenfischen. Skues und die frühen Nymphenfischer mussten sich gegen Halford und die Seinen durchsetzen, und Entomologie war ihre schärfste Waffe. Nymphen wie eine „Chuck Kraft Nymphe“ oder eine „Gacka Nymphe“ hätten der Kritik Tür und Tor geöffnet, aber eine „Baetis Nymphe“ ist für einen Trockenfischer schwer zu kritisieren. Denn wie viele Millimeter müssen sich die Flügel einer schlüpfenden Eintagsfliege entfalten, bis sie nicht mehr als Nymphe zählt. Das ist wie mit der Diskussion von Priester, Pastor und Rabbi, wann denn das Leben beginnt. Der Priester sagt mit der Zeugung, das Pastor sagt in der 10ten Schwangerschaftswoche, der Rabbi sagt wenn der Hund tot ist und die Kinder aus dem Haus sind. Und ich mische mich da bestimmt nicht ein.

Enns Nymphe. Haken Gr. 8 bis 16; Bindeseide: braun; Schwanz: 2 Hechelkiele, orange; Rippung: gelbe Hechel, gestutzt; Körper: gelbe Wolle; Flügelköcher: Polypropylen, gelb; Thorax: braune Wolle.

Pielach Nymphe. Haken Gr. 8 bis 16; Bindeseide: braun; Schwanz: Fasanenfibern; Rippung: braune Hechel, gestutzt; Körper: gelbe Wolle, Rücken Polypropylen, rot; Flügelköcher: Polypropylen, gelb; Thorax: braune Wolle. Beine: Federsegment, braun.

An den hier gezeigten Flussnymphen fällt auf, dass sie noch im alten Stil konstruiert sind, aber mit Polypropylen schon ein wenig in die Zukunft weisen. Sie sind optisch sehr dicht beieinander und ich wage zu bezweifeln, dass eine von ihnen im Gegensatz zu einer anderen zurückgewiesen wird. Das liest sich wie eine nette Umschreibung von Beliebigkeit, ist aber nicht so gemeint. Alle vier Gewässer sind Traumreviere Österreichs, mit Tageskartenpreisen von bis zu 200 Euro. Falls nicht noch mehr. Und es ist eine Freude, eine Nymphe zu fischen, die wie der Fluss heißt in dem man steht. Fliegenfischen ist mehr als diese unerfreuliche Effektivität, nach der manche streben. Lieblingsjacke, alter Hut, Weste, Rute, alte Rolle, neue Schnur, die eingepackte Jause und das kühl versteckte Bier, das ausgeschaltete Handy und überhaupt unser Mojo, alles das ist Fliegenfischen. In so einem großen Ganzen ist auch Platz für diese Nymphen. Sie sind ‚Bleiverberger‘ im alten Stil, mit Wollpullover, während unsere modernen Schwerstnymphen ihr Gewicht ja gern unter möglichst viel Bindeaufwand verstecken. Das scheint dann unser Gewissen zu beruhigen.

Ybbs Nymphe. Haken Gr. 8 bis 16; Bindeseide: braun; Schwanz: Fasanenfibern; Rippung: hellbraune Hechel, gestutzt; Körper: gelbe Wolle; Flügelköcher: Pfauengras; Thorax: gelbe Wolle.

Erlauf Nymphe. Haken Gr. 8 bis 16; Bindeseide: braun; Schwanz: Gummi, gelb; Körper: braune Wolle; Flügelköcher: Pfauengras; Thorax: gelbe Wolle.

So altbacken wie auf den ersten Blick sind sie nämlich nicht. Vermutlich greifen nur ältere Fliegenbinder souverän nach dem Kästchen mit der Wolle und binden los. Jüngere haben vielleicht gar keine Wolle im Sortiment. Die „Pielach“ ist sicher der Star dieser Gruppe, und wird sich weltweit auf große Fisch bewähren. Sie wäre auch am Rio Grande richtig am Platz. Wollte man die Muster etwas moderner binden und den Thorax durch eine Perle ersetzen, fallen an der „Ybbs“ und der „Enns“ die hechelgerippten Körper auf. Die sind viel cleverer als viele Dinge, die man sonst so sieht. Na ja, und die „Erlauf“ hat aber nun echt die Zeit überholt, oder? Ihre Farben werden nie aufhören Fische zu fangen, aber die modernen Gummitiere laufen ihr den Rang ab. Wollte ich sie modernisieren, würde ich den Körper aus Biot binden und mit Mylar mittig abdecken, den Thorax aus gelbem Icedub mit einem Rücken aus Folie. Hinter der Perle wäre ein wenig Pfauengras, in liebevoller Erinnerung an die alten Zeiten. Obenauf schlussendlich ein Klecks Epoxy. Ich würde die dreifache Zeit benötigen sie zu binden und die Frage, ob nicht drei alte „Erlaufs“ mehr für mich tun würden als die eine Tingeltangelnymphe, bleibt wunderbar unbeantwortet.

Ingo Karwath